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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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aus dem Orient auch, lieben es sehr, jedwede Emotion öffentlich kundzutun. Auch wenn sie den Ismailiten in unvorteilhaftem Maße ähnlich sein mögen, mag ich sie. Ja, mir ist gar zu Ohren gekommen, dass dieser Nuriel zehn Kinder gezeugt, fünf von ihnen Töchter, deren älteste eine entzückende Mohrenschönheitsei, schwarz an Haut und Augen und höchst verlockend in sexueller Hinsicht. Nuriel sagte,
Tfaddal
, bediene dich, und stellte eine große Flasche mir hin.
    Ich nahm einen kräftigen Schluck und sagte: «Dies und jenes habe in meinem Gespräch mit dem Jungen ich beherzigt, dem Ratschlage folgend, den du mir gegeben. Hast Zeit du nun, dem Rest der Geschichte zu lauschen?»
    «Ja», sagte er.
    «Dann hör gut zu», sagte ich.

    Den Tag nach unserer kleinen Unterhaltung verbrachte der Junge in seinem Zimmer hinter Schloss und Riegel, auf mein Geheiß, damit weder sich noch anderen er Schaden zufügte oder eine Bosheit angedeihen ließe. Ebenso erging es auch seiner Mutter und der alten Dienerin, da ich drüber hingekommen, es wäre wohl besser für sie, in ihren Zimmern zu sitzen, als mich mit ihren Verwünschungen zu überziehen.
    Die Arbeit auf dem Gute ließ sich gut an. Die arabischen Arbeiter erschienen mit Pfählen in den Händen und begannen, Sandsteinquader übereinanderzuschichten, um dicke Mauern für die Häuser der Bauern und das Verwalterhaus zu errichten, und ich beobachtete mit Wohlgefallen ihr Tun. Kurz vor Sonnenuntergang füllte meine Lungen ich mit Luft und dankte Gott für diesen ruhigen und ersprießlichen Tag kleiner Freuden.
    Ich war schon in Begriff, das Pferd anzuschirren, um nach Hause zu fahren, als mit einem Male einer der Kolonisten im Laufschritt angestürmt kam, seine Lippen vor Angst bebend. Er deutete in Richtung Westen, zu der Eukalyptusschonung, brachte jedoch nicht eine einzige Silbe heraus, nur dies eine Wort: «Ar-Ruch!»
    Eine alte Flamme des Zorns loderte in mir auf. Ich rannte zuder Schonung, wo seine Kameraden sich aneinanderdrängend blind jaulten und schrien: «Ar-Ruch! Ar-Ruch!», und ich schrie sie an, diese alberne Faselei unverzüglich dranzugeben, griff einen kleinen Ast mir und hastete in die Schonung. «Zeige dich!», brüllte ich. «Böser Geist, ich werde zurück ins Fegefeuer der Hölle dich schicken!» Und ein kleiner, boshafter Ar-Ruch schlüpfte wie ein Kobold zwischen den Bäumen hindurch, und ich rief die Kolonisten: «Schnell, kommt mir nach und fangt ihn», doch wie erstarrt rührten sie nicht sich von der Stelle, sodass alleine ich dem Ar-Ruch nachsetzte, ihn zu erschlagen und aus dieser Welt zu schaffen, doch im Laufen stimmte er das teuflische, übermütige Lachen eines Jungen an, der mir zurief, «Luminsky, dein Tag ist gekommen. Hier wirst wie ein Hund du verscharrt werden.»
    Ich brach einen größeren Ast, der dort herabhing, und schwenkte in alle Richtungen ihn, doch das Lachen des Jungen erstarb nicht, sondern schwoll noch weiter an, klingelte einmal in meinem rechten Ohr mir und alsbald in meinem linken, stets jedoch mit dieser enervierenden Melodie des Stichelns und Neckens, bis ich ihm zubrüllte: «Salach, komm her und empfange deine Strafe, die eine körperlich, die andere für die Seele», doch er fuhr fort, sich einen Spaß mit mir zu machen, und begann, in der zunehmenden Dunkelheit aus dem Dickicht der Obstpflanzungen kleine, spitze Steine nach mir zu werfen wie einstmals David auf Goliath. Die ersten pfiffen an mir vorbei und richteten keinen Schaden an, doch die darauffolgenden waren schmerzhaft und gefährlich, ja stellten eine Gefahr für Leib und Leben dar, denn der Junge war in einen Baum geklettert, der nur ihm vertraut, und von dort vermochte er, genau auf mein Gesicht zu zielen, und schon fuhr ein scharfer Schmerz durch meine Lippe, als diese entzweigespalten, und der Junge stimmte abermals seinspöttisches Lachen an und rief: «Dein Tod wird der eines Hundes sein, Luminsky», und ließ von dort einen neuen Steinregen auf meine Augen niedergehen. Bald würde er mich hier inmitten der Obstplantagen meines Augenlichtes beraubt haben, derweil die Kolonisten, die meine Schmerzensschreie vernahmen, vor Grauen erstarrten, da sie meinten, mich von den Fängen eines Ungeheuers oder Dschinns verschlungen zu sehen.
    Das saubere Taschentuch, das in meiner Brusttasche ich bei mir trug, fing ein wenig auf von dem Blut, das über mein Gesicht rann, und nachdem ich meinen Schweiß fortgewischt, rief in die Luft ich: «Salach, du Feigling,

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