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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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den Beginn der Feierlichkeiten. Als das Feuer eröffnet wurde, waren wir praktisch wehrlos: Die Impassoren der Welt waren zu schwach, um dem Angriff zu trotzen, und unsere Schiffe wurden annihiliert, ehe sie sich sammeln konnten. Die Angreifer setzten Homunkulus-Waffen gegen uns ein; ein unaussprechliches Grauen, hervorgeholt aus den tiefsten, perversesten Grüften der Geschichte. Als sich selbst unsere größten und schlagkräftigsten Schiffe in Wolken ionisierten Gases verwandelt hatten, griffen sie die Reunionswelt an und überfluteten sie hundert Stunden lang mit Energie. Schon nach wenigen Minuten waren die Atmosphäre und die Meere verdampft, und die Welt war wieder so steril wie vor unserer Ankunft. Die Angreifer aber hielten noch immer nicht inne. Sie pumpten weiter Energie in den Planeten und brachten die Kruste zum Schmelzen, bis sich die ganze Welt in eine flüssige Kugel verwandelte, die erst orange und dann golden leuchtete, bis sie entzweibrach, da die eigene Schwerkraft nicht ausreichte, um sie zusammenzuhalten. Viereinhalb Tage lang übertraf der Energieausstoß dieser Waffen selbst den der Sonne, um die der Planet kreiste. Und als sie fertig waren, war nichts mehr übrig. Das war nach meiner Berechnung vor acht Jahren – wenn ihr das Signal empfangt, wird entsprechend mehr Zeit verstrichen sein. Richtet eure Sensoren auf das Zielsystem. Ihr werdet dort nicht mehr die Sonne mit den dazugehörigen Planeten vorfinden, sondern einen neuen Nebel, eine wogende dunkle Wolke aus Trümmern, Staub und heißem Gas, die nur mehr von der Gravitationssenke des Sterns gebunden wird. Sie wird Hunderte, Tausende Jahre überdauern, einen bedeutenden Anteil eines Umlaufs. Planeten und Monde pflügen durch die Wolke, aber nicht mehr die Welt, die wir als vorläufige Heimat ausgewählt hatten. Sie ist verschwunden, und mit ihr der größte Teil der Familie.«
    Schwingel stockte und rieb über eine Schwellung unter einem seiner zusammengekniffenen Augen. Auf einmal kam mir der Gedanke, er könnte erblindet sein; sein Blick hatte die ganze Zeit über unscharf gewirkt.
    »Einige von uns sind entkommen«, sagte er. »Die mit den schnellsten Schiffen, der besten Tarnung und den wirkungsvollsten Schutzvorrichtungen … doch nur wenige konnten sich retten. Es wird euch nicht wundern zu erfahren, dass ich das Belladonna-Protokoll ausgelöst habe. Ihr müsst unverzüglich den Kurs ändern. Unter keinen Umständen dürft ihr in das Reunionssystem einfliegen oder euch ihm auch nur nähern, denn selbst jetzt – acht Jahre nach dem Angriff – lauern die aggressiven Elemente noch immer Nachzüglern auf. Wenn ihr das Belladonna-Protokoll umgesetzt habt, müsst ihr nach Verfolgern Ausschau halten; vollzieht das Manöver möglichst unauffällig und täuscht ein falsches Ziel vor. Solltet ihr den Eindruck haben, verfolgt zu werden, müsst ihr euch opfern. Auf keinen Fall dürft ihr den Gegner zum Belladonna-Rückzugsgebiet führen.«
    Abermals stockte Schwingel und wandte den Kopf, als habe er etwas gesehen – oder gehört -, das seine Aufmerksamkeit erforderte. Dann sprach er eilig weiter.
    »Ich habe diese Nachricht eingebettet, weil es zu riskant gewesen wäre, sie über das geheime Netzwerk zu verbreiten. Die Vorgehensweise des Gegners lässt darauf schließen, dass unser Sicherheitsstandard weniger hoch war, als wir dachten. Jeder Versuch, das Netzwerk anzuzapfen, könnte von denen, die unsere Familie auslöschen wollen, bemerkt und zurückverfolgt werden. Was die Angreifer und ihre Motive angeht, so muss ich gestehen, dass ich dazu nichts sagen kann.« Schwingel schüttelte heftig den Kopf. »Ich weiß nichts; mir liegen nicht die geringsten Informationen vor. Eines aber weiß ich. Es sei denn, während des letzten Umlaufs hätte es eine umstürzende Entdeckung gegeben, ist keine galaktische Zivilisation – das gilt auch für die Wiedergeburtler oder das Maschinenvolk – in der Lage, das Vakuum zu manipulieren und die Homunkulus-Technologie zu reproduzieren. Es muss sich daher um die ursprünglichen Waffen handeln, obwohl die Familie Marcellin schon vor viereinhalb Millionen Jahren den Auftrag erhalten hat, sie zu vernichten. Das wirft folgende Frage auf: Hat die Familie Marcellin das Versprechen, das sie der Körperschaft gegeben hat, gebrochen und die Waffen versteckt, anstatt sie unbrauchbar zu machen? Das kann ich mir nicht vorstellen … andererseits vermag ich auch nicht zu glauben, dass die Familie Gentian Feinde hat,

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