Das Haus der glücklichen Alten
später würden wir alle in die Wirklichkeit zurückfinden, und dies war mein Augenblick. Ich wollte den Ort besuchen, wo sie war, und vielleicht würde ich zu Atomen zerfallen, weil ich es nicht ertrug. Oder ich setzte mich, wer weiß, mit unglaublichem Mut dorthin und bliebe eine Weile dort sitzen, um zu sehen, ob etwas in der Materie, die von ihr und von mir übrig blieb, wahrnehmen konnte, was ich ihr sagen wollte, nämlich dass es hier einen Mann gibt, der Pessoa gekannt hat, und dass ich ihm von ihr erzählen will, ja, von meiner Laura, und dass nur darin das Leben besteht. Es ist einzig nur das, eine neue Art, sich wehmütig nach etwas zu sehnen oder diese Sehnsucht zu überleben.
Doch es stimmte nicht, dass es nur das wäre. In dieser Nacht gab es große Aufregung im Haus. Die glücklichen Alten hatten so etwas noch nicht erlebt. Im obersten Stockwerk, im Flügel der Hirntoten, derjenigen, die nur noch darauf warten, dass sie aus dem Fenster auf den Friedhof fallen, gab es einen Brand. Ein sich rasch ausbreitendes Feuer, das aus den Wänden zu kommen schien, Mäuler an den Wänden spien kleine Flammen, wie wenn Wasser ausgeschüttet würde, und drei Menschen starben. Ich bekam nichts mit davon. Ich lag in tiefem Schlaf und wachte beim Feuer nicht auf. Erst danach. Als sich die Leute im Korridor drängten und darüber sprachen, was für einen Schreck sie bekommen hätten, und als manche der Alten in ständiger Angst weinten. Als auf einmal, in einem Sekundenbruchteil, Esteves selbst an meiner Tür vorbeiging und sagte, es ist eine Tragödie, es ist eine Tragödie. Da war ich hellwach, um vier oder fünf Uhr morgens, geweckt durch die gequälte Stimme des Mannes, der eine Tragödie verkündete. Ich lief auf den Korridor, und von dort konnte man im linken Flügel, eine Veranda weiter oben, die versengten Wände sehen, und wie die Luft durch den Qualm ganz schwarz war. Wir husteten und wussten nicht, ob wir auf die Straße laufen oder ins Zimmer zurückkehren sollten. Es war nicht so ein Feuer, das alles verschlang. Es war ein örtlich begrenzter Brandherd, als wäre er absichtlich gelegt worden, um denen die Luft zu nehmen, die die größten Schwierigkeiten hatten, welche zu bekommen. Senhor Pereira ging mit mir ins Zimmer. Er sagte, dass Américo und Doktor Bernardo, zusammen mit der Krankenschwester, jetzt alle ins Bett schickten. Sie sollen sich nicht der Gefahr aussetzen und nicht den Kopf verlieren. Er schloss die Tür von seinem Zimmer ab und kam mit aufgerissenen Augen zu mir. Er sagte, Sie haben es ja gesehen, Senhor Silva, Sie haben es ja gesehen. Ich wusste nicht, ob ich ihm recht geben sollte oder nicht. Ich wartete darauf, dass er Einzelheiten erzählte. Er fragte noch einmal, haben Sie nicht gesehen, wie sie das gemacht haben? Vor ein paar Jahren ist hier schon mal dasselbe passiert. Es ist ein Verbrechen. Sie leiten den Qualm in die Zimmer der Alten. Ja, sie leiten den Qualm hinein. Als ich hierherkam, hat mir schon mal jemand erzählt, dass sie das tun. Und zwar, wenn sie jemanden haben, der bereit ist, mehr zu bezahlen, um in das Haus reinzukommen. Entsprechend viele müssen sie sich dann vom Hals schaffen. Glauben Sie mir, was ich Ihnen sage, man muss mit ansehen, wie sie sich welche vom Hals schaffen, um andere, Besserbetuchte unterzubringen. Bei vielen der Alten hier ist das Geld irgendwann aufgebraucht, sie haben keinen mehr, der sich um sie kümmert, und nicht aus Nächstenliebe steckt ihnen jemand die Atemschläuche rein und wechselt ihre Bettwäsche. Wir verstummten. Jemand lief durch den Korridor. Wir ähnelten den bösen Jungs in den Abenteuerbüchern, die im Internat spielen. Wir hatten es mit einem Verbrechen zu tun, aber wir durften uns niemandem anvertrauen. Einfach absurd. Ich sagte noch, Senhor Pereira, Sie haben noch weniger Grips im Kopf als ich. Er schüttelte den Kopf und widersprach, seien Sie kein Dummkopf, Senhor Silva, seien Sie kein Dummkopf, die warten doch alle nur darauf, dass wir nicht mehr denken, wenn wir aber aufhören zu denken, sind wir tot.
5 Teófilo Cubillas
Teófilo Cubillas, der lächelnde Peruaner. Isaltino de Jesus betrachtete staunend das Poster und wollte seinen Augen nicht trauen. Es war der Teófilo Cubillas mit seinem Lächeln auf dem Poster, das O Norte Desportivo in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts den treuen Fans des FC Porto geschenkt hatte. Isaltino de Jesus erstarrte förmlich vor einer solchen Berühmtheit, und es kam ihm so
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