Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
oder später muss man jemandem das Zeug in die Venen pumpen und dann den Sicherheitsabstand wahren. Haben Sie eine Ahnung, was die VU da getestet hat?«
»Nein«, sagte Patterson. »Der VU-Sprecher hat uns nur gesagt, was wir seiner Meinung nach wissen sollten. Gegenwärtig versteckt er sich hinter dem Wort ›Firmeninterna‹. Die Chefin stellt gerade genug Autorität und Einfluss zusammen, um die Tür einzutreten, aber das wird einige Zeit dauern. Sie sollten die entsprechenden Daten in den Computern im Inneren des Gebäudes finden. Natürlich können Sie überall nachsehen und, wenn Sie es für nötig befinden, auch die größtmögliche Unordnung anrichten. Sie sind autorisiert, sich wie totale Vandalen zu benehmen und alles zu tun, was Sie für nötig erachten. Das war’s.«
»Das war’s?«, fragte Happy. »Was, wenn wir nicht rausfinden, was los ist? Was, wenn wir alle da drin getötet werden?«
»Dann lassen Sie sich nicht umbringen«, entgegnete Patterson kurz. Er wandte sich um und schritt zu seiner silbernen Limousine zurück, die in der Dunkelheit stromlinienförmig wie ein teurer Geist schimmerte. Der wartende Chauffeur öffnete ihm die Tür, Patterson verschwand, und innerhalb von Sekunden war das Auto davongeglitten. Kim tauchte aus den Schatten auf, um ihm eine vulgäre Geste hinterherzuschicken.
»Was für ein abscheulicher Kerl«, sagte sie.
»Sei fair«, sagte JC. »Ich kann mir keinen vorstellen, der unseren Feinden besser gewachsen wäre. Dieser Mann könnte jeden zu Tode ärgern.«
Nun wandten sich alle wieder um, um sich das Chimera House anzusehen. Es blickte ruhig zurück; eine große, imponierende Struktur aus Stahl, Glas und Beton. Ein Gebäude von fast unfassbarer Hässlichkeit, mit all den ästhetischen Vorzügen einer toten Ratte. Es passte in eine Gegend, in der die Einheit von Form und Funktion so ziemlich alles andere ersetzt hatte. Aus jedem Fenster schien Licht, aber es gab keine Anzeichen, dass irgendjemand da war.
»Seht ihr, ob sich da drin irgendetwas bewegt?«, fragte Happy. »Ich kann nicht sehen, dass sich da jemand bewegt. Wo sind die alle?«
»Wenn sie Arzneimittel testen, dann sollten rund um die Uhr Leute Dienst haben«, sagte Melody. »Mal abgesehen von den Versuchsobjekten sollte es Ärzte und Schwestern geben, Wissenschaftler, Laboranten, Sicherheitsleute – die können nicht alle tot sein. Oder?«
»Kim«, fragte JC. »Was siehst du?«
»Nichts«, erwiderte Kim. »Es ist, als stünde das ganze Gebäude im Schatten. Wie ein dunkler Vorhang, um jemanden oder etwas dahinter zu verstecken. Was siehst du, JC?«
»Nur ein Haus«, antwortete der. Er wandte sich zu Happy. »Schnappst du irgendetwas auf, oh Meister der mentalen Mirakel?«
Happy zuckte unglücklich mit den Achseln. »Nur ein Gefühl. Das, was wir sehen, ist eine Illusion. Eine Fassade. Das Lächeln auf dem Gesicht des Tigers.«
Sie warteten ab, aber mehr hatte er nicht zu sagen. Er zitterte, aber nicht nur aufgrund der Kälte. Die Stille der leeren Straßen und das hell erleuchtete Gebäude vor ihnen schienen plötzlich viel gefährlicher und voller Geheimnisse zu sein.
»Halt deine Schilde aufrecht, Happy«, sagte JC schließlich. »Schütz dich da drin, bis wir eine Idee haben, was da vor sich geht.«
»Warum bist du auf einmal so nett zu mir?«, fragte Happy misstrauisch. »Das sieht dir gar nicht ähnlich. Es ist eine Verbesserung, aber es sieht dir nicht ähnlich.«
»Ohne Melodys Hightech-Kram bist du das einzige Ass im Ärmel«, erklärte JC ruhig. »Unser Frühwarnsystem und vielleicht unsere einzige Waffe.«
»Dann sitzen wir so richtig in der Scheiße«, meinte Happy. »Lasst uns nach Hause gehen und der Chefin sagen, dass wir das Gebäude nicht gefunden haben.«
»Nimm dich zusammen«, entgegnete JC. »Sei ein braver Fußsoldat, und ich mach dir Spaghetti mit meiner Spezial-Bolognese danach.«
»Ich vermisse das Essen«, sagte Kim wehmütig. »Ich kann den Geruch noch genießen, aber alles, was ich mir in den Mund stecke, fällt einfach durch.«
»Na, da haben wir ja ein mentales Bild, das ich nicht erwartet hätte«, warf Melody ein.
»Das führen wir nicht weiter aus«, sagte JC entschieden.
Melody schnitt dem hell erleuchteten Gebäude vor ihr eine Grimasse. »Keine Technik, keine anständige Einsatzbesprechung – ich hasse es, blind in solche Situationen reinzugehen.«
»Das ist doch das Beste«, sagte JC fröhlich. »Keine Vorsätze, die einem im Weg stehen könnten.
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