Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
Jeder sah zuerst die Schachtel an, dann Patterson.
»Ich muss sagen, dass ich schon Dinge gegessen habe, die gefährlicher aussahen«, sagte Melody schließlich.
»Zum Teufel«, fügte Happy hinzu. »Ich habe schon interessantere Dinge ausgeschissen.«
»Typisch«, sagte Patterson. »Ich zeige euch eines der Weltwunder, und alles, was ihr dazu zu sagen habt, ist vulgär. Das ist ein Boojum. Denn es bewirkt, dass Dinge sanft und still verschwinden. Ich spreche ein Wort , und auf was auch immer ich mit der Schachtel zeige, ist nicht mehr da. Ihr werdet alle verschwinden, direkt und hier, und keiner wird je wissen, was mit euch passiert ist. Ihr werdet ein kleiner Teil des großen Geheimnisses um das Chimera House sein – wie alle Leute, die hier gearbeitet haben oder die in einer Nacht hineingingen und nie wieder gesehen wurden.«
»Hören Sie endlich mit diesem Mist auf, Patterson«, schimpfte Melody. »Ich hasse es, wenn die Leute Maschinen mit niedlichen Namen belegen. Boojum am Arsch! Da hat Lewis Carroll wirklich was angerichtet! Diese Schachtel ist nicht mehr als ein einfacher Dimensionenfrequenzausrichter. Hat einen Moment gedauert, bis ich ihn erkannt habe, so primitiv ist er. Ich habe so einen gebaut, als ich sechzehn war! Aus Einzelteilen, die ich auf der letzten Seite der Fortean Times bestellt habe!« Sie sah JC und die anderen an, denn die hatten den Blick auf sie gerichtet. »Unsere Existenz basiert auf Frequenzen, die uns sagen, zu welcher dimensionalen Ebene wir gehören. Oder vielleicht ist es auch umgekehrt. Diese Schachtel ändert die Frequenz der Leute, sodass sie aus dieser Realität in eine andere geraten.«
»Und so was hast du mit sechzehn gebaut?«, wollte Happy wissen.
»Na ja«, sagte Melody. »Ich hab ja nicht gesagt, dass es funktioniert hat. Aber die Theorie hat gestimmt.«
»Diese Schachtel ist aber immer noch ein Boojum«, unterbrach JC sie, »mit allen praktischen Absichten und dem Zweck, dass es uns alle verschwinden lassen kann. Hast du irgendein Gegengerät bei dir, Melody?«
»Wenn ich meine Ausrüstung hätte …«
»Ich werde das als ein Nein werten«, unterbrach JC. »Also seid jetzt still, Kinder, während Papa verhandelt.« Er lächelte Patterson gewinnend an. »Stellen wir noch einmal die grundsätzliche Frage nach dem ›Warum‹, ja? Warum haben Sie oder Ihre unsichtbaren Herren und Meister ReSet überhaupt entwickeln wollen? Wussten Sie, dass es Neue Menschen schaffen würde?«
»Sagen wir mal, wir haben es gehofft«, erwiderte Patterson.
»Aber Gog und Magog waren auf ihre eigene kreatürliche Art ziemlich überzeugt davon, dass die Neuen Menschen die Welt zerstören werden«, entgegnete JC »dass sie die menschliche Zivilisation vernichten werden, weil sie sie nicht brauchen. Dass sie die ganze Welt neu erschaffen werden, möglicherweise sogar die ganze Realität, in ihrer ganzundgarnicht menschlichen Vorstellung. Inwiefern wird Ihre Organisation denn davon profitieren?«
»Oh, ich denke, so weit wird es gar nicht kommen«, sagte Patterson. »Davor haben wir diverse Kontrollinstanzen geschaltet. Hinter den Kulissen der Realität gehen Dinge vor sich, die sicherstellen, dass nichts passiert, was zu schlimm ist. Es wurden Teile davon neu arrangiert, um Vorteile aus der Situation zu ziehen. Aber ich bin sicher, ich habe jetzt genug gesagt. Ihr müsst nicht mehr wissen. Es ist Zeit für euch, zu gehen.«
Er hielt das Boojum hoch, und JC zog die Hand des Ruhms hervor. Beide Männer sagten beinahe gleichzeitig die aktivierenden Worte – und die kleine schwarze Schachtel und die kleine verschrumpelte Affenpfote waren weg, von einem Augenblick auf den anderen gleichzeitig innerhalb eines Lidschlags aus der Existenz verschwunden, als zwei große Kräfte sich gegenseitig aufhoben. Beide Männer sahen auf ihre leeren Hände. Das Treppenhaus war mit einem Mal sehr still und sehr leise.
Dann schoss JC die letzten Stufen zwischen ihnen hoch und warf sich selbst auf Patterson. Sie krachten zusammen und rangen grimmig auf dem Absatz. Happy und Melody jagten ebenfalls die Treppe hoch, während Kim JC mit wilden Rufen anfeuerte. Patterson konnte sich mit großer Mühe von JC befreien und holte weit nach seinem Angreifer aus, der sich im letzten Moment zur Seite duckte. Pattersons Kraft und sein Schwung trugen ihn direkt an JC vorbei übers Treppengeländer ins Leere. Doch er griff in letzter Verzweiflung nach den Stangen des Geländers am Treppenabsatz. Nun hing er da und
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