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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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schnell sein, um die subjektive Zeitspanne zu verkürzen. Da man ihn nicht in Stasis versetzen kann, muss er die ganze Zeit durchleben, so wie die Borduhren sie messen.«
    »Könnten wir nicht eine Stasiskammer bauen, die groß genug für ihn ist?«
    »Nicht mit der Technologie von Neume. Außerdem fehlt es uns an den nötigen Werkzeugen.«
    »Könnte man ihn vielleicht auseinandernehmen und in Einzelteile zerlegen? Wenn wir nur einen Teil von ihm in die Kammer brächten …«
    »Das würde er nicht überleben«, sagte Kaskade. »Außerdem ist sein Bewusstsein im ganzen Körper verteilt. Man kann nicht folgenlos einen Teil herauslösen.«
    »Sie haben gemeint, sein Zustand habe sich konsolidiert und er habe die Bewusstseinsprozesse heruntergefahren«, sagte ich zu Kadenz.
    »Das war metaphorisch gemeint«, erwiderte sie. »Die technischen Einzelheiten würden Ihr Begriffsvermögen übersteigen. Seien Sie versichert, dass der Transport ins Heimatsystem seine einzige Überlebenschance darstellt.«
    »Würde er den Transport nach Neume überleben?«
    »Wenn man vorsichtig dabei vorgeht, schon«, sagte Kadenz.
    »Dann würde ich ihn gern dem Luftgeist präsentieren, wie wir es besprochen haben. Schaden würde es ihm nicht, und wir hätten es wenigstens versucht.«
    »Wir haben keine Einwände«, sagte Kaskade. »Natürlich wäre die Verlegung nicht ganz ohne Risiko, aber das gilt auch für die Heimreise.«
    »Sie glauben, er könnte so oder so sterben«, sagte ich.
    »Die Möglichkeit besteht«, antwortete Kadenz. »Aber wir wollen Ihren Wünschen nicht entgegenstehen. Wollen Sie ihn jetzt gleich nach Neume bringen? Wir könnten ihnen dabei helfen.«
    »Ich warte noch auf die Zustimmung der Behörden …«
    »Wir werden uns für Sie einsetzen, falls das erforderlich sein sollte«, erklärte Kaskade. »Wenn Hesperus diesen Wunsch geäußert hat, sind wir verpflichtet, ihm nachzukommen.«
    »Wir sollten ihn jetzt gleich verlegen«, sagte Kadenz.
    »Wenn Sie meinen«, sagte ich zurückhaltend.
    »Wir werden sehr rücksichtsvoll und vorsichtig vorgehen«, erklärte Kaskade.
    Ich schaute zu, wie sie neben den verunstalteten Hesperus traten und ihn bei den Extremitäten fassten. Mit einer mühelosen, anmutigen Bewegung hoben sie ihn hoch. Ich hatte ihnen anbieten wollen, die Schwerkraft abzuschalten oder einen Lastenheber hinzuzuziehen, doch die Robots kamen allein zurecht.
    Sie trugen Hesperus durchs Schiff und in die gewaltige Höhle des Hangars, wo ich mit dem Shuttle angedockt hatte. Bei ihrer Ankunft hatten die Robots über die vielen Raumschiffe, die ich mit mir herumschleppte, gestaunt oder zumindest höfliches Interesse bekundet, doch nun konzentrierten sie sich allein auf ihren Patienten und schenkten den Schiffen keine Beachtung.
    Als wir in Ymir landeten, war es kurz nach Sonnenuntergang, und die abkühlenden Sicheldünen hatten ihren Nachtgesang angestimmt. Ich ließ Hesperus von den beiden Robots in einen sicheren Raum in dem Turm schaffen, in dem wir alle untergebracht waren. Es kam mir falsch vor, ihn wie ein Gepäckstück wegzuschließen, doch der Raum würde mich informieren, falls sich sein Zustand änderte.
    Als wir in meine Räumlichkeiten kamen, stellte ich zu meiner Überraschung fest, dass Campion mich nicht erwartete. Er war auch nicht in seiner Unterkunft. Ich war enttäuscht. Bei meinem Aufbruch war er besorgt gewesen, oder jedenfalls hatte ich diesen Eindruck gehabt und deshalb angenommen, er werde mich erwarten und sich über meine Rückkehr freuen.
    Ich bekam schlechte Laune und bemitleidete mich selbst, und da es schon zu spät war, um mit den anderen Splitterlingen zusammen zu Abend zu speisen, ließ ich mir vom Zimmer gentianische Speisen zubereiten. Ich aß lustlos, saß barfüßig auf dem Bett und beobachtete, wie die Vorhänge sich im warmen Wind vor dem offenen Fenster bauschten. Hin und wieder flog jemand vorbei, dessen bunte Flügel am Himmel wie Buntglasfenster leuchteten.
    Die meisten dieser honigfarbenen Wesen würden tot sein, bevor auch nur ein einziger Gentianer seinen Fuß auf eine andere Welt setzen würde, doch das schien ihnen nichts auszumachen. Dabei wirkten sie keineswegs unzufriedener als andere galaktische Zivilisationen. Sie flogen, als wäre die Luft ihr ureigenes Element, und ihre Flügel boten einen prachtvollen Anblick. Was machte es schon, dass sie von der großen Galaxis nur das kannten, was die Besucher ihnen zeigten? Was machte es schon, dass ihre Zivilisation (den

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