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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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er sich und euch von eurem Land vertreiben, wird eure Stallungen, eure Hütten und Häuser er mit lodernder, läuternder Flamme verbrennen.» – «Selbst wenn diese sonderbare Vision wahr», erwiderten die Pachtbauern, «wird Allah der Herr des Himmels uns schützen vor Übeln und Dieben wie diesen. Und sollte er nicht zu Hilfe uns kommen, werden unsere Matten wir ausrollen und inständig beten und fasten. Du aber sprich nicht länger uns von deinem unheilvollen Sinnen.» Worauf mit erhobenen Schultern sie auseinanderliefen, ein jeder zu seiner wackligen Hütte, und ihre Ohren meinen aufgebrachten Rufen und dem Stampfen meiner Füße auf dem Boden unseres Anwesens verschlossen.

24. Januar 1896, auf dem Gute der Rajanis
(wenige Stunden später)
    Es ist dies der Inhalt des Gespräches, das am heutigen Tage zwischen mir und dem Jungen stattgefunden und das im Folgenden ich schriftlich festzuhalten gedenke, auf dass es mir in Vergessenheit nicht gerate.
    Ich schluckte meinen Stolz und begab ins obere Stockwerk mich, zum Zimmer des Jungen, da es unter seiner Würde, den Elfenbeinturm zu verlassen, in dem bei Tage und bei Nacht er weilt.
    Der Junge saß an seinem Schreibtisch, gebeugt über seine Papiere und Hefte, allem Anscheine nach eifrig mit etwas befasst,das wie ein wichtiger Brief aussah, geschrieben auf Arabisch. Ich warf einen Blick darauf, doch die Buchstaben dieser gackernden Sprache, deren Buchstaben an Taubenmist gemahnen, verrieten mir nichts. Salach faltete das Schreiben, schob in einen Umschlag es und platzierte diesen am äußersten Ende seines Tisches.
    «Bon soir», sagte ich.
    Er wandte mir sein Antlitz zu und erwiderte meinen Gruß.
    Sein Gebaren war erkennbar ein anderes nun. Die nämliche Sicherheit, die schon am gestrigen Abend er ausgestrahlt, beim Verlesen seiner Geschichte, sprach auch jetzt aus seinen Zügen. Funken eines rebellischen Feuers stoben aus seinen Augen. Gewandelt hatte er sich.
    «Hat deine Mutter mit dir gesprochen?», fragte ich.
    «Ja», sagte er.
    «Dann warte auf deine Erklärung ich.»
    «Meine Erklärung ist höchst verwickelt», sagte er.
    Ich sagte: «Zeit und Muße habe ich, mir diese Verwicklung anzuhören.»
    «Das Gerücht ist zu Ohren gekommen mir», begann er, «dass die Geschichte, die ich erzählt, dein Blut zum Kochen gebracht, weshalb ich um Entschuldigung dich ersuche. Alles, was ich geschrieben, war nichts als Imagination und Nichtigkeit. Kein Anspielen war darin, weder auf Personen der Historie noch auf Menschen, die mir bekannt, seien es lebende oder tote, und jede Ähnlichkeit mit ihnen ist allein eine Frucht der Koinzidenz.»
    «Diese Bitte um Vergebung», sagte ich, «kommt sie aus der Tiefe deines Herzens?»
    Er senkte den Blick und sagte: «Nein.»
    «Und warum nicht?», fragte ich.
    «Weil auch du mein Blut zum Kochen gebracht», erwiderte er. Ich sagte: «Dies, Salach, kann und werde ich nicht verstehen,auch wenn mir alle Zeit bis ans Ende aller Generationen gegeben, darüber zu sinnen. Weshalb und warum solltest du zürnen mir? Ist nicht wahr, dass vom Tage unserer allerersten Begegnung an ich an dir nichts getan habe als Gutes, Gutes und noch mehr Gutes?»
    «Das ist wahr», antwortete er.
    «Sogar du selbst hast eingestanden dies wieder und wieder.»
    «Ja, das habe ich», sagte er, «doch mein Blut kocht nicht ob der Dinge, die du getan, sondern jener, die du noch begehen wirst.»
    Ich sagte: «Abermals sind deine Prophezeiungen es, die deinen Verstand trüben.»
    «Keine Prophezeiungen sind dies, sondern unumstößliches, sicheres Wissen um das, was die Zukunft wird bringen.»
    «Und welcher Natur ist dieses Wissen?», fragte ich.
    «Erinnerst du an den Friedhof dich, wo mein Vater begraben?», fragte er.
    «Was ist damit?»
    Er sagte: «An jenem Ort werdet ihr, du und dein Volk, ein großes Hotel errichten, und alle, die dort einkehren und nächtigen werden, die dort koten und an die Wand urinieren, werden nicht wissen, dass das Grab meines Vaters aus der Erde unter ihren Füßen schreit. Und erinnerst du an das Dorf dich, aus dem ihr den Dieselmotor gebracht?»
    «Gewiss.»
    «Dort werden du und dein Volk eine große Stätte für die Wissenschaften der Universität erbauen, das Dorf aber werdet ihr vom Erdboden tilgen und es mit Schlamm und Ziegeln pflastern.»
    «Genug», sagte ich. «Ich habe genug von diesem Unsinn mir angehört. Jetzt höre du mir zu. Du hast die Wahl, mit uns zu sein oder gegen uns. Bist mit uns du, dann streife von deinem

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