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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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herab, dass die Beine des Maultiers, auf dem ich ritt, immer wieder strauchelten, bis wir beide, das Reitvieh und ich, gespült wurden in die aufgewühlten, trügerischen Fluten des Wadi Musrara, um dort zum wütenden Tosen des Wassers zu ersaufen, indes, am Ende konnten den Strudeln und dem schlüpfrigen Schlamm wir entrinnen und mühten uns langsam in Richtung Süden auf Jaffa zu und die Häuser der Juden am Rande der Stadt.
    Ich betrat auf Zehenspitzen mein Haus und pries meine glückliche Heimkehr unter anständige, rechtschaffene Menschen, Söhne und Töchter Europas, und zu meiner Familie. Denn wie wohltuend und erhebend war es zu sehen, dass die gnädige Frau sich bereits zu Bette begeben und ihr Schlaf ruhig und tief war, und auch der Fötus in ihrem Bauch schlief gewisslich, schwamm im warmen, fruchtbaren Wasser, und der kleine Bauch der Gnädigen Frau, dem der Stempel der Schwangerschaft noch nicht aufgedrückt, hob und senkte mit ihren langsamen, gleichmäßigen Atemzügen sich.
    Ich legte ab meine Kleider und schlüpfte nackt ins Bett, um den Schmutz dieses essigsauren Tages abzuspülen und mich an dem süßen Atem Estherikas zu laben, meiner geliebten Gattin, der Frau, die niemals irgendein Unrecht mir getan und die ich verspottet, hintergangen und betrogen, ohne dass eine Schuld sie träfe, indes, auf meiner Seit der Bettstatt erwartete eine böse Überraschung mich, denn ein anderer Mann war mir zuvorgekommen, war in seinen Kleidern neben Esther eingeschlafen,den Kopf besitzheischend und seelenruhig auf das Kissen gebettet, als sei niemals dies das Bett und Lager eines anderen Gatten gewesen, und ein grässlicher Schrei formte in meiner Brust sich, denn wenn dies der Wilde Ochs war, würde im nächsten Augenblick ich erwürgen ihn, einerlei, ob man mich hernach verurteilte und in ein türkisches Zuchthaus steckte, und mit einem Ruck zog die Decke ich fort, des Messers Klinge in meiner Hand, die Kehle des Ehebrechers aufzuschlitzen, doch die Gestalt des Schläfers war kleiner, kein Mann, sondern ein Junge war er, ein kleiner Junge, dessen schwarze Locken über das Kissen ausgebreitet lagen, seine Wangen bedeckt von Staub und Schlamm, und sein Körper steckte in einer Uniform nicht, sondern in Kinderkleidern, und ein schmales Heft, ein Tagebuch, geschrieben mit zierlicher, gedrängter Handschrift, war dem Griff seiner linken Hand entglitten und lag geöffnet auf unserem Laken, und ich schlüpfte ins Bett und rollte mich zusammen, um keinen Lärm zu machen und ihren tiefen Schlaf nicht zu stören, und drei Worte, drei Worte nur, die Ruhe und Furcht verströmten, vibrierten in meinem Kopf, ehe von den todbringenden Armen des Schlafes ich umschlossen ward: Salach ist zurück, Salach ist zurück.

    Der Ort, an dem der entscheidende Kampf ausgetragen werden wird, ist der Friedhof, der Ort, an dem Vater begraben liegt, auf dem Felsplateau über dem Meer, und vor meinem geistigen Auge sehe ich seinen Ablauf, hier werde ich dem Feind gegenüberstehen, hier werde an seiner rechten Flanke ich ihn angreifen, hier von seiner linken, und Raschid, der Sohn der Wüste, erscheint mir und hetzt mich auf zu Mord und Gemetzel, so ziehst du ihm die Haut ab, so verspeist seine blutige Leber du und wirfst sieden Tieren des Feldes und den Vögeln des Himmels zum Fraß hin, und ich packe am Kragen seines Gewandes ihn und sage, Raschid, nicht die Leber dieses Mannes will ich, sondern die Errettung meiner Familie, meines Volkes und aller Araber und Muslime, denn wenn mit meinem Leib, meiner Rechten ich diesem Feind nicht Einhalt gebiete, wenn ich im nächtlichen Kampf ihn nicht töte, wird eine große Verwüstung über uns alle kommen, eine schmutzige, große Welle, werden Angehörige seines Volkes in Scharen kommen und uns alles nehmen, was wir besitzen, denn dies ist die Stunde der Wahrheit, wenn wir sie versäumen, ist unser Schicksal auf immer besiegelt, und als ich mich dorthin aufmachte, zu dem stillen Friedhof, wo Vaters Knochen in sich zusammenfallen und Gräser aus seinen Wangen sprießen, gewahrte ich zwei Männer, die mit Schaufeln und Spitzhacken gruben, und ich grüßte ehrerbietig sie, da Turbane sie trugen, nach Art der strenggläubigen Muslime, und sogleich wurde mir klar, dass sie ein Paar Totengräber waren, ihre Gesichter von Falten zerfurcht, auf ihren Lippen jedoch ein lebensfrohes Lachen, und da sie meinen Gruß erwiderten, fragte ich sogleich: «Was tut ihr hier?» Und sie antworteten: «Zwei Gräber

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