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Das Haus der glücklichen Alten

Das Haus der glücklichen Alten

Titel: Das Haus der glücklichen Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valter Hugo Mae
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oder verletzt werden wollte. Er fing ein Gespräch mit ihr an, und sie, unglaublich, sie sagte, dass sie unverheiratet sei und Jungfrau, seit ihrer Kindheit träume sie von einem Mann und die Zeit verrinne, ohne dass aus dem Verlangen ein greifbarer Körper hervorwüchse, irgendjemand. Teófilo Cubillas stieg mit der einsamen Frau die enge Treppe eines großen Hauses hinauf. Dort verbrachte er einige Stunden, in denen es nicht nur Geschlechtsverkehr gab, sondern in denen er auch in einem eigenartigen Portugiesisch mit ihr darüber sprach, wie es war, wenn man aus Peru in ein Land kam, das Portugal hieß, wobei sie beide nicht ahnten, wie nahe das Ende der Diktatur in diesem Land war. Sie erinnerte sich, dass sie sagte, Demokratie würde wunderbar sein, selbst wenn sie nur für die Männer wäre. Das war eine vernünftige Vorstellung für jemanden, der immer Frau gewesen war und die Welt nie jenseits der phallokratischen Zielsetzungen einer derart muskulösen Gesellschaft wahrgenommen hatte. Als das Gesicht des Mannes im Fernsehen war, begriff sie dann, dass er ein großer Spieler und, Irrtum ausgeschlossen, mit ihr im Bett gewesen war. Er hatte ihr nicht gesagt, was er beruflich machte, und hatte sich einen anderen Namen ausgedacht, Pablo. Er hatte gesagt, er heiße Pablo Soundso. Doch er war es, der lächelnde Peruaner war der Mann, mit dem Dona Leopoldina ohne Bezahlung und ohne Scham zusammen gewesen war, mit der schmerzlichen Begierde, die mädchenhafte Reinheit zu verlieren. Und er sagte:
    «Ich habe Geburtstag.»
    «Und das ist mein Geschenk.»
    Misstrauisch wollten alle im Haus der glücklichen Alten wissen, warum Dona Leopoldina dieses Poster eingerahmt und dort als Reliquie eines Lebens aufgehängt hatte. Sie rief dann: «Es lebe Porto», und das war mehr als genug, damit man sie für eine närrische, schon senile Fanatikerin hielt. Es war das Alter, das sich in dieser besonderen Narretei widerspiegelte, und weiter nichts.
    Alle lauerten, etwas ängstlich, die Türen klappten auf und zu, und im Korridor patrouillierten wieder und wieder die Polizisten vorbei. Jaime Ramos und Isaltino de Jesus und noch ein paar, die von allen Seiten kamen und nach etwas suchten, das rechtfertigen würde, dass sie so viele waren, als wäre die Menge erforderlich, um die Alten zur Ruhe zu bringen und ihnen eine erbarmungswürdige Lebensqualität zu garantieren. Einer der zudringlichsten Alten war António Jorge Silva. Jaime Ramos sagte zu ihm:
    «Haben Sie etwas gesehen, ist es das?»
    «Ich habe nichts gesehen, ich habe geschlafen. Erst danach hörte ich, wie Esteves sagte, es sei eine Tragödie.»
    «Warum gehen Sie dann nicht ins Bett? Wir machen unsere Arbeit und brauchen auch nicht mehr lange.»
    «Herr Polizist, meinen Sie, wir sind alt und taugen zu nichts mehr?»
    «Das habe ich nicht gesagt. Sie verstehen nicht. Wir haben zu tun.»
    «Und ich darf nicht zusehen? Ich bin kein Kind. Ich habe schon vieles gesehen.»
    «Wie heißen Sie?»
    «António Jorge Silva.»
    «Senhor António Jorge Silva, wirklich und wahrhaftig, je weniger Leute hier sind, desto besser können wir arbeiten. Wissen Sie, es ist eine Frage der Konzentration.»
    Senhor António Silva zog sich ein paar Schritte zurück, danach kam er langsam wieder näher. Jaime Ramos und Isaltino de Jesus warteten darauf, was ihnen der Verrückte, der so halsstarrig darauf bestand, in ihrer Nähe zu bleiben, sagen wollte. Der Mann trat ganz nahe heran und sagte mit einem Gesichtsausdruck, als lieferte er eine fundamentale Information:
    «Es war kein Platz mehr für neue Alte. Verstehen Sie? Es war kein Platz mehr für noch jemand.»
    Der Angestellte Américo Setembro stand jenseits der Innengalerie des Hauses und klatschte in die Hände. Er wollte die Alten in die Zimmer scheuchen, so wie man es mit Hühnern macht. Senhor António Silva gehorchte eilig. Er hatte schon gesagt, was er wollte, und sein aufgeregter Blick erklärte alles Übrige. Wenigstens seiner Ansicht nach. Die zwei Polizisten warfen sich einen Blick zu, und nach wenigen Sekunden waren sie schon woanders und gingen anderen Überlegungen nach, denn die Leute im Oberstock des Hauses schienen schon allesamt den Verstand verloren zu haben. Und Senhor Silva setzte sich aufs Bett, im Glauben, er hätte das Ei schon gelegt. Früher oder später würde es im klugen Kopf der Polizisten bestimmt ausgebrütet werden.
    Die versengten Wandflächen ragten schweigend empor. Dort, wo man auf den Tod wartete, war

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