Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
glaubten, es wäre immer so. In einer Welt voller Menschen haben wir einander gefunden. Wie bemerkenswert ist das? Ich wünschte nur, es wäre geschehen, solange ich noch lebte. Dass ich nicht hätte sterben müssen, um die Liebe zu finden.«
»Ich auch«, sagte JC. Er legte seine Arme vorsichtig um sie, ohne sie ganz zu berühren. Es war schwierig, denn er konnte sie nicht fühlen, aber er tat sein Bestes. Sie legte die Arme um seine Taille, ohne ihn zu berühren, und schmiegte ihren Kopf beinahe an seine Schulter, sodass ihre Gesichter direkt nebeneinanderlagen. Da war kaum Platz, der sie voneinander trennte, aber es hätte genauso gut die Unendlichkeit sein können. Ihre Lippen waren nah beieinander, aber sie spürten nicht einmal des anderen Atem. Denn nur JC atmete. Es war voller Gefühl, und es war befremdend, aber es war das Beste, was sie tun konnten, und so standen sie eine Weile nur da.
»Bist du sicher, dass du nichts fühlst?«, fragte Kim schließlich.
»Nicht einmal einen geisterhaften Schauder.«
»Früher oder später wirst du jemanden wollen, den du berühren kannst«, sagte Kim. »Eine Frau, die dich festhalten und liebkosen kann.«
»Ich will dich«, antwortete JC. »Du bist alles, was ich je wollte, selbst als ich noch nicht wusste, dass du existierst. Ich liebe dich, Kim.«
»Und ich liebe dich. Oh, JC, das ist manchmal wirklich grausam!«
»Hey, wenn das grausam wäre, dann hätten wir uns nicht gefunden!«
»Ja, da hast du recht.«
»Hat es nicht auch Vorteile, ein Geist zu sein?«, fragte JC. »Ich meine, es gibt Dinge, die du kannst und ich nicht.«
»Naja.« Kim überlegte kurz. »Manchmal, wenn du schläfst und es noch lange dauert, bis der Morgen kommt, dann fliege ich über London hinweg. Ich lasse die Schwerkraft hinter mir und falle aufwärts, in den nächtlichen Himmel, und rase über die Dächer hinweg. Dann sehe ich die hellen Lichter unter mir wie ein langsames Feuerrad, sehe den leuchtenden Verkehr wie Spielzeug unter mir. Und manchmal fliege ich hinauf in die Sterne und sehe auf die Erde, dieses zerbrechlichste und kostbarste Spielzeug von allen, herab.«
»Siehst du?«, sagte JC. »Das kann ich nicht.«
***
Im dritten Zimmer hatte Melody endlich etwas Nützliches gefunden. Happy trat neben sie, sodass er über ihre Schulter sehen konnte, wie hochgeheime Dateien auf dem Bildschirm auftauchten und wieder verschwanden, hervorgezaubert von Melodys Fingern, die auf der Tastatur hin und her tanzten. Alles sah sehr wissenschaftlich aus.
»Okay«, sagte Happy nach einer Weile. »Du hast diesen überheblichen und triumphierenden Gesichtsausdruck, also was verpasse ich da? Was hast du gefunden?«
»LD50«, antwortete Melody und lehnte sich so plötzlich in ihrem Stuhl zurück, dass sie mit ihrem Hinterkopf beinahe an Happys Gesicht stieß. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und starrte mit gerunzelter Stirn auf den Bildschirm. »Und ich fühle mich nicht überheblich oder triumphierend. Das ist nichts Gutes. LD50 ist eine Dosierung, in der dieses neue Mittel die halbe Testgruppe hätte umbringen müssen. Nichts, was man bei einem Medikament finden sollte, das man an Freiwilligen testet. Aber diese LD50-Akte steht ziemlich sicher mit dem Zarathustra-Projekt in Verbindung. Es scheint die Frage aufzuwerfen, was passiert, wenn die Objekte nicht sterben oder nicht sterben können? Wenn sie darauf bestanden, zu überleben, was ist dann eine tödliche Dosis?«
»Behauptest du … die Wissenschaftler hier haben diesen Leuten absichtlich eine so starke Droge gegeben, dass sie erwarteten, die Hälfte von ihnen stürbe?«, fragte Happy. »Haben sie wirklich geglaubt, sie kommen damit durch?«
»Du hörst nicht zu«, erwiderte Melody. »Ja, unter normalen Umständen hätte die Hälfte der Empfänger sterben sollen. Aber was die Forscher wirklich erwarteten, war, dass diese neue Droge sie am Leben erhielt. Und zwar, indem sie die Probanden so veränderten, dass sie etwas überlebten, das normale Leute ganz sicher getötet hätte. LD50 war der letzte Test, der Beweis, dass sie wirklich erreicht hatten, was sie hatten erreichen wollen. Ich glaube, wer auch immer für dieses Projekt verantwortlich war, ließ sich nicht allzu sehr von Skrupeln behindern. Sie haben mit dem Leben der Leute gespielt!«
»Okay. Da fallen mir Begriffe wie ›illegal‹, ›unethisch‹ und ›wildgewordene wahnsinnige Wissenschaftler‹ ein«, meinte Happy. »Hat das Unternehmen, die VU, gewusst, dass sie
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