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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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bereiten für die letzte Ruhe wir», und ich fragte, wer denn in diese Gruben hinabgesenkt werden sollte, worauf sie sagten: «Das wissen wir nicht, am Morgen wird uns gesagt, wie viele Gräber zu graben sind, und wir gehen los und heben sie aus, und am Abend begraben wir die Toten, waschen danach uns die Hände und gehen in das Hurenhaus von Jaffa, unser Herz zu erfreuen», und ich warf einen Blick in das Grab, in seine Tiefe, eine schmale, finstere Grube, an deren Grunde freigelegte Baumwurzeln und kleine Sträucher zu sehen waren und flinkbäuchige Würmer umherkrochen, und die Totengräber lachten und sagten: «Siehst du, Junge? Das ist das Ende des Ruhmes, ein Ort der Fäulnis und des Vergehens unterder Erde», und abermals ließen ihr Lachen sie hören und sagten: «Dies ist uns eine süße Lehre: zu essen und zu trinken und uns der Gesellschaft von Frauen zu erfreuen, denn die Tage sind kurz und die Dunkelheit groß, und danach kommt nichts, keine Hölle und kein Garten Eden, keine zwanzig Jungfrauen und keine einhundert, sondern allein dieses schmale Kämmerchen, bedeckt von vielen Erdklumpen und Krumen, allesamt bitter und körnig», und sie fragten mich: «Bist schon einmal zu dem süßen Loch du gekommen, zu der feuchten Grube, der übelriechenden Dunkelheit, die der Beginn aller Taten des Menschen?» Und ich schwieg, da ich nicht sicher wusste, was die beiden meinten, nur verstand, dass ihre Worte vulgär und roh, und meine Ohrläppchen sich kräftig röteten, als mit einem Mal einer der beiden Totengräber einen Ruf des Erstaunens tat, da die Schaufel in seiner Hand auf einen Knochen oder Schädel gestoßen, der durch die starken Regengüsse unter seiner Grabplatte fort und in das Nachbargrab gespült worden war, und schon bald hatte ein Antlitz er freigelegt und hob im nächsten Augenblick einen hohläugigen Totenschädel in die Höhe, küsste mit einem Grinsen auf den Mund ihn und sagte: «Wisst ihr, wessen Schädel das ist?» Ich schaute voller Ekel und Furcht sie an, da dieses Spiel töricht in meinen Augen war, doch der Totengräber sagte: «Dies ist der Schädel einer jungen Frau, die in der Blüte ihrer Jahre gestorben, schön war sie, ihr schwarzes Haar lang und glänzend, ihre Augen funkelnd vor Leidenschaft, und wie viele die Männer, die hofften, in ihr Netz zu fallen, doch sie hat sich das Leben genommen, ging und ertränkte im Fluss El-Ouja sich», und eine Welle von Hitze schlug gegen meine Brust, denn vor vielen Jahren, als ich noch ein kleiner Junge von fünf oder sechs war, hatte ich diese junge Frau gekannt, aus dem Nachbardorf Sumeil war sie und ihr Name Naima bint Naim, und wie oft hatte sie mich auf ihrenSchoß gehoben und mit meinen Locken gespielt und mir süße Worte zugeflüstert, und jetzt starrten meine Augen auf das, was von ihr übrig geblieben, und der Totengräber sagte: «Was bist du so stumm? Hast du deine Zunge verschluckt, oder ist dein Verstand dahin?» Und ich trat an ihn heran und nahm den Schädel in meine zitternden Hände, wischte Erdkrumen und ineinander verfangene Wurzeln davon ab, doch wo war ihr wundervolles Haar, das wie aus Blumen geflochten und mit frischen Kränzen umwunden, und welches Schicksal hatte diese Lippen ereilt, die mir gute und beruhigende Worte geflüstert, ob der Schlechtigkeit der Welt mich zu trösten, und der Totengräber sagte: «Nimm sie mit in dein Bett, streichle ihre Stirn und küsse ihre abgeschnittene Nase, denn wohl ist wahr, dass die lebenden Frauen dem Mann mit ihrem Fleisch Vergnügen bereiten, doch mehr noch quälen mit ihrem Mund und ihrer Zunge sie ihn, weshalb er, der Mann, vielleicht tatsächlich besser daran tut, sich an die Toten zu halten und aus ihnen ein wenig Vergnügen zu schöpfen», worauf ich ihm den Kopf der Naima bint Naim zurückgab, der Totengräber in die Tiefe ihrer Augen blickte und tadelnd sagte: «Rolle dich nicht in das Grab deiner Nachbarn, junge Dame, denn tot sind sie alle, und ihr welkes Fleisch wird nimmer sich aufrichten und strammstehen, nur noch zerstampfte, trockene Knochen sind sie, und nun zurück in dein Grab und dort still gelegen.»
9. März 1896, auf dem Gute der Rajanis
    Der Junge ist noch nicht erwacht aus seinem Schlaf. Seine Mutter und die Dienerin sind die ganze Nacht von seinem Bett nicht gewichen. Kenntnisse und Neuigkeiten habe ich wenige, da dieAraberin mir gegenüber wortkarg und einsilbig, sei es, weil sie vom Hass ihres Sohnes gegen mich sich hat anstecken lassen, sei es, weil

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