Das Haus der Sonnen
Oder habe ich da etwas übersehen?«
»Nein«, sagte ich. »Außer der Tatsache, dass sie jetzt Hesperus bei sich haben, was wahrscheinlich gar nicht so geplant gewesen war. Aber wenn sie nicht erheblich hinterlistiger sind, als uns klar ist, können wir davon ausgehen, dass sie keinen Zugang zu unseren Geheimnissen bekommen und auf Neume nichts in Erfahrung gebracht haben, was sie nicht schon wussten. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass sie ein spezielles Interesse an der Befragung gezeigt hätten – ich hatte eher den Eindruck, sie wären nicht besonders daran interessiert.«
»Vielleicht wussten sie ja schon, was Grilse und die anderen aussagen würden«, meinte Hederich.
»Wenn sie es also nicht auf unsere Geheimnisse abgesehen hatten und auch nicht auf die Aussagen der Gefangenen, worauf waren sie dann aus?«, fragte Oxalis.
»Auf etwas ganz anderes«, sagte ich. »Auf etwas, das uns eigentlich in die Augen springen sollte, weil es so offensichtlich ist, dass wir vor lauter Bäumen den Wald nicht sehen oder das sich unserer Kenntnis noch entzieht.«
»Aber es muss etwas mit uns zu tun haben«, meinte Hederich.
Zum ersten Mal meldete sich Galgants durchscheinendes Ebenbild zu Wort. »Entschuldigt die Störung, aber mir scheint, wir sind uns in einer Beziehung alle einig: Das steht nicht im Einklang mit Portulas Charakter. Ich schließe mich Campion an: Sie wurde von den Robots hereingelegt. Wir sollten auch nicht vergessen, dass sie als Erste angedeutet haben, sie bräuchten ein schnelles Raumschiff. Es war Portulas Pech, dass ihr Schiff die Anforderungen am besten erfüllte und dass die Situation es gerade erforderte, ihr ein bisschen auf die Finger zu klopfen.«
Betonie mahlte mit dem Kiefer, enthielt sich jedoch einer Bemerkung.
»Sie ist ganz einfach ein Opfer der Umstände geworden. Zum Glück geht es hier um Portula. Sie ist klug und stellt sich leicht auf veränderte Umstände ein, außerdem geht es hier um ihr Schiff. Ich glaube, die Chancen stehen gut, dass sie noch am Leben ist. Gleichzeitig dürfen wir die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass die Robots die Kontrolle über die Waffen der Silberschwingen haben. Es könnte deshalb schwierig werden, das Schiff anzugreifen.«
»Es gibt Sicherheitsvorkehrungen, die verhindern, dass ein Schiff der Familie auf ein anderes feuert«, sagte Oxalis.
Nach einer Minute erwiderte Galgant: »Wenn die Robots wirklich so erfinderisch sind, können sie die bestimmt umgehen. Ich möchte nur davor warnen, unnötige Risiken einzugehen. Aber wir verfügen ebenfalls über Panzerung, Impassoren, Waffen und sind zudem in der Überzahl. Ich schlage vor, wir deaktivieren die Beschleunigungssicherung der drei Führungsschiffe und lassen sie so dicht wie möglich zu Portula aufschließen.«
Melde war empört. »Ich möchte irgendwann wieder mit meinem Schiff fliegen.«
»Ich auch«, sagte Hederich.
»Raumschiffe kann man ersetzen«, entgegnete Galgant. »Jeder von uns ist wertvoller als jedes Schiff.«
»Und wenn der Plan scheitert?«, fragte Betonie. »Wenn wir drei Schiffe verlieren, was ist dann?«
»Mein Schiff hat die besten Chancen, Portula einzuholen«, sagte Galgant. »Außerdem können es meine Panzerung und Bewaffnung mit jedem anderen Schiff des Verfolgergeschwaders aufnehmen. Wenn es hart auf hart kommt, erwischt es mich als Ersten.« Er lächelte verkniffen. »Ich bin mir der möglichen Folgen meines Vorschlags voll bewusst, das könnt ihr mir glauben.«
»Wenn du angreifst, dann wir alle«, sagte ich.
»Das ist sehr großmütig von dir, Campion, aber wir müssen an die Familie denken – zu viel selbstlose Tapferkeit, zu viele heroische Gesten, und es ist bald keiner mehr übrig. Um zu überleben, müssen wir in Maßen der taktischen Feigheit frönen.« Galgant lächelte erneut – es war das Lächeln eines Mannes, der seine Chancen, einen weiteren Umlauf zu überleben, nicht sehr hoch einschätzte. »Ich bin nicht einer der Tapfersten. Auch ist keiner von uns der geborene Feigling, aber wir alle haben einen gesunden Sinn für Selbsterhaltung. Doch ich besitze nun mal das schnellste Raumschiff, deshalb bin ich verpflichtet, es zum Wohle der Familie einzusetzen.«
»Du wirst so lange abwarten, bis wir die ersten drei Schiffe eingeholt haben«, sagte Betonie. »Und dann wird es keine Einzelaktionen geben.«
»Dann ist das also schon beschlossene Sache?«, sagte Melde. »Unsere Schiffe werden ab sofort als entbehrlich
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