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Das Haus der Rajanis

Das Haus der Rajanis

Titel: Das Haus der Rajanis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alon Hilu
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vertreiben, in enge und übelriechende Lager, hastig und notdürftig erbaut, auf dass ihr im Exil wohnen möget auf immer und ewig, denn von diesem Markt hier und dem Blumenmarkt und der Straße der Geldwechsler und der Gasse der Silberschmiede, von alldem wird nichts bleiben außer verlassenen Häusern, in den Fels gehauen, verdorrten Gärten und versiegten Quellen.» Meine Kehle brannte vor Erregung, meine Venen pochten, und nach und nach scharte eine neugierige Menge sich um mich, da auf den Stadtrand ich wies, nach Norden hin, wo unsere hübschen Dörfer gelegen, unsere Plantagen und wundervollen Meeresgestade, und sagte ihnen: «Dort! Dort werden ihre Stadt sie erbauen und vertreiben uns, bis nicht ein Araber mehr unter ihnen ist», und die Schaulustigen und jene, die Maulaffen feilboten, hielten irrig für einen Gaukler und Spaßmacher mich und lachten über die machtvollen Worte, die aus meinem tiefsten Inneren kamen, und einige unter ihnen schalten mich auch und sagten: «Wiederhole die absonderlichen Worte, die soeben du gesagt: Die Juden werden aus unseren Häusern uns vertreiben? Das sind nichts anderes als Müßiggänger, die an unsere Türen klopfen und Almosen erbetteln», doch ich beschrieb ihnen all die Visionen, die ich gesehen, darunter jene von den Feuervögeln der Juden, die am Himmel kreisen und auf die Städte der Araber Schwarzpulvergranaten werfen, worauf alle in Gelächter ausbrachen. «Dieses nichtsnutzige Volkwird die Vögel des Himmels zähmen?» Und ich sagte ihnen: «Ja, ja und nochmals ja, es wird kein Tag vergehen, an dem unsere Kinder sie nicht töten und unsere Brunnen nicht vergiften, und ein jeder, der einen Araber tötet, ist ein erhabener Held in ihren Augen.» Nun begannen die Marktleute mir zu grollen, denn meine überschäumenden, flammenden Worte weckten Furcht und Ärger bei den Käufern, und einige unter ihnen riefen mir zu: «So denn diese große Welle von Juden kommt, uns von hier zu vertreiben, von wo sollen sie kommen? In Jaffa gibt es nicht mehr als eine Handvoll Juden, und jeden Tag fliehen mehr von ihnen zu fernen Gestaden, solange noch Leben in ihnen.» Und ich erwiderte ihnen: «Sie werden zu Tausenden und Abertausenden aus den Ländern herbeiströmen, in denen sie heute verstreut, und noch viele mehr werden kommen, wenn die Völker Europas sich erhoben, sie abzuschlachten und zu vertreiben, denn dann werden sie kommen, uns abzuschlachten und zu vertreiben.»
    Nun rief die versammelte Menge: «Genug! Geh nach Hause, Junge, wir sind leid deinen Sermon», indes, ich blieb stehen dort und fuhr fort, die Schlafenden aus ihrem Schlummer zu erwecken, und sagte ihnen: «Ein Jude ist in unser Haus gekommen, hat getötet meinen Vater und gelegen bei meiner Mutter. Und nun hat drei seiner Kameraden er herbeigeschafft, zu wohnen in unserem Haus, und was er mir getan hat, werden die anderen Juden euch tun, eure Häuser werden nicht länger die eurigen sein, euere Böden nicht länger eurer harren, denn das Land wird ausspeien sein Erbrochenes und euch in weite Ferne verdammen», und eine Frau von jähzornigem Temperamente griff eine Tomate von einem der Stände sich und schleuderte sie mir ins Gesicht, worauf auch die anderen nach allem griffen, was zur Hand, und mich mit alldem Guten bewarfen, was die Böden Jaffas hervorgebracht, doch wie vom Wahnsinn gepackt sprach unbeirrtich weiter: «Euer Land wird nicht mehr das eurige sein! Wachet auf und erhebt euch! Trefft Vorsorge! Vertreibt die Wölfe, Schakale und Hyänen, ehe sie euch und eure Kadaver zerfleischen! Erhebt euch und vernichtet eure verderbten Feinde!» Doch die Wut der Menge wuchs nur immer weiter, einen Moment noch, und sie würden kleine Steine auf mich niederprasseln lassen, würden mit Fäusten und Stöcken mich prügeln, die Zähne mir einschlagen und die Gelenke verrenken, da gute Ratgeber sie nicht lieben, bis ein Zigeunerjunge mir eine kleine Höhle wies, ich ihm nachkroch und alsbald auf mein Fahrrad mich schwang, das am Eingang zum Markte ich zurückgelassen, und zerschlagen, verwundet und blutend von dort wegfuhr, den ganzen Weg nach Hause, wo von einer verschlossenen Türe zur nächsten ich irrte, an ihre widerhallenden Schlösser schlug, doch niemand kam, mir aufzutun.

26. Januar 1896, auf dem Gute der Rajanis
(einige Stunden später)
    An meinem Herzen tut die Paranoia sich gütlich wegen der Dinge, die auf dem Schreibtisch des Jungen ich gefunden, besagter Brief, den heimlich er verfasst, welchen

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