Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
Also los, Kinder, lasst uns die Lobby erobern.«
Er trat vor und huschte die Steinstufen zur Eingangstür hinauf. Sie bestand hauptsächlich aus Glas. Die anderen kamen schnell hinter ihm her. JC ging direkt darauf zu und drückte seine Nase gegen das Glas. Seine Sonnenbrille machte ein lautes, klickendes Geräusch dabei. Er spähte hoffnungsvoll in der ganzen Lobby umher. Sie war voll und ganz zu sehen, das Licht fiel ungehindert durch die Glasfenster. Und sie war vollständig leer. Kein Anzeichen für Menschen, kein Anzeichen für Ärger oder Zerstörung. Die Halle sah wie eine Bühnenkulisse aus, die darauf wartete, dass die Schauspieler hineingingen und mit dem Stück begannen.
»Ich sehe niemanden«, erklärte JC und richtete sich mit einem hörbaren Knacken seiner Wirbelsäule wieder auf. »Nicht einmal am Empfang. Ich dachte immer, die seien verpflichtet, mit dem Schiff unterzugehen und bis zuletzt am Telefon zu bleiben. Ich sehe Möbel und sonstige Ausstattung, bequeme Stühle und Topfpflanzen, alles wie es sein sollte. Aber …«
»Wo sind die Leichen?«, fragte Melody und schob sich neben ihn. »Die Polizei und die Leute von der Nationalen Sicherheit?«
»Warum bist du scharf drauf, die tot zu sehen?«, fragte JC zurück. »Bis wir das beweisen, gelten die erst einmal als vermisst.«
»Sie sind tot«, sagte Happy. Da war etwas in seiner Stimme, das jeden veranlasste, sich zu ihm umzudrehen.
JC betrachtete ihn nachdenklich. »Ist das ein Gefühl, oder weißt du etwas, das du uns wirklich sagen solltest?«
»Ich kann den Tod in diesem Gebäude spüren«, sagte Happy. »Wie ein Leichentuch, das über allem hängt. Und besonders in dieser Lobby. Tod, der erst kürzlich auftrat. Tod, der plötzlich kam. Ich glaube nicht, dass sie wussten, was sie traf, bis es zu spät war.«
»Wer hat sie getötet?«, fragte JC. »Oder war es ein Etwas?«
»Ich kann es nicht benennen«, erwiderte Happy. »Es ist nicht wie etwas, das ich je gesehen oder gefühlt habe. Und ich bin rumgekommen!«
JC sah zu Kim. »Spürst du auch etwas in der Art?«
»Nein, nicht das Geringste. Und das ist … falsch. Wenn Menschen hier gestorben sind, dann sollte ich in der Lage sein, etwas zu sehen. Die Welt ist voller Geister und Mitreisender, voller Bilder, die kommen und gehen. Ich sehe alle Wesen, mit denen wir die Welt teilen. Das bringt das Gespenstsein so mit sich. Es gibt Wesenheiten hier auf der Straße, direkt bei uns, die ihre Aufmerksamkeit ganz auf das Gebäude gerichtet haben. Aber wenn ich in die Lobby sehe, dann ist da nichts. Ich kann also nur annehmen, dass jemand das, was passiert ist, vor mir versteckt. Und das heißt, ich gehe da zuerst rein.«
Sie lächelte JC süß an und trat durch die geschlossene Tür, bevor er etwas sagen konnte, um sie aufzuhalten. Sie glitt durch das Glas, als sei es nicht da, – und für sie war es das wahrscheinlich auch nicht. Sie schlenderte in die Lobby und sah sich schnell um. JC spannte sich an, seine Hände flach gegen die Glastür gepresst beobachtete er aufmerksam jede ihrer Bewegungen. Aber nichts geschah. Kim ging die Lobby auf und ab, ihre Füße hingen nur Zentimeter über dem üppigen Marmorboden. Interessiert betrachtete sie alles, bis sie sich schließlich JC und den anderen zuwandte und hilflos mit den Achseln zuckte.
»Das war’s«, sagte JC. »Wir gehen rein.«
Aber als er die Türklinke niederdrücken wollte, bewegte sie sich nicht. Jemand hatte die Tür von innen verschlossen. JC fluchte laut und rüttelte mit aller Kraft daran, als ob das einen Unterschied gemacht hätte. Er runzelte die Stirn, trat einen Schritt zurück und trat düster gegen die Scheibe.
»Typisch Patterson. Er hätte uns wenigstens ein Schlüsselset dalassen können.«
Melody schob ihn mit der Schulter beiseite und zertrat das Glas mit einem einzigen, wilden Karatekick. Sie sah JC spöttisch an.
»Schlüssel sind was für Fußföner.«
JC schob sich an ihr vorbei, trat vorsichtig durch den Türrahmen in die Lobby hinein. »Hallo, ihr lieben Geister! Wo versteckt ihr euch?«
»Ich hasse es, wenn er das tut«, grummelte Melody und folgte ihm. Happy nickte düster.
Die Geisterjäger trafen sich in der Mitte der Lobby und sahen sich um. Alles war still und ruhig, aber auf eine nicht gute Weise. An der Stille war etwas verkehrt. Es war die Stille der Erwartung, dass etwas Schlimmes geschehen würde. Als ob ein unaussprechliches Monster sich bereit machte, sie aus einem Versteck heraus
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