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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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Fronarbeitern.»
    Sie sagte: «Ich werde ihn rufen.»

    Jetzt werde mithin ich zuwarten und sehen, was diese Unterredung erbringt. Nach dem Wortwechsel werde zu meinem Tagebuch ich zurückkehren und in der Darstellung der Ereignisse fortfahren. Auch wenn kein Schriftsteller oder Künstler oder Dichter ich bin, so wittert meine Nase doch das Odeur eines nahenden Unglücks. Wieder und wieder habe die Seiten meines Tagebuches ich studiert, um die ersten Knospen und Anzeichen des sich anbahnenden Ruins zu finden, doch vergeblich. Ich vermag nicht zu sagen, auf was Salach sinnt und was sein Herz, dasjene, die nur gut ihm wollen, zurückweist, ihn drängt zu tun. Die Geschichte indes lehrt uns, die Kraft eines Feindes nicht geringzuschätzen, selbst wenn dieser ein kleiner Junge, denn mit seinem Willen kann Berge er ausreißen und große Zerstörung säen.

    In aller Frühe des Morgens ging ich zu den Pachtbauern, die sogleich, ohne dass ich sie zusammengerufen, sich um mich scharten, die Hände ringend zum Zeichen der Trauer und des Grams, und aus ihren konfusen Worten, die in wachsender Erregung einander zu übertönen suchten, erfuhr ich die unglückliche Nachricht, dass am gestrigen Abend, als dem Engel des Verderbens ich von den Taten seines Ebenbildes gelesen, ihn in einen Zustand höchster Erregung versetzt und ihn bewegt, unser Haus Hals über Kopf zu verlassen, just zu jener Stunde der fiebernde Junge der Todeslust seiner Krankheit erlegen war und in seinen letzten wachen Augenblicken meinen Namen gerufen und die Sterne, die aufziehende Morgenröte und die leichtfüßigen Gazellen beschworen hatte, den Mörder nicht entkommen zu lassen. Mit diesen letzten Worten, bitterlich beweint von seiner Mutter, hatte der Knabe seine Seele ausgehaucht und war gestorben, hatten die Pachtbauern ihn soeben unweit des Friedhofes über dem Meer begraben, auf einem Sandsteingrat, demselben Ort, an dem auch Vater ewige Ruhe gefunden.
    Sogleich offenbarte ich ihnen alles, was der Knabe mir auf seinem Sterbelager anvertraut, dass der Geist, den durch die Plantagen sie hatten schreiten sehen, kein anderer als der meines Vaters gewesen, der Rache verlange für den schändlichen Mord durch einen Feigling, der noch nicht einmal gewagt, ihn zum Kampfe zu fordern, sondern den Docht seines Lebens abgeschnitten,da in seinem eigenen Hause er schlief, und die Pachtbauern verlangten mit weit aufgerissenen Augen zu wissen, wer ihn ermordet, und ich sagte, derselbe Mann, der euer Brot euch gibt, dieselbe Gestalt, die vorgibt, Sorge zu tragen für euer Wohlergehen und das des Gutes, doch die tumben Pachtbauern taten, als verstünden sie nicht, bis mir keine andere Wahl blieb und ich ihnen den Namen des verderbenden Engels genannt, der ihnen als Jacques bekannt, und die Pachtbauern fragten, ob dies auch, was der Knabe an der Schwelle seines Todes gesagt, und ob bestimmt diesen Namen er genannt, worauf ich bekräftigte, diesen und keinen anderen, doch die Pachtbauern fragten, warum dieser Mann hergehen und das Leben eines anderen Mannes nehmen sollte, worauf ich erwiderte, die Sache sei sonnenklar, um nämlich unser Gut für sich selbst und sein Volk, die Juden, zu nehmen und um Vaters Platz im Bette meiner Mutter sich zu erschleichen, weshalb, so sagte ich ihnen, es unsere Pflicht sei, zu töten und zu entseelen ihn. «So Gott will, werdet ihr euch erheben und diese Tat in meinem Namen, im Namen einer Waise vollbringen!», rief ich. «Denn ich selbst bin noch nie eines Aktes der Tötung ansichtig geworden, weiß nicht, wie eine Seele aus ihrem Körper zu reißen ist, wie das Leben aus dem Blut zu treiben und das belebte, nach Genüssen strebende, sich regende Fleisch in die dunklen Tiefen des ewigen Todes zu befördern.»
    Aber die Pachtbauern sagten: «Deine Worte ergeben keinen Sinn für unsere Ohren, doch auch wenn ein Fitzel Wahrheit in ihnen sein sollte, so sind wir nur klein und nichtig, unbedeutender als jeder Dunghaufen und der Mist auf dem Land, wer also machte zu Richtern uns zwischen dem Effendi – deinem Vater – und Jacques? Und was betreffen uns derart gewaltige Vorgänge, da nicht mehr wir erbitten als unsere tägliche Ration
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und einen Fladen Brot, unsere Seele daran zu laben? Behellige nichtlänger uns mit den Ängsten und Qualen, die deinen Verstand irremachen, und lass uns wieder an unsere Arbeit gehen, zurück zu unseren Hütten und unseren Weibern.» Und ich sagte: «Wenn ihr nicht tut, worum ich euch gebeten, wird erheben

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