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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Vertreter Ihres Volkes waren schon hier. Vermochten Sie Ihre Neugier nicht zu befriedigen?«
    »Im Gesamtbild fehlen noch ein paar Mosaiksteine.«
    »Und Sie glauben, Sie könnten die Lücken füllen?«
    »Ich muss es wenigstens versuchen. Das bin ich der Familie und der Körperschaft schuldig.«
    »Dann will ich Ihren Nachforschungen nicht im Wege stehen, Splitterling.«
    Auf einmal hatte ich das Gefühl, auf dünnem Eis zu wandeln. Bislang hatte ich mich gut geschlagen; jedenfalls atmete ich noch. Man hatte mir Einlass in den Schwarm und die informationsverarbeitenden Knoten gewährt, und ein Kurator hatte mich empfangen. Nur sehr wenige Gesandte waren so weit gekommen – zumindest galt das für diejenigen, die sich wieder zurückgemeldet hatten.
    »Wir wissen seit langem, dass die Vigilanz Informationen aus der ganzen Galaxis und von der Gesamtheit der Metazivilisation sammelt. In Anbetracht dessen wirkt der Vorgang eher wahllos – Sie machen nicht den Eindruck, als würden Sie die Informationen bewerten.«
    »Dieser Eindruck ist durchaus nachvollziehbar.«
    »Bei genauerer Betrachtung haben wir jedoch auch Hinweise auf strukturierte Informationsgewinnung gefunden. Diejenigen Reisenden, welche die Vigilanz betreten und sie körperlich und geistig unversehrt wieder verlassen konnten, haben festgestellt, dass bestimmte Datensätze anderen bevorzugt werden. Sie bewerten manche Informationsformen höher als andere, zumindest wenn man Ihr Gebaren über einen großen Zeitraum hinweg betrachtet und zahlreiche Beispiele berücksichtigt.«
    »Und worauf sollte dieses Verhalten abzielen?«
    »Auf Andromeda«, sagte ich. »Genauer gesagt, auf die Absenz. Auf lange Sicht scheint es so, als verfolge die Vigilanz ein einziges allumfassendes Ziel – auch wenn dieses Ziel im Dunkeln liegt. Sie sind darauf aus, sämtliche Datenschnipsel zu sammeln, die mit dem Verschwinden der Andromeda-Galaxis in Beziehung stehen.«
    »Viele Zivilisationen sind auf die Absenz fixiert. Man kann sich kaum eine galaktische Gesellschaft vorstellen, die es nicht wäre.«
    Ich wagte es, den Kopf zu schütteln, wusste jedoch nicht, ob der Kurator die Geste überhaupt mitbekam. »Alle denken an die Absenz, das stimmt. Alle machen sich Gedanken darüber, was das zu bedeuten hat. Aber selbst die Körperschaft ist nicht viel weiter gekommen. Ein paar Beobachtungen, ein paar Theorien, das war’s auch schon. Hauptsächlich haben wir gelernt, einfach nur weiterzuleben. Das mag borniert oder kurzsichtig erscheinen, vielleicht sogar wie ein Akt des Leugnens, doch was bleibt uns anderes übrig? Was auch immer mit Andromeda geschehen ist, es übersteigt alles, was wir je erlebt haben. Selbst wenn wir den Vorgang verstehen würden, könnten wir doch nicht verhindern, dass das Gleiche hier passiert. Das übersteigt dermaßen unser Begriffsvermögen, dass es sich ebenso gut um einen Gottesakt handeln könnte.«
    »Vielleicht stimmt das ja.«
    »Gott löscht eine Galaxis aus, als Warnung vor menschlichem Hochmut?«
    »Selbst wenn dies das Werk Gottes gewesen sein sollte – eine Hypothese, die von unseren Daten kaum gestützt wird -, wäre es doch unangemessen, die Absenz in derlei Begriffen zu beschreiben. Andromeda mag zwar nicht mehr sichtbar sein, doch die Galaxis ist immer noch in irgendeiner Form existent. Als die Absenz entstanden ist, sind außerhalb davon sogar einige Sterne übrig geblieben. Man sollte vielleicht eher von einer Okklusion sprechen.«
    »Ich fürchte, den Namen wird man nicht mehr los.« Insgeheim musste ich dem Kurator allerdings Recht geben. Die Beobachtungen der Körperschaft wiesen in die gleiche Richtung: Andromeda war nicht verschwunden, sondern hatte sich vielmehr verdunkelt. So wie der Dyson-Schwarm das Licht der Milchstraße verdeckte, schirmte Andromeda das Licht des restlichen Universums ab, sogar die einst allgegenwärtige Mikrowellen-Hintergrundstrahlung. Doch das, was sich dort befand, wo zuvor Andromeda gewesen war, war genau betrachtet auch keine Galaxis. Es ähnelte eher einer platten, schwarzen Schildkröte, einem dicken Klecks Dunkelheit mit einem messerscharfen Rand, dem Ereignishorizont. Doch es handelte sich auch nicht um ein Schwarzes Loch. Wie der Kurator gesagt hatte, kreisten noch immer Sterne und Kugelhaufen um den Rand des Kleckses, deren Umlaufbahnen anders ausgesehen hätten, wenn sie sich entlang der Oberfläche eines Schwarzen Lochs bewegt hätten, wo der gravitomagnetische Effekt eine Rolle spielte. Die

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