Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
Kapseln …«
»Nein.« Sie legte ihm sacht die Hand auf den Arm. »Das Opfer. War es ein Mann oder eine Frau?«
»Eine dreißigjährige Frau. Rechtsanwältin. Geschieden, zwei Kinder.«
»Das ist furchtbar, Desmond. Das macht mich ganz krank.«
»Charlotte, es ist nicht deine Schuld.«
»Kümmert sich jemand um die Kinder? Gibt es Angehörige?«
»Nun … ich muß das noch prüfen. Ich fürchte, ich habe bisher nur an die Firma gedacht. Ich meine, wie zum Teufel konnte Gift in diese Kapseln gelangen?«
Charlotte runzelte die Stirn. »Kapseln?«
»O Gott, stimmt, ich habe es dir ja noch gar nicht gesagt. Es war diesmal nicht das Tonikum. Es war Wonne .«
Der Fahrstuhl kam zum Stehen. Leise öffneten sich die Türen. Aber Charlotte rührte sich nicht vom Fleck. » Wonne ? Willst du damit sagen, dieser Todesfall wurde durch ein anderes Produkt verursacht?«
Desmond nickte ernst.
»Um Himmels willen, Des!« Bei der Vorstellung, was das bedeuten konnte, stockte ihr der Atem.
Jeden Tag lieferte Harmony Hunderte von Produkten an Tausende von Drogerien und Gesundheitsläden überall in den Vereinigten Staaten und in der ganzen Welt. Die drei Opfer hatten drei verschiedene Mittel angewendet. Wie viele Produkte waren noch betroffen? Alle ?
»Setz alle Hebel in Bewegung. Laß sofort alle Harmony-Produkte aus den Regalen räumen!« Sie traten in einen chaotischen Empfangsbereich, in dem Telefone schnarrten und alle Leute gleichzeitig zu reden schienen.
Im Nu war Charlotte von den Leuten umringt, die sie mit Fragen überhäuften. Sie blickte sich nach Bundesagent Knight um. Er war im Besitz entscheidender Informationen, die sie dringend brauchte. Zunächst jedoch blieb sie stehen, um mit einer kleinen, stämmigen Frau in einem nassen Regenmantel zu sprechen. Ein geblümtes Kopftuch umrahmte ihr rundes, asiatisches Gesicht, und ihre Augen waren voller Sorge.
»Sagen Sie Ihren Leuten, daß ich morgen zu Ihnen komme, Mrs. Wong. Und teilen Sie ihnen mit, daß sie keine Angst zu haben brauchen. Alle kriegen weiter ihren Lohn, niemand wird entlassen.«
Sie wußte, daß hinter Mrs. Wongs furchtsamem Blick eine weit größere Frage stand, die Frage nach den versprochenen, erst vor vier Wochen angekündigten Sonderzahlungen.
Tatsächlich hatten diese Zahlungen landesweit für Schlagzeilen gesorgt, bis hin zum Titelblatt des Time Magazine. Charlottes ureigene Idee war die eines neuartigen Gewinnbeteiligungssystems, das auf den moralischen Werten beruhte, die ihre Großmutter sie gelehrt hatte, und in Einklang mit der Tradition stand, daß Harmony seine Mitarbeiter immer wie Familienangehörige behandelte. Als die Gewinne des Vorjahres alle Rekorde gebrochen hatten, wurde der Kuchen nicht nur zwischen ihr und den anderen Mitgliedern der Geschäftsleitung aufgeteilt, sondern Charlotte hatte sich dafür entschieden, die fast tausend Arbeiter und Angestellten des Unternehmens miteinzubeziehen. Einige der Schecks würden sechsstellige Summen beinhalten, so gut war das Ergebnis. Vorstände anderer Unternehmen sahen in Charlottes Plan eine unerwünschte Bedrohung für das herrschende Lohngefüge. Aber sie wehrte die Vorwürfe lediglich mit dem Hinweis darauf ab, daß die Mitarbeiter von Harmony treu und unermüdlich seien und die Fluktuation bei weniger als einem Prozent im Jahr liege.
Die Schecks sollten an diesem Wochenende ausgestellt werden. Aber die neuen Ereignisse stellten das nun in Frage.
Als plötzlich die Lichter zu flackern anfingen und alles aufstöhnte, sagte Charlotte zu Desmond: »Der Wartungsdienst soll schnellstens die Notstromaggregate überprüfen. Es könnte einen Stromausfall geben.«
»Ist schon erledigt.«
Ihre Sekretärin kam herbeigeeilt. »Charlotte, ich habe jemanden von KFWB am Apparat, und KRLA ruft auch dauernd an. Sie wollen eine Erklärung.«
»Vertrösten Sie sie, solange es geht. Margo ist schon unterwegs. Sie wird sich um die Presse kümmern. Haben Sie Mr. Sung gesehen?« Mr. Sung war der oberste Justitiar des Unternehmens.
»Er war vorhin noch hier.«
»Würden Sie ihn bitte für mich suchen?« Charlotte wandte sich wieder an Desmond. »Wir müssen mit einer Produkthaftungsklage rechnen. Ich möchte, daß Mr. Sung sich um diese Dinge kümmert.«
»Reg dich nicht auf, Charlotte. Wir werden beweisen können, daß es sich um Sabotage von außen handelt.«
»Nicht, wenn Valerius Knight den Fall bearbeitet.« Charlotte hatte endlich den Vertreter des FDA entdeckt, der auf der
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