Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
versteckt im Herzen von Londons Geschäftsviertel lag. Der nächtliche Himmel war voller Sterne, eine silbrige Mondsichel war zu sehen, und kalte Windböen fegten durch leere Straßen. Kein Verkehr, nicht eine Seele war irgendwo zu sehen. Bernsteinfarbenes Licht fiel von den Straßenlampen auf JC, Happy und Melody, als sie sich widerwillig vor den hell erleuchteten Fenstern des Chimera House aneinanderdrückten. Zwei Männer, eine Frau und ein unsichtbarer Geist. Und alle fühlten sich ausgesprochen ungerecht behandelt.
»Das ist nicht fair«, sagte Happy bitter. »Uns wird zwischen den Aufträgen eine anständige Erholungszeit garantiert! Die können uns doch nicht einfach so wieder ins kalte Wasser werfen, nur weil wir gerade greifbar sind! Dieser ganze Stress kostet mich Jahre meines Lebens. Auch wenn ich gut damit aussehe!«
»Machen wir mal eine Pause für hohles Gelächter«, sagte Melody. »Was machen wir hier, JC? Mir ist kalt, ich hab Hunger, und ich will ins Bett. Wenn ich nicht bald eine anständige Erfrischung und reichlich Schlaf kriege, dann wird jemand dafür bezahlen – und das werde verdammt noch mal ganz sicher nicht ich sein.«
»Ihr wart doch alle dabei, als ich den Anruf gekriegt habe«, sagte JC geduldig. »Das heißt, ihr wisst so viel wie ich. Die Chefin wollte, dass wir herkommen, also sind wir hier.«
»Fünf Stunden im Zug und welche Begrüßung kriegen wir dann am Bahnhof in Paddington?«, fragte Melody. »Ein großes Bündel Blumen, eine Schachtel Pralinen und ein herzliches ›Dankeschön‹? Ein Flugticket an einen dekadenten Ferienort? Nein, wir dürfen gleich weitermachen. Ich könnte kotzen.«
»Bitte nicht«, unterbrach Happy. »Das sieht nicht gerade hübsch aus.«
»Ihr werdet bemerken, dass unsere geliebte, überaus respektierte und noch mehr gefürchtete göttliche Bossheit durch ihre Abwesenheit verdächtig ist. Was vermuten lässt, dass, um wen auch immer wir uns kümmern sollen, nicht sonderlich wichtig sein kann. Sonst wäre sie hier und würde unsere Ohren langziehen, bis wir kapieren, worum es geht. Wie auch immer, wenn man bedenkt, wie unüblich es ist, dass wir direkt zu einem Spuk geschickt werden, ohne sogar zu einem Briefing gebeten zu werden … Das lässt annehmen, dass das, was auch immer hier passiert, nicht nur wirklich übel ist, sondern auch erst vor ganz Kurzem geschah.«
»Ich liebe es, ihn reden zu hören«, meinte Melody. »Liebt ihr das nicht? Er kann so gut mit Worten umgehen! Hört mal, können wir nicht reingehen? Es ist verdammt kalt hier draußen. Ich frier mir schon die Titten ab!«
JC sah zu ihr hin. »Willst du wirklich einfach da reingehen? In eine unbekannte Situation, mit unbekannten Gefahren?«
»Ja! Mir ist kalt!«
»Was genau hat dir die Chefin denn gesagt?«, fragte Happy und wechselte so taktvoll das Thema.
»Sie hat mir gesagt, wie man herkommt, und gefordert abzuwarten, bis sie weitere Anweisungen gibt«, erwiderte JC. »Dann legte sie auf, bevor ich sie zum Teufel schicken konnte.«
Melody schnaubte laut. »Du glaubst doch nicht ernsthaft, dass sie persönlich auftaucht, oder? Zu dieser unchristlichen Stunde? Viel wahrscheinlicher scheucht sie einen unglücklichen Sündenbock auf, den sie herschickt, damit wir ihn anschreien und nicht sie. Hallo! Seht mal diesen teuren Schlitten da!«
Alle wandten sich der riesigen silbernen Stretchlimousine zu, die gerade die leere Straße herunterglitt. Sie kam mit einem Schnurren des Motors direkt vor ihnen zum Stehen. Ein uniformierter Chauffeur samt Schirmmütze und einem überheblichen Gesichtsausdruck sprang hinter dem Lenkrad hervor und eilte los, um die Hintertür zu öffnen.
Robert Patterson stieg aus. Groß, schwarz und teuer gekleidet in den besten Dreiteiler, den die Saville Row zu bieten hatte. Ein rasierter Kopf, edel geschwungene Augenbrauen und ein gut aussehendes Gesicht, elegant und würdevoll. Robert Patterson war das öffentliche Gesicht des Carnacki-Instituts bei den wenigen Gelegenheiten, die eine Interaktion mit anderen Teilen des Establishments erforderten. Ein Produkt von Eton und Cambridge, Ex-Guard und Ex-Beamter im öffentlichen Dienst, ließ Patterson sich normalerweise nicht herab, einfache Agenten in ihre Mission einzuweisen. Und noch dazu direkt vor Ort – er hatte immer wichtigen Papierkram zu erledigen.
JC sah Patterson nachdenklich an, als der Mann sich still vor sie stellte und sie ignorierte, während er sorgfältig seine makellos weißen Manschetten
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