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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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mein geschiedener Mann Vater geworden ist! Weil ihm nun eine andere Frau gegeben hat, was ich ihm nicht geben konnte! «
    »Hör doch endlich auf, dich deswegen von morgens bis abends zu steinigen! Du mußt endlich damit abschließen! Du mußt ! Du wirst sonst noch irgendwann verrückt darüber!«
    »Ich brauche Hilfe, Peter! Wenn du...«
    »Ich kann dir das nicht sein, was du suchst. Es tut mir leid.«
    »Warum kannst du es nicht sein?«
    »Weil...« Er schien hilflos, ratlos. »Vielleicht einfach, weil es der falsche Zeitpunkt ist.«
    »Weil Krieg ist?«
    «Krieg? Das ist das Inferno, was da draußen tobt! Victoria, du hast überhaupt keine Ahnung, wie wenig ihr hier mitbekommt. Du weißt nichts, gar nichts! Du jammerst darüber, daß das Benzin rationiert ist und du nicht mehr überallhin fahren kannst, und daß es jeden Mittag Lammfleisch gibt, weil man anderes Fleisch nicht mehr bekommt, und daß überhaupt alles irgendwie schwieriger geworden ist — und daraus setzt sich dein Bild vom Krieg zusammen. Dazwischen ein paar abstrakte Meldungen aus dem Radio über gefallene Soldaten und versenkte Schiffe. Aber was das alles wirklich bedeutet, ist dir nicht klar.«
    »Und was willst du damit sagen?«
    »Ich will damit sagen, daß ich zumindest im Moment gar nicht darüber nachdenken kann, ob ich mit einer Frau eine Beziehung eingehe. Ich bin nicht frei dafür. Es gehen mir ganz andere Sachen im Kopf herum.«
    Ich sollte verschwinden, dachte Frances unbehaglich, das alles ist ganz eindeutig nicht für meine Ohren bestimmt.
    Es vergingen ein paar Sekunden, dann sagte Victoria sehr weich: »Vergiß es doch. Nur für eine Weile. Vergiß den Krieg und alles Schreckliche. Vergiß, daß du Deutscher bist und ich eine Engländerin. Gib uns doch einfach ein bißchen Zeit. Ein bißchen Leben.«
    »Ich habe keine Zeit. Victoria, ich habe es Frances bereits gesagt: Ich werde Westhill morgen verlassen.«
    »Was ? «
    »Ich versuche, mich nach Hause durchzuschlagen. Irgendwie wird es schon gehen.«
    Wiederum Schweigen.
    »Das ist Wahnsinn«, sagte Victoria schließlich, und zum erstenmal, seitdem sie da draußen stand und lauschte, war Frances mit ihrer Schwester einer Meinung.
    Rede es ihm aus, Victoria, bat sie unhörbar.
    »Wahnsinn oder nicht, ich muß es versuchen. Ich kann einfach nicht länger hier sitzen und die Hände in den Schoß legen. Ich zögere schon viel zu lange.«
    »Du wirst es nicht schaffen. Du wirst sterben!«
    »Es ist nicht so, daß ich überhaupt keine Chance hätte. Und es ist besser für mich, diese Chance, so klein sie sein mag, zu nutzen, als langsam jede Selbstachtung zu verlieren. Vielleicht verstehst du mich ja ein bißchen.«
    »Ich verstehe nicht, wie man sich ins offene Messer stürzen kann.«
    »Es tut mir leid, Victoria. Aber ich werde meinen Entschluß nicht ändern.«
    »Warum bedeute ich dir so wenig? Gibt es eine andere Frau in Deutschland? «
    Er seufzte. »Es gibt zwei Frauen. Meine Mutter und meine Schwester. Im Augenblick sind das die einzigen, die mich interessieren.«
    »Aber... das kann nicht sein! Deine Mutter und deine Schwester? Du bist doch ein Mann ! Deine Mutter und deine Schwester können dir nicht geben, was ich dir geben kann. Warum willst du es nicht? Bin ich so wenig wert in deinen Augen? Ich ...«
    »Victoria ...«
    »Du findest, ich bin eine richtige Bäuerin, ja? Ich verstehe das. Dir muß das furchtbar vorkommen hier. Nur Schafe und Pferde und Einsamkeit... aber ich hasse es auch, glaub mir. Ich bin nicht so, wie du denkst. Ich habe ja auch gar nicht immer nur hier gelebt. John und ich wohnten in einem wunderschönen Haus in London. Damals, als er Abgeordneter im Unterhaus war. Wir veranstalteten Dinnerpartys und ab und zu Bälle. Der Premierminister ging bei uns aus und ein. Die wichtigsten Persönlichkeiten des politischen Lebens waren meine Gäste. Ich ...«
    »Victoria! Warum erzählst du mir das alles? Was, glaubst du, mußt du mir beweisen? Daß du eine interessante, weltgewandte Frau bist? Das weiß ich auch so. Ich halte wahrscheinlich viel mehr von dir als du selbst. Und ich habe dich nie als Bäuerin gesehen. Ich finde diese Ecke Englands hier wunderschön. Sie kommt mir vor wie eine friedliche Insel in einem sturmgepeitschten Ozean. Ich denke nur, du kannst dir von hier aus kaum vorstellen, wie furchtbar dieser Krieg tatsächlich ist. Und deshalb ist es wohl schwierig für dich zu verstehen, weshalb ich zurück will.«
    Victoria erwiderte nichts. In das

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