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Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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dich auch sehen, Harmonie. Aber beim letzten Mal hast du mich versetzt, weißt du nicht mehr? Ich habe damals auf dich gewartet, den ganzen Abend habe ich gewartet, Harmonie, und du hast nicht einmal angerufen. Das wollte ich mir nicht noch einmal antun. Aber verdammt, ich habe das letzte Jahr in einem stinkenden Dschungel verbracht und dabei nur an dich gedacht. Warum gehst du mir nicht aus dem Sinn?«
    Wir verstummten, und der Straßenlärm wehte zu uns herauf. Die Feuerwehr fuhr ab, die Nachbarn riefen sich etwas zu. Jemand spielte eine Platte auf seinem Grammophon.
    Ich ertrug seinen Blick nicht mehr, darum trat ich ans Fenster und betrachtete die geschwärzten Fenster von Mr. Huangs Lagerhaus. »Gideon, ich fühle mich ganz elend«, sagte ich und wußte selbst nicht genau, ob ich das Feuer meinte oder sein plötzliches Erscheinen.
    »Warum?« fragte er, folgte mir ans Fenster und lächelte mich versöhnlich an. »Hast du etwa das Feuer gelegt?«
    »Nein, aber es galt mir.«
    »Dir? Wieso?«
    »Weil ich diese Räume für meine neue Fabrik mieten wollte. Aber es war ein Geheimnis. Niemand wußte es.«
    Er rieb sich das Kinn, das immer noch Rußspuren zeigte, und sagte: »Komm, wir machen eine Autofahrt.«
    »Eine Autofahrt! Um diese Zeit?«
    »Wir müssen aus diesem Rauch raus. Unterwegs kannst du mir alles erzählen.«
    Wir fuhren die Columbus Avenue hinunter nach Fisherman’s Wharf. Es kam mir seltsam vor, in einem Auto zu sitzen, ich hatte dazu sonst kaum Gelegenheit. Noch seltsamer war die große Nähe zu Gideon, fast wie auf einem kleinen Sofa, und doch ohne jede Intimität, denn durch die offenen Fenster wehte ein kalter Wind, und wenn die Reifen über die Cable-Car-Schienen fuhren, wurden wir kräftig durchgerüttelt.
    »Du meinst also, daß man das Feuer gelegt hat, damit du mit deiner Fabrik nicht dorthin umziehen kannst. Warum?«
    Während ich die schlafende Stadt vorbeifliegen sah und vor uns aus dem Nebel undeutlich die Bucht auftauchte, eine immer näher kommende schwarze Wand, berichtete ich Gideon die Ereignisse des vergangenen Jahres.
    Mein Unternehmen hatte sich vergrößert. Das neue Markenzeichen, die Trauerweide am See, war bekannt geworden. Leute, die nicht lesen konnten, sahen das Bild und wußten, daß sie dem dazugehörigen Heilmittel vertrauen konnten. Aber obwohl ich jetzt Geld verdiente, standen meine wenigen Artikel in ihren blausilbernen Packungen in den Regalen immer noch neben Bergen von rotgoldenen Roter-Drache-Produkten, von denen viele nutzlos oder sogar gefährlich waren. Wie sollten die Käufer sich da entscheiden? Mein Traum war es, die kleine Fabrik zu erweitern und mit meinen Arzneien so viele Menschen zu erreichen wie mein großer Konkurrent.
    Eines späten Abends, als ich nach einem Tag des Abfüllens, Etikettierens und Verpackens mit meinen Arbeiterinnen Tee trank, hatte ich mit Mr. Lee darüber gesprochen. Er schlug vor, ich sollte alle meine Preise um einen Cent senken, denn kein Chinese kommt an einem Schnäppchen vorbei. Aber als ich am nächsten Tag die Runde in den Läden machte, entdeckte ich, daß alle Roter-Drache-Artikel soeben einen Cent billiger geworden waren.
    Daraufhin kam mir die einzigartige Idee, meine Sachen über andere Läden zu vertreiben, zum Beispiel über Lebensmittelgeschäfte, Zigarettenhändler und sogar Fahrradwerkstätten. Aber nur wenige Tage, nachdem ich den Plan mit Mr. Lee erörtert hatte, tauchten plötzlich im Lebensmittelgeschäft, beim Zigarettenhändler und in der Fahrradwerkstatt Roter-Drache-Mittel auf.
    Diese Zufälle verwunderten mich. Dann erfand ich eine neue Art von Tabletten für frischen Atem, viereckig, flach und hart. Sie bestanden im wesentlichen aus Lakritze und Menthol, und noch bevor ich sie überhaupt in die Läden gebracht hatte, verkaufte Roter-Drache ein brandneues, ganz ähnliches Produkt, das aber angeblich nicht nur für frischen Atem sorgte, sondern auch Halsschmerzen heilte.
    Das letzte war, daß ich beschloß, meinem Goldlotuswein rote Farbe hinzuzufügen, um die Leute daran zu erinnern, daß es ein Mittel zur Blutauffrischung war, und weil mir die Farbe passender erschien als der ursprüngliche Bernsteinton. Sofort färbte Roter-Drache seinen beliebten Hautbalsam rot und behauptete nun auch noch, er »kräftige das Blut«.
    Ich wußte also, daß jemand meine Geheimnisse an die Roter-Drache-Gesundheitsgesellschaft verriet.
    Gideon stimmte mir darin zu. »Du mußt eine Spionin unter deinen Mädchen haben,

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