Das Haus der Rajanis
zurückzukehren, ohne Aufschub wie ehedem, wie ein Freund dem Freunde verpflichtet – nach alldem also brach ein schrecklicher Streit aus zwischen Mutter und mir.
An jenem Tag kam Mutter in mein Zimmer, warf die Tür hinter sich ins Schloss und sagte, mein ungehöriges Betragen mit einem fremden, ausländischen Manne, einem Juden, der auf unserem Anwesen ein und aus gehe wie ein Gutsherr oder Gatte, die gemeinsamen Bäder in der
Biara
, die Geschichten und Poeme, die ich ihm zu Ehren verfasste – all dies müsse unverzüglich aufhören. Und dann ließ sie mich wissen, sie werde ihm den Zutritt zu unserem Anwesen untersagen.
Großes Erstaunen erfasste mich, denn schließlich hatte der Engel Gabriel seine Gnade und der Annehmlichkeiten viele über mich gebracht, sodass ich Mutter kundtat, er sei mein Retter, mein enger Freund und Verbündeter, auch den geheimen Bund, der zwischen uns geschlossen, verriet ich ihr und legte dar, was in der
Biara
er an mir vollbracht, doch Mutter nahm keines ihrer Worte zurück, im Gegenteil, sie sagte, sie habe den Pachtbauern bereits befohlen, die Augen nach dem Eindringling offen zu halten, und dass sie, wenn sie seiner auf unserem Anwesen ansichtig würden, ihn unverzüglich zu dem türkischen Bezirksgouverneur schaffen sollten, um ihn der Kerkerhaft und Folter zu überantworten, oder besser noch: ihn nach eigenem Belieben zu bestrafen.
Ich ließ ein kurzes, trockenes Lachen hören und tat Mutter dann unmissverständlich kund, ich würde, ob sie mir dieses gestatteteoder nicht, auch fürderhin der Freund dieses von mir verehrten Mannes sein und, sollte dieses erforderlich sein, auch ihre anderen, früheren Anordnungen missachten, würde mein Fahrrad nehmen und von dem Landgut, dessen ich ohnehin schon überdrüssig bin, fliehen, würde nach Jaffa fahren oder in das Viertel der Juden, in dem er wohnt, und dort meine Tage verleben.
Mutter wurde rot vor Zorn und befahl mir, mich zu entschuldigen, ich aber antwortete ihr nicht, worauf sie, in der Sprache der Drohung, verkündete, der Tag werde kommen, an dem mein Vater von seinen Reisen aus fernen Ländern zurückgekehrt von meiner Unverschämtheit gegen meine Mutter, meine Gebärerin und Lebensstifterin, hören und mich mit einer Strafe bedenken würde, welche selbst die grausamsten unter den Soldaten des türkischen Paschas vor Grauen und Schlottern erblassen ließe.
Nun war es an mir, ihr alle Dinge zu sagen, die in meinem Herzen ich bewegte, dass diese Frau, die meine Mutter genannt, nichts als mein Unglück wünsche, dass all ihr Bestreben sei, meine wenigen Freunde zu vertreiben und mich zu schändlicher und degenerierter Einsamkeit zu verdammen, denn den ganzen Tag gehe sie einher und belege mich mit Verboten und Beschränkungen in so großer Zahl, dass mein Leben jeden Geschmack verloren, und all diese schrecklichen Albträume und Visionen, die mich des Nachts bestürmten und die ich am Morgen vergessen, seien allein ihrer Tyrannei geschuldet, wünschte Gott, und die Tage dieser Herrschaft würden enden, könnte ich vor ihr und ihren Ränken fliehen, denn eine böse Frau sei sie, böser als alles Böse, ihr einziges Ziel, mich nach ihrem Ebenbild und ihrer Gestalt zu formen, der Gestalt einer verbitterten Hexe, worauf Mutter mich auf jede Wange zweimal schlug und sagte, von Stund an und bis ans Ende aller Zeiten würde in meinem Zimmer ich eingesperrtbleiben, würde nicht einmal zum Wasserlassen oder zur Nahrungsaufnahme hinunter in die Räume des Foyers und die Küche dürfen, und nach diesen Worten verriegelte sie die Tür und eilte trippelnd die Treppe hinab ins untere Stockwerk.
Was mich betraf, so kam keinerlei Sorge über mein Herz, denn der Engel Gabriel würde durch mein Fenster fliegen können, um mir Gesellschaft zu leisten und mich vor Mutters Niedertracht zu erretten, und bis zu seinem Kommen würden meine alten Freunde Laila und Raschid mir beiwohnen auf den Seiten und in den Geschichten, in meinem Tagebuch und auf meiner Staffelei, denn freundlich und wohlgesonnen sind diese beiden mir nun erneut, dankbar für das Leben, das ich ihnen eingehaucht, und jeden Tag werden viele weitere Gestalten geboren aus dem Bruchstück eines Gedankens, dem Aufblitzen einer Idee, die ich sogleich zu Papier bringe und ihnen Seele und Odem verleihe, um mich an ihrer Freude zu erfreuen und über ihr Leiden zu grämen, so wie ich nun eben jetzt diese Worte mit meiner Feder niederschreibe.
Am Ende sollte Mutters Mütchen sich
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