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Das Haus der glücklichen Alten

Das Haus der glücklichen Alten

Titel: Das Haus der glücklichen Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valter Hugo Mae
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war, redete er mir mit antifaschistischer Propaganda die Ohren heiß. Ich hatte ihm verboten, mit einem Flugblatt anzukommen, das ihn oder mich belasten könnte, oder dergleichen Broschüre, Buch oder was auch immer. Eine typische Laura-Feigheit, an die Kinder und die Zukunft zu denken. Zutiefst dankbar für meine Hilfe, hielt er sich gewissenhaft daran. Später blies er mir die Ohren unmittelbar mit der Propaganda voll. Er erzählte mir, wie sie sich alle die Köpfe zerbrachen, und ich war froh zu wissen, dass es Leute gab mit weniger Angst und weniger Verpflichtungen als ich, die etwas taten, damit sich die Dinge änderten. Er sagte, Senhor Silva, irgendwann werden Sie noch aufhören, Faschist zu sein. Ich sagte ihm, halt den Mund, psst, bist du verrückt, Junge, so was gibt’s hier nicht, wir sind Humanisten und wollen für alle das Beste, sag solchen Blödsinn nicht laut. Mit einem Lachen erwiderte er, hätten alle Faschisten so ein butterweiches Herz wie Senhor Silva, wäre das alles viel erträglicher, und nach ein paar Gesprächen hätte sogar der Diktator tief bewegt ein Einsehen.
    Es war das erste Mal, dass mich jemand im gewissen Sinne einen guten Faschisten genannt hatte. Oder genauer gesagt, jemand hatte mich einen guten Menschen genannt, der zufällig Faschist sei. Ich hatte noch nicht die geistige Freiheit, ihm zu sagen, dass ich tatsächlich für die Menschen bin, und wenn es nach mir ginge, sollte man alle Politiker nehmen, dazu alles, was ein Volk politisiert, wie auch alles, was die Macht verkörpert, sowie alle, die Macht haben, und samt und sonders in die Grube treten, weil, das Leben hat mich so viel gekostet, dass keiner der Sonntagsredner es schönreden kann, und keiner von denen hat mir auch nur die kleinste Rechnung bezahlt. Ich hatte die schönen Worte satt. Ich hatte sie satt bis obenhin.
    Er hat ein Stimmchen wie ein Pfaffe, der am Ersticken ist, fast so wie ein kleines Mädchen, und nur in einem Land mit einem Volk, das sich von Fátima die Augen verbinden lässt, nimmt man so etwas hin. Ist Ihnen das auch schon aufgefallen?, fragte mich der Junge, er hat das Stimmchen von einem Hosenscheißer, der weiß, dass er mit Hosenscheißern spricht. Als sie auf dieses präpotente Kalb hörten, haben die verfluchten Portugiesen die Männlichkeit mit Füßen getreten. Ach, Senhor Silva, haben Sie von dem schon mal eine vernünftige Rede gehört? Die Reden von dem hören sich an, als würde er eine Messe lesen. Wenn wir bei ihm nicht beten müssen, dann nur, weil ihm daran gelegen ist, dass auch die Kirche ihr Scherflein dazu beiträgt. Er ist ein Genie, und seit die Pfarrer auf ihren Hühnerstangen sitzen, die ihnen garantieren, dass sie dick und fett werden, sind sie immer glücklich. Kann es für die Pfarrer eine bessere Rede geben als ein Loblied auf das schöne Leben als armer Schlucker? Ein Loblied auf das schöne Leben als armer Schlucker. Die perfekte Ehe. Der Politiker, der ein Herz hat für die armen Schlucker und dafür sorgt, dass sie arme Schlucker bleiben, und die Kirche, die ein Herz hat für die armen Schlucker und dafür sorgt, dass sie arme Schlucker bleiben. Aber sowohl der Politiker als auch die Kirche verstehen sich auf Pomp oder dürfen sich zumindest darauf verstehen, wenn ihnen danach ist. Eine Riesenleistung ist das nicht. Erfunden, wäre es gelogen. Niemandem würde es einfallen, sich eine solche Sauerei auszudenken. Obwohl es die blanke Wahrheit ist. Wissen Sie, Senhor Silva, der Name Salazar muss für alle Zeit mit Dreck besudelt werden. In der Zukunft muss seiner ausschließlich so gedacht werden, dass er gleichbedeutend ist mit Dreck, damit die Völker nicht vergessen, wie es kam, dass eines Tages ein Mann allein Herr über die menschlichen Freiheiten werden konnte. Damit es nie wieder geschieht, dass sich jemand für den Vater so vieler Menschen halten darf. Dieser Name muss zum Schandnamen werden. Zum Schweinenamen. Damit niemand, sei es für die Linke oder die Rechte, die Zensur neu erfindet und die Menschen verfolgt, die von Natur aus das Recht haben, frei zu sein. Ich entgegnete, sei still, Kleiner, du verschaffst mir noch einen Urlaub hinter Gittern. Sei still. Ein knochendürrer, zynischer Pfaffe ist das, ein knochendürrer Pfaffe, rief er außer Rand und Band. Da rannte ich wie eine durchgeknallte Kakerlake zum Radio, um es sicherheitshalber auf volle Lautstärke zu drehen, doch wie herrlich wäre es gewesen, ich hätte den nötigen Mut aufgebracht, selber zu

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