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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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den nahen Tagen oder Wochen werde ich Euch womöglich besuchen kommen und Mutters Grüße überbringen.
    In Liebe und Sehnsucht verbleibe ich,
    Salach Rajani

26. Januar 1896, auf dem Gute der Rajanis
    Auf dringendes Anraten Salims und Salams habe ich mich heute nach dem Gute begeben und den Umschlag zurück an seinen Platz auf dem Schreibtisch gelegt. Zudem habe ich Anweisung erteilt, dass der Junge, nachdem er seinen Brief abgeschickt, die Tore des Gutes nicht verlassen und mit niemandem außer seiner Mutter sprechen darf. Zu diesem Behufe habe ich Mendel, Jehoshua und Jedel angesetzt, ihn und jeden seiner Schritte zu überwachen, und habe ihnen aufgetragen, die hinterhältige und intriganteDienerin, die zu jeder Schandtat ihn aufwiegelt, in ihrer winzigen Kammer einzusperren, aus der nicht einmal ihre Nasenspitze sie soll herausstrecken.
    Salachs Mutter wiederum ist den ganzen Tag damit beschäftigt, immerzu ihre Hände über dem Zuber mit Wasser und Seife aus Nablus zu schrubben. Wohl ein Dutzend Mal habe ich ihr bereits befohlen, davon zu lassen, doch vergebens. Gewisslich ist dies Zeugnis eines prekären Seelenzustandes, weshalb ich ihr den Brief nicht gezeigt, damit von seinem Inhalt sie nichts erfährt.
    Tiefe Seufzer entringen nun meiner Brust sich.
    Die Sorge nagt begierig an mir.
    Was bloß soll ich tun?

    All meine Hoffnungen und mein Trost in diesen Tagen sind, dass der Brief, den an meine teuren Cousins in Beirut ich geschrieben und den Amina ich gebeten, mit der Expresspost des österreichischen Konsulats aufzugeben, seine ersehnte und erhoffte Aufgabe wird erfüllen und meine Onkel flugs zu unserem Gute mag führen, an der Spitze einer Karawane von Elefanten, mächtige Tiere mit messerscharfen elfenbeinenen Stoßzähnen, von denen sie hinabgleiten, bereit zum Kampfe, auf mich zukommen und sagen: «Zeige den Mann uns, den Juden, der deinen Vater gemordet und sein Lager entweiht», und mit leichtem Kopfnicken weise mit dem Kinn ich nach dem guten Engel, der zu jener Stunde just die unglücklichen Pachtbauern kujoniert, und sage ihnen: «Dieser ist es, und wisset, indem ihr ihn tötet, werdet abwenden ihr großes Unglück, das schon bald über unser Volk gekommen, denn wenn die Juden den unverzagten, gerechten Kampf der Araber sehen, werden sie nicht wagen, in unser Land zu kommenund uns von unseren Besitzungen zu vertreiben», und meine Cousins lächeln edelherzig und still und ziehen ihre langen und gewaltigen Schwerter, doch der gute Engel schaut mit unschuldigem Lächeln auf sie wie einer, der nicht gewahrt, wie groß seine Not, und nur seine Augen weiten in stillem Entsetzen sich, als das Schwert gegen seinen Hals geschwungen und im nächsten Moment sein abgeschlagenes Haupt über das frische und erquickende Gras des Gutes der Rajanis rollt, und niemand außer mir wird je wissen, dass mit einem einzigen Akt der Rache wir Tausende und Zehntausende unserer arabischen Brüder gerettet, da eines nicht zum Nächsten führen und das Verderben der Araber niemals sich wird ereignen, da stattdessen ruhig und sorglos im Schatten der Kaktusfeigen und Olivenbäume wir leben werden, unser Land ungestört bestellen, den Honig schleudern und den Nektar trinken und unsere Schober mit Korn füllen bis zur letzten aller Generationen und bis zum Ende aller Tage.

26. Januar 1896, Café Armon
(wenige Stunden später)
    Ich empfahl ins Kaffeehaus Armon mich, nach dem Ochs Ausschau zu halten, vielleicht würde er ein wenig Trost und Zerstreuung über mein wehes Herz bringen.
    Zu der Stunde, da ich dort ihn fand, war er gerade dabei, eine französische Christenfrau zu bezirzen, die auf Wallfahrt zur Grabstätte ihres Erlösers, und bot aus seinem Repertoire ihr drei gereimte Epen feil, die in ihre Sprache er übersetzt, und sie schaute mit Kalbsaugen ihn an, ihre sinnlichen Lippen ein wenig geschürzt, und der Geruch ihres Parfums hing in der Luft.
    Ich schwöre, noch immer bin ich nicht hinter das Geheimnis gekommen, was die Weibspersonen an dem Wilden Ochs anzieht, denn weder Schönheit noch Glanz sind zu eigen ihm, weder Reichtum noch Ruhm, nur sein langer Körper, ein ungepflegter Bart und die törichten Gedichte, die wie nebenbei und ohne viel Nachdenkens er verfasst. Vielleicht lassen von seinem Künstlerhabitus sie sich bezirzen, da allgemein und weithin bekannt, dass ein jeder, der an Poesie, Geschichten, Malerei oder Tanz sich delektiert, auch der schönen Frauen viele angelt. Deren Begierde wandelt auf derart

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