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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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vom Leib und stürzte sich mit vor das Gesicht gehaltenen Armen in die Flammen. Ich bedeckte meinen Mund mit den Händen, als ich die Situation begriff: drei Männer steckten in dieser Hölle, zwei davon waren meine guten Freunde, der dritte war der, den ich liebte. »Hilfe!« schrie ich und rannte von einem Feuerwehrmann zum anderen. »Sie müssen sie retten! Holen Sie sie raus!«
    Aber alle Leute schrien auf einmal, es kamen neue Löschwagen und Schläuche, und in all dem Rauch und der Hitze herrschte ein solches Durcheinander, daß ich den Feuerwehrmännern nicht einmal mehr sagen konnte, wo genau Mr. Lee und Gideon verschwunden und in welchen Eingang sie gerannt waren.
    Feuerwehrleute mit Äxten versuchten einzudringen, wurden aber von den Flammen bald wieder hinausgetrieben. Ich wollte selbst hineinlaufen, aber Hände packten mich und zerrten mich zurück.
    »Gideon!« schrie ich. »Gideon!«
    Dann bemerkte ich Mr. Huang, der am Straßenrand saß und sich den versengten Kopf hielt. Ich rannte zu ihm. Hatte er Mr. Lee gesehen? Wußte er, wo Gideon war?
    Betäubt vom Schock schüttelte er den Kopf. Seine Frau umarmte ihn und rief immer wieder seinen Namen.
    Voller Grauen starrte ich auf die Fenster, aus denen Flammen schlugen und in den schwarzen Himmel leckten. Rauchfahnen stiegen auf wie böse Geister, wuchsen und wurden breiter, bis sie die Sterne verdunkelten. »Gideon«, schluchzte ich. Neben mir tauchte plötzlich Mrs. Po auf. Ihr kurzes Haar stand in alle Richtungen. »Sie kommen, Sie kommen«, sagte sie immer wieder. Sie mußte mich mit Gewalt von dem brennenden Haus wegziehen, die Straße hinunter und in eine kleine Gasse. Ich stolperte und schaute unter Tränen zurück. Gideon …
    Aber als ich um die Ecke bog, hinter der noch mehr Feuerspritzen mit langen Schläuchen, Menschen und Autos standen, bemerkte ich nur einen Mann – Gideon, der an einem Laternenpfahl lehnte und sich über die Stirn fuhr.
    Ich flog zu ihm. Er fing mich in den Armen auf.
    Sein Mund auf meinem schmeckte nach Feuer und Hitze.
    »Wo ist Mr. Lee?« fragte ich dann.
    »Unversehrt. Wir konnten alle beide durch die Hintertür ins Freie torkeln. Er ist wieder hingegangen, um dem anderen Herrn zu helfen – Gott im Himmel, es war die Hölle da drin.«
    Mir wurde klar, daß sie durch den Hintereingang entkommen waren, an der Stelle, wo die Lastwagen immer ihre Kräuter abluden und wo meine kleine Fabrik lag. Das Feuer hatte sich nicht so weit ausgedehnt.
    Ich schluchzte, und Gideon nahm mein Gesicht zwischen seine Hände. »Ich dachte, ich hätte dich verloren!« rief ich – oder war es Gideon, der das sagte? Wieder suchten seine Lippen meinen Mund, mitten auf der belebten Straße, umwogt von der Menge. Ich stand im Morgenrock da, die Haare offen bis über die Taille, vor mir Gideon im modischen Smoking, das Gesicht schwarz von Ruß. Wir hielten einander umschlungen und ließen uns nicht los, betäubt von Lärm, Rauch und Hitze.
    Als meine Augen nicht länger tränenblind waren, suchte ich in Gideons Gesicht nach Verletzungen, aber er schien sich nichts Schlimmeres zugezogen zu haben als verrußte Wangen und versengte Haare. Ich nahm ihn bei der Hand und führte ihn in meine Wohnung, wo ich hartnäckig darauf bestand, daß er einen Kräutertee trank, den er ebenso hartnäckig ablehnte.
    Das Feuer war inzwischen unter Kontrolle und konnte nach einiger Zeit gelöscht werden. Ein Teil der Nachbarn ging zurück ins Bett, während andere stehenblieben und kopfschüttelnd den Schaden besahen. Die meisten Bewohner erinnerten sich an den großen Brand von 1906, als ganz Chinatown zerstört worden war.
    Ich zog mich im Schlafzimmer an, während Gideon im Wohnzimmer seinen Tee trank. Er war seit sechs Wochen zu Hause. Ich hatte nichts von ihm gehört, jedoch sein Foto im Gesellschaftsteil der Zeitung gesehen.
    Als ich ins Wohnzimmer kam, sah er mich mit großen Augen an. »Wie ist es möglich«, begann er nach einer Weile, in der wir die Stille mit unseren Augen und das Jahr der Trennung mit einer fast greifbaren Sehnsucht ausgefüllt hatten, »daß du bei jedem Wiedersehen schöner bist? Ich war auf einer Party oben auf dem Hügel. Als ich das Feuer sah, konnte ich nur noch an dich denken. Ich bin weggerannt, ohne jemandem einen Ton zu sagen.«
    »Du bist seit sechs Wochen zu Hause.« Warum sagte ich das? Es klang wie ein Vorwurf. Es klang, als sei er verpflichtet, zu mir zu kommen – etwas, das nicht stimmte.
    »Ich weiß. Ich wollte

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