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Das Haus der glücklichen Alten

Das Haus der glücklichen Alten

Titel: Das Haus der glücklichen Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valter Hugo Mae
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schwer, für ihn dasselbe Mitgefühl aufzubringen wie für jeden sonst. Dona Leopoldina kam ebenfalls zur Aufnahme herunter. Sie stellte sich vor mich hin und rief, dieser Herr hier ist nicht richtig im Kopf! Nun ersuchte uns Doktor Bernardo, wir sollten lieber wieder gehen. Wir waren so etwas wie das Galeriepublikum im Theater, und der Mann wurde noch nervöser. Wir gingen in den Saal und beobachteten die Szene lediglich durch die Glasscheiben, als Dona Leopoldina, die zurückgeblieben war, wieder sagte, er ist nervös, er ist sehr nervös. Der Spanier Enrique, der wie eine Lokomotive von früher fauchte und so bewies, wie angespannt seine Nerven waren, schrie sie an, du Hure, verschwinde hier, Hure du. Die Alte, die sich einbildete, mit ihr könne es keiner aufnehmen, starrte ihn ungläubig an. Verblüfft riss sie den großen Mund auf und antwortete, Sie Flegel, Sie sind zwar krank, aber das gibt Ihnen noch lange nicht das Recht, solche ungehobelten Manieren an den Tag zu legen. Er schrie wieder, verschwinde hier, alte Schlampe du. Sie seufzte, bei meinem seligen Mütterlein, und trippelte hinaus. Sie schämte sich so sehr, dass sie kein Worte mehr hervorbrachte, und fing an zu weinen. Der Spanier saß da wie weggetreten und schrie mehr für sich allein, er wütete bei seinem Einzug ins Heim wie eine Herde Stiere. Senhor Pereira trat an Dona Leopoldina heran und sagte, Sie haben genau solche ungehobelten Manieren, die Tränen können Sie sich sparen.
    Für den Spanier Enrique aus Badajoz in Portugal war es ein grandioses Entree. Tatsächlich war es lange her, dass das Haus der glücklichen Alten einen solch glanzvollen Auftritt erlebt hatte. Wir setzten uns auf die Stühle im Hof, um das Ereignis ausgiebig zu erörtern, als könnten wir am Ende zu Esteves gehen und ihm davon berichten, aber so verging wenigstens die Zeit.
    Jemand, der so sehr Portugiese sein wollte. Jemand, der mit solcher Inbrunst nach unserer Staatsangehörigkeit verlangte, wobei er alte Konflikte wiederauflodern ließ und stolz darauf war, in Badajoz geboren zu sein, in jener Stadt, die in der Vorstellung der Portugiesen Spanien schlechthin ist. Wenn wir doch alle so sein könnten, so überzeugt und ohne primitiven Stolz, nur mit der Entschlossenheit dessen beseelt, der akzeptiert, von hier zu sein und auf dieser Grundlage sein Leben aufzubauen. Wir sind ein Land von nicht praktizierenden Staatsbürgern. Wir sind noch immer ein Land von Leuten, die sich enthalten. Wie die, die zwar behaupten, sie seien Katholiken, aber die Pflichten eines Katholiken nicht erfüllen, sie kommunizieren nicht, beten nicht und hören nicht auf zu sündigen. Also, Senhor Silva, sagte mir der europäische Silva, hier laufen alle möglichen Leute rum, die nichts von der Sache verstehen. Die Unwissenheit befriedet uns. Friede ist ganz auf Unwissenheit begründet, bereit, den Menschen zum Glück zu verhelfen. Das war auch das Rezept des Regimes, genau das. Heute können wir mehr sehen, aber es will niemand sehen. Wir haben ein Volk, das Zeitungen kauft, um Belanglosigkeiten zu lesen, und noch mehr kauft es die bunten Blätter mit Klatsch und Tratsch, andere Nachrichten würde es überhaupt nicht verstehen. Daran hat sich nicht viel geändert, teure Freunde, bloß dass es kein Schamgefühl mehr gibt, früher gab es noch Schamgefühl, und jetzt kann man das Wort getrost aus dem Wörterbuch streichen. Alle lesen die Fußballzeitung A bola, und das Problem ist, dass A bola nicht einmal erklärt, warum Benfica nicht gewinnt, und dabei ist es doch geradezu widersinnig, dass eine Mannschaft mit derart breiter Unterstützung so ohne jedes Schamgefühl verliert. A bola erklärt nichts, um bei seinen Lesern Bewusstsein zu wecken. Sie kaufen A bola als Werbung für den Club, und dann reiben sie sich bei den Spielen, die sie zu sehen kriegen, verwundert die Augen, weil sie nirgendwo die Spitzenleistungen sehen, die in der Zeitung angekündigt worden sind. Wo sind sie denn, die Spitzenleistungen, wo sind sie denn? So hinkt alles ein bisschen dem hinterher, was es ist oder zu sein scheint. Wissen Sie, heutzutage kann man den Faschismus erleben wie früher, und zwar in Perfektion. Man muss nur abhängig beschäftigt sein. Das genügt, und man begreift, was das eigentlich bedeutet, friss, Vogel, oder stirb, und manchmal passiert es auch, dass es nichts zu fressen gibt, und es gibt kein oder. Schaut euch doch die Bosse von draußen mal gründlicher an! Gibt es denn einen Einzigen, dessen

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