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Das Haus Der Schwestern

Das Haus Der Schwestern

Titel: Das Haus Der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Link
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Schweigen erklangen Vogelgezwitscher und das Blöken einiger Lämmer, die auf einer Weide jenseits des Gartens grasten. Frances überlegte gerade, ob sie sich durch ein Husten bemerkbar machen und so tun sollte, als sei sie gerade erst vom Haus herübergekommen, da tat Victoria den nächsten Schritt.
    »Möchtest du mich lieben? Jetzt?«
    Es klang, als bettle ein Kind. Frances konnte förmlich vor sich sehen, wie sich Peters Miene gequält verzog.
    »Victoria, was soll das? Wozu?«
    »Ich brauche es. O Gott, Peter, ich brauche es! Ich brauche es, daß ein Mann mich berührt. Mich begehrt. Ich ...« Sie brach in Tränen aus. »Ich fühle mich so wertlos«, schluchzte sie, »so erniedrigt. Sie hat ein Baby bekommen! Sie hat meinen Mann bekommen. Oh, Peter, bitte, ich will mich nur einmal wieder als Frau fühlen! Gib mir doch dieses Gefühl zurück... jung zu sein und schön...«
    »Es hat keinen Sinn.«
    »Ich habe es nur wegen dir ertragen, Peter. Diese furchtbaren Monate, seitdem sie geheiratet haben, seit ich weiß, daß sie schwanger ist... Du warst da, du hast mich angesehen ... Und ich habe mich nicht mehr so klein gefühlt. So schwach. So gescheitert.«
    Ob er sie in die Arme nimmt? fragte sich Frances.
    »Victoria, ich bin es doch nicht, der dir einen Wert verleiht!« Er klang sanft und beruhigend, wie ein Vater oder ein großer Bruder. »Wie konnte er dich denn so verletzen? Niemand kann dir deinen Wert nehmen, niemand kann dich demütigen. Rede dir das nicht ein.«
    »Ich will dich, Peter. Jetzt. Hier. Auf dem Fußboden dieses elenden Schuppens. Komm!« Sie wurde atemlos, heiser. »Zieh dich aus! Faß mich an. Hier! Spürst du, wie...«
    »Nein!« Zum ersten Mal schien er wirklich wütend. »Nein, Victoria! Hör damit auf! Was du jetzt tust, erniedrigt dich wirklich. Du hast es nicht nötig, einen Mann anzuflehen, daß er mit dir schläft, also tu es auch nicht! «
    »Peter...«
    »Nein! Ich will es nicht!«
    Victorias Stimme, gerade noch tränenschwer, aber zugleich lockend und verführerisch, änderte sich jäh. Sie wurde schrill und gewöhnlich wie die eines Marktweibs.
    »Oh, verdammt, Peter, was bist du für ein Schwein!« schrie sie. »Was bist du für ein mieser, kleiner, deutscher Schuft! Du machst einer Frau schöne Augen, und wenn du sie soweit hast, daß sie Gefühle für dich zeigt, dann gefällt es dir, sie zurückzuweisen! Du kommst dir gut vor dabei, wie? Wie ein richtig toller Kerl, dem alle Frauen nachlaufen! Wie armselig bist du doch, das zu brauchen! Ich hasse dich für immer, für den Rest meines Lebens!«
    Ihre Stimme hatte sich überschlagen bei den letzten Worten. Gleich darauf stürmte sie aus dem Schuppen, tränenüberströmt, kalkweiß. Sie prallte fast mit Frances zusammen, die so rasch nicht hatte das Weite suchen können.
    »Was tust du hier?« schrie sie. »Warum, zum Teufel, stehst du hier herum?«
    »Das Essen ist gleich fertig«, sagte Frances.
    Peter kam aus dem Schuppen. Er sah ebenfalls blaß aus und wirkte erschöpft.
    Victoria fuhr herum wie eine gereizte Katze. Sie deutete auf Peter. »Er wollte mich vergewaltigen! Hier im Schuppen, gerade eben! Fast wäre es ihm geglückt. Ich konnte gerade noch entkommen! «
    Peter sagte nichts.
    »Ich habe leider einiges mitbekommen, Victoria«, sagte Frances, »deshalb erspare uns deine Lügengeschichten.«
    »Aber es ist wahr, was ich sage!«
    Peter ging wortlos an ihnen beiden vorbei und verschwand im Haus.
    »Willst du ihn nicht zur Rechenschaft ziehen?« schrie Victoria ihre Schwester an. »Läßt du ihn ungestraft damit durchkommen?«
    »Ich spiele dein Spiel nicht mit, Victoria. Tut mir leid, wenn ich zuviel gehört habe. Ich wünschte, ich hätte dieses unwürdige Theater nicht miterleben müssen. Du hast dich unmöglich benommen. Ich habe noch nie eine Frau gekannt, die so wenig Stolz und Würde hatte. Wie konntest du dich nur so vergessen?«
    Victoria kreischte auf und wollte alle zehn Fingernägel in Frances’ Gesicht schlagen. Sie war wie von Sinnen — gedemütigt bis aufs Blut, gereizt wie ein angeschossenes Tier. Frances gelang es im letzten Moment, Victorias Handgelenke zu packen und ihre Arme zurückzuzwingen.
    »Du hast wohl den Verstand verloren«, keuchte sie, »komm endlich zur Vernunft!«
    Sie rangen miteinander — wie Schulkinder, dachte Frances fassungslos, dabei waren sie zwei Frauen um die Fünfzig!
    Sie kam sich so lächerlich vor, daß sie Victoria am liebsten losgelassen hätte, aber ihr war nicht klar,

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