Das Haus der Seelen: Roman (German Edition)
anderen folgten ihm auf dem Fuße.
JC ging weiter, auch wenn er sich nicht mehr sicher war, wo er sich befand. Er konnte den Druck spüren, die schiere Anwesenheit der Neuen Menschen, noch bevor er sie sah. Es war ein überwältigender Eindruck, als habe ihre Existenz allein sich so vollständig der Realität eingeprägt, dass es schwer war, etwas anderes zu fühlen. Schließlich blieb er stolpernd stehen, wo er war, so seltsam und fremdartig kam ihm die Situation vor. Ein grimmiges, unnatürliches Licht durchdrang alles, ein Licht, das selbst für seine veränderten Augen schmerzhaft war. Ein großartiger Klang erfüllte die Luft, ohne Anfang und ohne Ende. JC spürte ihn in seinen Knochen und in seiner Seele genauso, wie er ihn hörte. Er wusste, dass etwas Unbekanntes anwesend war, und vielleicht etwas, das nicht zu erfassen war.
Die anderen waren mit ihm stehen geblieben. Happy und Melody und Kim standen dicht gedrängt, um sich gegenseitig etwas menschliche Nähe zu geben. Sie alle hatten die Augen gegen das Licht, den Klang und die gewichtige Präsenz eines Ortes abgeschirmt, der nicht für die menschliche Art geschaffen war. Auch Kim schien nicht weniger betroffen als die Lebenden zu sein.
»Wir sollten nicht hier sein«, flüsterte Happy wie ein Kind in einer Kathedrale. »Wir gehören nicht an einen Ort wie diesen.«
»Kopf hoch, Kinderchen«, sagte JC so klar und ruhig, wie er nur konnte. »Ja, ich gebe zu, wir sind wirklich in der Gegenwart des Unbekannten. Aber das gehört nun einmal zur Jobbeschreibung, wenn man fürs Carnacki-Institut arbeitet.«
»Ich kündige«, gab Happy zurück.
»Halt die Klappe, Happy«, sagte JC.
Er nahm seine Sonnenbrille ab und sah sich um. In diesem neuartigen Umfeld leuchteten seine Augen kaum. Es war, als sei das goldene Licht nichts im Vergleich zu dem grelleren Licht an dem Ort, der einmal das oberste Stockwerk des Chimera House gewesen war. JC nickte langsam und setzte die Brille wieder auf.
»Wir haben einen Job zu erledigen«, sagte er kurz angebunden. »Und wir werden das zusammen tun. Weil es unsere Pflicht ist und unsere Verantwortung, dem Institut und vielleicht auch der ganzen Menschheit gegenüber. Wir werden nicht kneifen. Richtig?«
»Richtig«, bestätigte Happy.
»Verdammt richtig«, fügte Melody hinzu.
»Wenn ich nicht schon tot wäre, dann glaube ich, wäre ich sehr beunruhigt«, sagte Kim. »Aber ja, natürlich hast du recht. Also los.«
Sie alle schritten langsam weiter der Präsenz der Neuen Menschen entgegen; wie Brustschwimmer, die gegen eine Sturmflut anschwimmen.
Als sie weitergingen, schien das Licht etwas nachzulassen und etwas von der Art und den Details des Ortes zu enthüllen, an dem sie sich befanden. Große, abstrakte Formen tauchten überall auf, seltsam mutierte Strukturen, die sie beobachteten und betrachteten. Große Pyramiden mit gewaltigen Augen, die nicht blinzelten, gezackte Energieströme, die in der Luft auf und ab fuhren wie langsame Blitze, verschwommene Formen von zweifelhafter Gestalt, die das Gefühl vermittelten, Lebewesen zu sein. Wo auch immer JC hinsah, gab es Farben, die er nicht benennen konnte, Objekte mit zu vielen Details, als dass das menschliche Auge sie hätte erfassen können, und albtraumartige Formen, die am Rand seines Blickfelds auftauchten und vor bösen Absichten nur so trieften. Und immer, überall war da das Gefühl, dass es vielleicht eine Tür gab – oder sogar Falltüren –, die irgendwohin führten. Türen, die genauso gut etwas herein- wie hinausließen.
Die Neuen Menschen warteten auf sie. Es waren vier. Sie standen unmenschlich still mitten in allem anderen, unberührt und ungerührt von der Welt, die sie umgab. Die Welt, die sie gemacht hatten, oder vielleicht die Welt, die sich für sie und das, was sie waren, ergeben hatte. Oft schien es, dass es mehr als nur diese vier gab, Dutzende, ja, vielleicht hunderte, in unendlich langen Reihen, Übermenschen in einer Überposition, überall gleichzeitig. Ihre Zahl und der Platz, an dem sie sich befanden, wechselten ständig, und doch waren es die ganze Zeit über immer nur diese vier, die wartend vor JC und seiner Gruppe standen. JC schloss fest seine Augen und öffnete sie dann wieder, aber es half nichts. Er war nicht sicher, ob das, was er sah, wirklich passierte oder ob sein Verstand ihm einen Streich spielte, um einer eigentlich unmöglichen Situation einen Sinn zu geben.
Er konnte die Neuen Menschen nicht direkt ansehen, das konnte
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