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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Hauses gestanden hatte. »Es tut gut, sich wieder frei bewegen zu können, Portula. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie unangenehm die Gefangenschaft für mich war. Wäre ich rachsüchtig …« Er verstummte.
    »Sind Sie das, Hesperus?«, fragte Campion.
    »Nein«, antwortete er. »Rache ist etwas für Biologika. Wir sind anders.«
     
    Doktor Meninx schwieg, als wir ihm Hesperus vorstellten, doch die Bedenken waren ihm ins papierene Gesicht geschrieben.
    »Ich habe gerade eben mit Ateshga über die anderen Raumschiffe gesprochen«, sagte ich. »Nicht wahr, Ateshga?«
    »Aber Sie haben doch bereits alle meine Schiffe gesehen«, antwortete das Imago.
    Hesperus trat ins Blickfeld des Imagos und sagte: »Ich weiß, was Sie mit meinem Gedächtnis angestellt haben, Ateshga. Sie waren sich bewusst, was Sie da taten.«
    »Ich hätte Sie auch töten können«, entgegnete Ateshga.
    »Das wird man in Betracht ziehen, wenn ich zu meinem Volk zurückkehre und berichte, wo ich die ganze Zeit über gewesen bin. Ich schlage vor, dass Sie sich einstweilen nach Kräften bemühen, den Wünschen der Splitterlinge Folge zu leisten. Wenn sie weitere Raumschiffe sehen möchten, sollten Sie sie ihnen zeigen.«
    Ateshga schwieg. Sein Schiff raste aus der Atmosphäre hinaus und ließ hinter sich eine Rauchsäule zurück.
    »Wo will er hin?«, fragte Campion.
    »In den Orbit«, sagte ich.
    »Im Orbit waren keine Schiffe«, meinte Doktor Meninx. »Wir hätten sie selbst dann sehen müssen, wenn sie hinter Tarnfeldern versteckt gewesen wären. Nichts ist vollkommen unsichtbar.«
    »Wir haben sie gesehen«, entgegnete ich. »Wir haben sie nur nicht wahrgenommen .«
    Campion ließ sich auf seiner Liege nieder und zog die schwebende Konsole zu sich heran. Er gab ein paar Befehle ein. Die Bummelant stieg in die Höhe. Als wir die Atmosphäre hinter uns ließen, kamen uns die Silberschwingen entgegen. Wir befanden uns über dem Äquator Jupiters und blickten auf die sonnenbeschienene Oberfläche nieder.
    »Das begreife ich nicht«, sagte Doktor Meninx.
    »Ich auch nicht«, meinte Campion und musterte den Planeten. »Ich sehe bloß …«
    »Das Ringsystem«, beendete ich an seiner Stelle den Satz. »Zeigen Sie sie uns, Ateshga. Campion und der Doktor sind heute etwas langsam von Begriff.«
    »Was soll er uns zeigen?«, fragte Campion.
    In diesem Moment begann sich in den Ringen die Woge des Wandels auszubreiten. Irgendetwas ging dort unten vor sich. Die Textur und die Helligkeit der Ringe veränderten sich, ausgehend von einer vollkommen geraden Linie, die sich so unbeirrbar wie ein Uhrzeiger langsam um den Planeten herumbewegte. Als die Linie den Umlauf beendet hatte, wirkten die Ringe dunkler und irgendwie luftiger als zuvor. Während sie eben noch wie silbrig-weiße Borte das Antlitz des Planeten durchschnitten hatten, glichen sie nun eher zarten Rauchschwaden.
    »Da also hat er sie versteckt«, sagte ich. »Die meisten sichtbaren Partikel sind Eiskristalle, aber die Schiffe sind viel größer. Er hat ihre Impassoren so eingestellt, dass die Schutzschirme denselben Reflektionsgrad aufweisen wie die Partikel. Jetzt hat er sie ausgeschaltet, weshalb weniger Licht zu uns reflektiert wird.«
    Ich hatte bereits große Konstruktionen gesehen; das hatten wir alle. Doch jenseits eines gewissen Maßstabs war groß einfach nur noch groß, ob es sich nun um die majestätisch in der Luft schwebende Kathedrale von Lutetium handelte, ein Mondschiff des Zweiten Imperiums oder die Überreste der Maschinerie der Früheren nahe Sagittarius A.
    In den Ringen war Platz für eine ganze Menge Raumschiffe.
    »Wie viele sind es?«, fragte ich zaudernd.
    »Rund sechzigtausend«, antwortete Ateshga. »Ich sammle sie schon seit geraumer Zeit.«
    »Such dir eins aus«, sagte ich zu Campion. »Wenn du hier nicht fündig wirst, brauchst du gar nicht erst zu suchen. Ich wette, er hat mindestens eins von jeder Sorte.«
    »Auf einmal bin ich mir nicht mehr so sicher«, erwiderte Campion mit einem verlegenen Lächeln.
    »In welcher Hinsicht?«
    »Ob ich die Bummelant wirklich loswerden will. Was macht es schon, dass ich ein paar Verabredungen nicht eingehalten habe? Am Ende bin ich immer wohlbehalten dort angekommen, wo ich hinwollte.«
    »Das ist ein sehr bedenkenswertes Argument, verehrter Splitterling«, sagte Ateshga. »Weshalb sollten Sie etwas loswerden wollen, das Ihnen bislang stets gute Dienste geleistet hat? Wenn Sie Ihre Wünsche kundgetan haben, wird es freilich noch

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