Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
wie sehr du das hasst.«
Happy schauderte im Türrahmen kurz und sagte nichts mehr. Melody machte sich wieder an die Arbeit.
***
Weiter unten im Flur sah sich JC in einem Zimmer um, das er laut zu Zimmer 14 erklärt hatte. Er hob Gegenstände auf, untersuchte sie, stellte sie wieder weg und versuchte ganz allgemein ein Gefühl für die letzte Person zu bekommen, die hier gelebt hatte. In Anbetracht der großen Anzahl zerlesener Klatschblätter war er sicher, dass der Bewohner eine Frau gewesen war, aber das sagte er nicht laut, denn er wusste, dass Kim ihm vorwerfen würde, das sei ein Vorurteil. Ansonsten gab es keine persönlichen Dinge, keine Fotos, keinen Schmuck, nicht einmal Kleider. Mussten die Testobjekte die ganze Zeit in diesen schrecklichen Krankenhaushemden herumlaufen, die hinten offenstanden? JC stand in der Mitte des Zimmers und sah sich nachdenklich um. Aber der Raum wehrte sich. Er war absichtlich nackt und charakterlos gehalten, eher einem Wartezimmer gleich denn ein Raum zum Leben.
Kim warf sich auf das Bett, das an der Wand stand, und sah JC beim Arbeiten zu. Doch sie schätzte die Entfernung nicht richtig ein und fiel halb durch das Bett, bevor sie sich wieder fing. Sie glitt schnell daraus hervor, bevor JC etwas merkte, und schaffte es mit der richtigen Konzentration, genau über den Laken zu schweben, sodass es aussah, als liege sie darauf. Kim war nicht lebendig, aber sie mochte es, so zu tun, als könne sie alltägliche Dinge tun, als sei sie ein ganz normales Mädchen. Das tat sie genauso für JC wie auch für sich selbst.
»Irgendetwas?«, fragte sie fröhlich, als sie sicher war, dass sie das richtige Bild projizierte.
»Nichts Nützliches«, antwortete JC. »Keine Spur von irgendwelchem Aufruhr oder einer Störung. Keine Anzeichen von unterbrochener Tätigkeit. Genau wie die anderen Räume. Es ist, als ob jeder einfach aufgestanden und gegangen wäre. Aber das konnten sie nicht. Denn alle Türen waren von außen verschlossen und verriegelt. Also muss jemand gekommen sein und sie alle herausgelassen und ihnen darüberhinaus noch einen guten Grund zu gehen gegeben haben. Auch wenn man sie wahrscheinlich strikt angewiesen hat, das nicht zu tun. Was wiederum impliziert, dass die Person, die sie herausgelassen hat, eine Autoritätsperson war.«
»Das ist wie bei der Mary Celeste «, überlegte Kim, um zu zeigen, dass sie am Ball blieb. »Dieses alte Schiff, das man auf See treibend gefunden hat, wo niemand mehr an Bord war und nichts auf das hinwies, was geschehen war.«
»Genau«, lächelte JC. »So in etwa.« Er sah hinüber zu Kim und lächelte nicht mehr. »Kim, du sinkst wieder ab.«
Ihre Konzentration hatte nachgelassen, während sie gesprochen hatten, und sie war beinahe unter dem Bett verschwunden. Sie fluchte kurz und sprang auf. Sie kam auf dem Boden auf und konzentrierte sich, bis ihre Füße so dicht über dem Teppich schwebten, wie es ging, ohne hineinzusinken. Dann ging sie sorgfältig zu JC, um sich vor ihn zu stellen. Sie sah ihn beinahe trotzig an.
»Es ist nicht leicht, tot zu sein, weißt du. Eigentlich ist es sogar schwere Arbeit. Um all diese kleinen Dinge, die man als selbstverständlich hingenommen hat, muss ich kämpfen. Ich schlafe oder esse nicht, und ich ruhe mich nicht aus. Ich kann nicht stehen, sitzen oder mich hinlegen. Meist schwebe ich. Aber es gibt seltsame ätherische Winde, die mich hin und her wehen, und komische Impulse, die ich nicht verstehe. Du hast keine Ahnung, wie das ist. Ich versuche doch nur, für dich normal zu sein.«
»Ich weiß«, sagte JC. »Ich weiß.« Er lächelte sie an und gab sich Mühe, auf keinen Fall aufgeregt zu wirken. Es gab nichts Sinnvolles, was er sagen konnte, also beließ er es dabei, für den Moment heiter zu wirken. »Bin ich’s denn nicht auch wert?«
»Du bist das Einzige, was die Mühen lohnenswert macht, JC«, sagte Kim mit schmerzhaftem Ernst. »Wenn ich dich nicht hätte, dann, glaube ich, würde ich einfach gehen.«
JC stellte sich so dicht neben sie, wie er konnte, und nahm die Sonnenbrille ab, sodass er ihr direkt in die Augen zu sehen vermochte. Sie war die Einzige, die seinen unnatürlichen Blick aushalten konnte. »Du weißt, ich würde dich nicht gegen deinen Willen hier festhalten. Das weißt du doch, oder? Wenn du je das Gefühl hast, es wäre für dich leichter, wenn du gehst …«
»Nein«, sagte Kim sofort. »Wir haben einander gefunden. Nachdem wir unser Leben allein gelebt haben und
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