Das Haus der Harmonie: Roman (German Edition)
anderen Seite des Raumes stand und alle anderen weit überragte. »Dieser Mann hat eine geheime Abschußliste. Nichts wäre ihm lieber, als Harmony zu vernichten.«
Der leitende Chemiker erschien und rang die Hände. Sein Gesicht war bleich und erregt. »Sie haben mich aus meinem Labor ausgesperrt. Ich muß da unbedingt rein!«
Charlotte legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich will sehen, was ich tun kann. Keine Sorge. Es kommt alles in Ordnung.« Ihre Sekretärin stand noch immer neben ihr. »Finden Sie Mr. Sung. Ich brauche ihn sofort.«
»Es sind noch vier andere Anrufer in der Leitung«, begann die junge Frau und hielt einen Schwung rosa Merkzettel hoch. »Die Via-Tek-Corporation ist dran, und Chang-How-Import. Mr. Lopez von der Gilroy Farm regt sich über irgend etwas auf …«
»Notieren Sie alles und sagen Sie, ich würde jeden zurückrufen, sobald ich mehr wüßte. Desmond – ich muß zu allererst mit Knight sprechen und herausfinden, über welche Informationen er verfügt.«
»Viel Glück«, murmelte ihr Cousin und sah ihr nach, wie sie durch den überfüllten Empfangsbereich eilte.
Sie fand den Agenten in der Nähe des Lagerraums, wo er sich einen Schreibtisch besorgt und seinen eigenen Laptop aufgestellt hatte. Valerius Knight war eine eindrucksvolle Erscheinung, ein hochgewachsener Afroamerikaner mit dichtem, schwarzem Schnurrbart, glattgeschorenem Kopf und tiefer, volltönender Stimme – ein Mann, der dafür bekannt war, daß er das Rampenlicht suchte und die spektakulären Fälle vorzog.
Seine Anwesenheit bei Harmony ließ in Charlottes Kopf die Alarmglocken läuten.
»Agent Knight«, begann sie ohne Umschweife, »was können Sie mir über die Opfer sagen?«
»Ah, Mrs. Lee!« Er schenkte ihr ein bezauberndes Lächeln. »Ich bin untröstlich, daß wir uns unter diesen Umständen begegnen müssen.«
»Weiß das FDA mit Sicherheit, daß Harmony-Produkte die Todesfälle verursacht haben?«
»In allen drei Fällen war das letzte, was die Opfer zu sich genommen haben, ein Produkt Ihres Hauses. Ich muß jetzt sämtliche Mitarbeiter befragen, die mit diesen Produkten in Berührung gekommen sind, angefangen von den Leuten in der chemischen Herstellung bis hin zu dem Mann, der den LKW zum Großhändler gefahren hat.« Er hielt ihr ein Päckchen Spearmint-Kaugummi hin und bot ihr einen Streifen an.
Charlotte schüttelte den Kopf. »Warum glauben Sie, daß die Verunreinigung der Produkte hier bei uns erfolgt ist?«
»Wir haben mit dem Bruder des letzten Opfers gesprochen.« Er wickelte sorgfältig einen Kaumgummistreifen aus und musterte ihn, als könnte auch er vergiftet sein. »Er sagt, seine Schwester habe immer äußerst sorgfältig darauf geachtet, ob die Sachen richtig versiegelt waren und darauf, daß das Verfallsdatum nicht erreicht war, eben alle diese Dinge. Nun ja, sie war Anwältin.« Lächelnd knickte er das Kaugummi und steckte es in den Mund. »Außerdem fanden wir auf der Küchentheke die Zellophan-Verpackung, und aus der Packung fehlten nur vier Kapseln. Sie hatte also gerade erst eine neue Packung aufgemacht. Falls diese Kapseln manipuliert wurden, nachdem sie Ihr Werk verließen, muß der Täter ein ungewöhnlich gerissener Mensch sein.«
»Was war die Todesursache?«
Knight kaute dezent an seinem Spearmint. »Beim ersten Opfer Herzstillstand. Beim zweiten ein Schlaganfall.«
»Und beim dritten?«
»Das möchten wir im Augenblick noch für uns behalten.«
»Agent Knight, wenn mein Unternehmen verdächtigt wird, habe ich das Recht zu erfahren, woran die Frau gestorben ist.«
Knight dachte einen Augenblick nach. »Gehirnblutung. Schlaganfall. Aber das ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.«
»Ich kann ein Geheimnis für mich behalten, Agent Knight.«
»Ja, das glaube ich.« Er lächelte.
»Haben Sie irgendeine Verbindung zwischen den drei Frauen herstellen können?«
»Daran arbeiten wir noch. Aber wir ziehen auch Harmony Biotec als mögliches Angriffsziel in Betracht. Haben Sie Drohbriefe erhalten? Anrufe? Geldforderungen?«
»Nein. Nichts dergleichen.«
»Was ist mit …« Er griff in seinen teuer geschnittenen, sportlichen Mantel und zog ein kleines Notizbuch hervor.
»Mit diesem Norman Thurwood, dem Mann, dem Sie seine Pharmaziefirma weggenommen haben?«
»Wir haben ihm nichts weggenommen. Es war ein freundschaftlicher Ankauf.«
»Da habe ich aber etwas anderes gehört. Es hat ihm gar nicht gefallen, daß man ihn herausgekauft hat. Könnte er einen
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