Das Haus der glücklichen Alten
mit mir darüber. Ich glaube, er war überzeugt, dass mir dieses Spiel ebenso wohltat wie der Alten. Er redete mir zu, dass ich ruhig damit weitermachen soll, und besorgte mir mehr Papier und Umschläge. Ich las ihm nun die Entwürfe immer vor, damit wir gemeinsam auf noch bessere Ideen kamen. Bei einem solchen Gespräch sagte er mir zum ersten Mal, ich müsste ein Buch schreiben. Augenblicklich ließ er die anderen von dieser Herausforderung wissen. Ach, Senhor Anísio, sagen Sie ihm, man kann kein Dichter ohne Verse sein, er muss ein paar Sachen zu Papier bringen. Und sie drängten mich, als wäre es leicht, ein Buch zu schreiben, und als könne das jeder. Sie meinten, ich sollte Gedichte schreiben, nannten als Beispiele Fernando Pessoa und Eugénio de Andrade, nahmen mich in ihre Mitte und lachten und stachelten mich noch mehr dazu auf. Dona Marta, die mich zu unserem allgemeinen Gaudi ständig beschimpfte, war an diesem Nachmittag ganz gerührt. Ihre Augen glänzten, und dann weinte sie. Die Krankenschwester, die mit ihr sprach, kam mit Gänsehaut zurück. Sie sagte, Dona Marta habe einen sehr hübschen Brief erhalten und sei sehr glücklich. Senhor Pereira bemerkte dazu, sehen Sie, Senhor Silva, Sie müssen wirklich ein paar Gedichte schreiben, damit Sie die Herzen massenhaft zum Schmelzen bringen. Zuerst dachte ich, er wollte mir sagen, das sei etwas für Feinschmecker, doch es ging ihm um ein Unternehmen im großen Maßstab, um eine Serienproduktion, was weiß ich, wie bei einem Serienkiller, aber umgedreht. Anísio, der von seinen eigenen mühseligen Schreibversuchen hin und weg war, stachelte mich ebenfalls an, wie noch ein Dummkopf oder auch ein Weiser, das wüsste ich nicht zu sagen, der selber nie an einen einzigen Vers von mir glauben würde.
Das kann Ihre Möglichkeit sein, sich als Staatsbürger einzubringen, sagte der europäische Silva. Überlegen Sie es sich gut. Wenn man ein Buch mit Gedichten hinterlässt, die dem, der sie in die Hand bekommt, für alle Zeiten etwas sagen, ist das so, als wenn man eine Stimme hinterlässt, die mit allen gut Freund ist. Denken Sie daran, was es heute bedeutet, Camões zu lesen, und wie uns das immer noch zu Herzen geht. Denken Sie daran, wie es sein wird, wenn Sie selbst etwas hinterlassen, das auch zum Volk spricht, damit das Volk Sie kennenlernt und von Ihnen und unserer Zeit angerührt wird. Also, Nachbar Silva, eine solche Begabung verpflichtet. Sie macht aus Ihnen einen Staatsbürger, der zu einem ganz besonderen Beitrag verpflichtet ist. Das ist es, was wir brauchen. Wir brauchen es, dass jeder das tut, wozu die Natur ihn befähigt hat und was der Gemeinschaft nützt. Ich antwortete, wenn ich auch nur ein Gedicht schriebe, müsste ich dafür nicht, wie Sie wahrscheinlich denken, Kommunist sein? Senhor Pereira setzte hinzu, schreiben Sie Liebesgedichte, Freund Silva, schreiben Sie Liebesgedichte, die werden immer am meisten gebraucht. Ich lächelte. Vielleicht könnte ich ja etwas schreiben. Vielleicht wollte ich ja den Menschen etwas sagen. Ich schwieg kurz und fühlte mich geschmeichelt. Dann dachte ich gründlicher nach. Wenn ich etwas schriebe, was die Menschheit an meinen Gefühlen teilhaben lassen sollte, müsste es etwas Erschreckendes sein. Ich würde der Menschheit gern einen Text hinterlassen, der sie verfluchte, es gab schon genug verlogene Texte von Hexenmeistern und Scharlatanen. Seit dem Tod meiner Laura müsste man ihnen ein Testament des Hasses hinterlassen, damit sie wenigstens aufhörten, Gott zu loben, und sich endlich einfachere und klarere Ziele stellten.
Ich schlief ein und versank in einen Albtraum, und sofort kamen die Geier, gierig nach meinem Fleisch. Sie flogen zum Zimmer herein und zerhackten mich auf der Stelle. Kein Gedicht kann einen Menschen vor so etwas retten, und keine Metaphysik kann die Rhetorik finden, um einen Dialog mit den ungestümen, ausgehungerten fliegenden Untieren zu vermitteln. Ich weiß nicht genau, wann ich merkte, dass was von mir übrig blieb, sich schon mitten auf dem Korridor befand. Ich nahm die geringfügige Ortsveränderung wahr, wie mein Rest aus dem Zimmer verschwand, durch mehrere Türen drang und unbewusst nach jemandem suchte. In dieser Nacht hatte Dona Marta das Gesicht zur Wand gedreht. Sie schlief auf der rechten Seite, zur weißen Wand gerichtet, gab nur ganz leise Laute von sich, die nichts Böses verhießen. In dieser Nacht hatte ich ein Buch mitgenommen, ich weiß nicht mal, welches, und
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