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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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und Verständigkeit, oh, wie sehr ich diesen Engel verehre,die Kuppe seines kleinen Fingers bedeutet mir mehr als mein eigener Körper, und sogleich war Amina aufs höchste alarmiert und drang in mich, ihr zu verraten, was es mit dieser Vielzahl von Zeichnungen auf sich habe, die unter meinem Pinsel entstanden, wobei sie meine Ohren und meine Nasenspitze befühlte und bekundete, meine Augen seien träumerisch geworden und ein Funke von Hoffnung glimme in ihnen, sodass ich ihr bestätigte, meine Zeichnungen, Verse und Geschichten kämen tatsächlich wie von selbst aus meinem Inneren gesprudelt, gut und angenehm, und dass meine Albträume verschwunden und mein Schlaf nicht länger gestört, sondern ruhig und erquicklich sei. Indes, wer mein neuer Freund war, dieser hoch aufgeschossene, blond gelockte Fremdling, den ich vor dem Hause des Al-Bittar getroffen, dies verriet ich ihr nicht, eilte vielmehr, die Zeichnungen zu verbergen und sie umgedreht aufeinanderzulegen, damit ihre forschenden, dem Klatsch und Tratsch zugetanen Augen sie mit ihrem Blick nicht beschmutzten.

28. September 1895, Neve Shalom
    An diesem allerheiligsten Feste, dem Versöhnungstag, lag die Straße der Juden – die Bustrus-Straße – beinahe verwaist und wahrhaftig verödet da, ruhte in ganz Neve Shalom und Neve Zedek die Arbeit, und ein Odem von Furcht und Ehrerbietung strich um die Häuser.
    In unserem Haus indes herrschte stickige Hitze. Die Gnädige Frau lief hin und her und hatte wohl eine Woche oder deren zweie schon kein Wort mit mir gewechselt, da beschäftigt sie war, in einem Zimmer unseres Hauses eine Zahnklinik einzurichten.An ebendiesem Nachmittage stand sie in der Küche, in der sich nicht einmal eine Stück Brotrinde mehr fand, und begann auf höchst neurotische Art die Haare sich auszureißen.
    «Esther», sagte ich.
    Betroffen schaut sie mich an.
    Ich näherte mich ihr von hinten, legte die Hände um ihre Hüften und flüsterte ihr ins Ohr: «Ich bitte um Verzeihung dich für die Entfremdung, die ich dir angedeihen ließ.»
    Die gnädige Frau weinte bitterlich, sagte, dies sei nicht, was sie sich von ihrer Ehe erhofft. Niedergeschlagen war sie und zutiefst entmutigt. Im Hause ihre Eltern hatte alles sich um sie gedreht, hatte in Sonderheit ihr Vater sie umwöhnt. Indes, nicht ihre Musselinkleider wolle sie zurück, die der verfluchte Araber im Meer von Jaffa versenkt, und auch ein schönes Haus mit reiner, kühler Luft, wie sie es in Warschau gehabt, verlange sie nicht, sondern allein dies – die Liebe des Mannes, der den Ring an ihren Finger gesteckt.
    Ich sagte: «Deine Liebe ist just, was auch ich begehre.»
    «Nicht nach Liebe trachtest du, sondern dein Weg ist, zur Befriedigung des Triebes über mich herzufallen wie Räuber über einen, der unschuldig des Weges kommt», erwiderte sie.
    «Dann werd mein Gebaren ich ändern», sagte ich.
    «Viele Tage und Stunden weilst du außer Haus», klagte sie.
    «Ich reise umher, um nach Land zur Kolonisierung zu suchen, für die Juden», erklärte ich.
    «Die Kolonialisten haben Land in Hülle und Fülle», sagte sie, «dies zu bestellen tut ihren Bedürfnissen mehr als Genüge.»
    «So werde ich auch dieses mein Betragen überdenken», versicherte ich.
    «Der Unterhalt des ganzen Hauses lastet auf mir und meiner Klinik», fuhr sie fort.
    «Eines Tages, in Bälde schon, werde ich für all deine Bedürfnisse aufkommen», sagte ich.
    Und endlich verstummte sie.
    Ich aber fragte: «Findet sich noch eine weitere Sünde auf der Liste der Frevel, die ich an dir begangen?»
    «Für den Moment nicht», beschied sie.
    «Wirst du also meine Verfehlungen mir vergeben?»
    Wieder vergoss sie Tränen, als sie sagte: «Ich erteile hiermit meine Vergebung.»
    Ich nahm ihre Finger, war eben im Begriff diese zu küssen, doch sie sagte: «Es ist Jom Kippur heut.»
    Also ließ ich ab von ihr.
    Womöglich ist die gnädige Frau nicht gar so bösartig, wie es den Anschein erweckt. Was immer sie tut, tut nicht aus Boshaftigkeit sie, sondern aus einer Beengtheit ihres Hirnes, denn das Hirn der Frau ist klein und beschränkt wie das eines Spatzen, weshalb sie nicht über ihre winzigen Flügelchen und ihren kleinen Schnabel hinaus zu sehen und zu verstehen vermag.

    Amina gab nicht auf und drang weiter in mich, verleitete mich schließlich, ihr etwas aus meiner neuesten Geschichte vorzulesen, der Geschichte über Laila, die Tochter Bagdads, die einem Greis zur Frau gegeben einen anderen Mann liebt, einen

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