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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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und Oheimen berichtet, wird flugs eine gewaltige Heerschar hierherkommen und dich an deinen Testikeln an den Zitronenbaum hängen.»
    Ein Schauder überkam mich.
    Ich winkte mit dem Brief, der nun in meinem Besitz, und sagte: «Wie auch immer, der Junge war sehr beschäftigt damit, dieses Schreiben aufzusetzen, und ich ersuche euch, dieses in die französische Sprache für mich zu übersetzen.»
    «Zwanzig Franken», sagten sie.
    Empörung und Zorn entflammten meine Kehle, und ich schrie sie an: «Bis wann wollt meiner wenigen Groschen ihr mich berauben? Seit dem Tage, da ich eure Bekanntschaft gemacht, habt zweitausend Franken ihr mir abgenommen, und mehr!»
    Sie schauten mich an, als müssten sie’s nochmals überdenken, schlugen dann das Laken auf ihrem Bette zurück, präsentierten ihre stolz aufgerichteten Stecken mir und sagten: «Komm, leg auf unser Bett dich, und wir erlassen dir die Bezahlung.»
    Ich gab das Geld ihnen und empfahl mich.

    Eine Tür ward geöffnet heut Nacht und nach ihr viele weitere Türen, weit aufgesperrte, strahlende, vom Sonnenlicht durchflutete Rachen, und dahinter taten lange Flure sich auf mit vielen Türen mehr, und ich schreite durch dieses Labyrinth, gelange an ein gewaltiges Tuch, das an seinen vier Ecken an die Erde gepflockt wie von selbst sich aufzieht, bis die ganze Zukunft ausgebreitet und hell beschienen vor mir liegt, denn was bis heute Vers um Vers mir offenbart ward, Scherbe um Scherbe, in Tagträumen und Nachtmahren, in Halluzinationen und Sinnestäuschungen, hat jetzt zu einer einzigen Karte sich gefügt, allumfassend und getreu, zu einer Geschichte, die Gestalt angenommen, eine Geschichte, welche ich nun niederschreibe wie ein Prophet, der sein Volk vor nahender Verwüstung und Vernichtung warnt.
    Der Anbeginn der Zerstörung wird der Verlust unseres Landes an jene sein, die uns bedrängen, die unter den Völkern der Welt verstreut lebenden Juden, unter denen schon bald Denker und Philosophen sich erheben und ihr Volk leiten werden, die Häuser, in denen wir wohnen, zu erobern, doch nicht mittels der Kraft des Armes und der Kriegsfanfaren, da dieses Volk wahrlichnicht bekannt für seine Heldentaten im Kampfe und seinen Wagemut, sondern durch List, Betrug und Hintergehung, wie Fäden, die von einer Heerschar grünäugiger Spinnen gewoben, denn zunächst werden wie einzelne Regentropfen nur sie kommen, wie der Engel, der alleine unter uns ein und aus geht, doch dann werden zusammenrotten sie sich, werden Häuser und ganze Stadtviertel sich errichten und so langsam aber stetig, listig und gewitzt die Söhne unseres Volkes verdrängen, werden ihnen Schimpfnamen geben, werden hörnen und entehren sie, doch die Söhne unseres Volkes werden die Rufe und das Flehen der Propheten nicht erhören, sie werden die Augen verschließen und mit den Zähnen knirschen, und bis die Ersten unter ihnen erwachen, werden die Juden bereits der guten Böden viele besetzt haben, werden ihre Klauen hineingraben und ihre kotenden Hintern daraufsetzen, wird das Land verpestet von ihrer schmutzigen Haut und ihren hässlichen Seelen, dieser allen verhassten jüdischen Seele, die zu allen Zeiten von Ort zu Ort vertrieben und verbannt ward.
    Am Morgen eines sonnigen Tages floh aus meinem Zimmer ich und lenkte mein Rad gen Jaffa, fuhr eilends, da mein Herz in tiefster Trauer sich krampfte beim Gedanken an den Krieg, der würde ausbrechen zwischen unseren Völkern, und an die schmerzliche, demütigende Niederlage der Araber, und schon sah vor mir ich unzählige Boote im Hafen von Jaffa sich drängen, überladen mit Kindern und Säuglingen, und alle suchen zu fliehen sie vor den Feuerwürmern der Juden, welche Granaten und Luftbrände auf sie herabregnen lassen, bis durch das Stadttor ich endlich trat und zwischen den Märkten und Kaffeehäusern und dem sich kräuselnden Rauch der Wasserpfeifen einherging und mein Herz mit Tränen sich füllt, denn von alldem würde fast nichts bleiben, worauf gedankenlos ich auf dem Markt der Obst-und Gemüsehändler eine der Kisten umgedreht und diese erklomm, um alsbald mit meinem kleinen Stimmchen zu schreien, vergeblich versuchend, mir im Lärm der Händler und Käufer Gehör zu verschaffen, da ich zurief ihnen: «Oh ihr Menschen! Ihr Leute! Ihr Gläubigen! Öffnet die Augen, erhebt euch und erwacht, wenn die Himmel die Zerspaltung zeigen, die Sterne sich zerstreuen, die Meere sich vermischen, dann wird das Land ausspeien seine Last, um euch in die Fremde zu

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