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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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rüberflitzen. Dass du herkommst, damit habe ich nicht gerechnet …«
    Bevor er Gelegenheit hatte zu antworten, ertönte in meinem Kopf die Flüsterstimme der Silberschwingen , und sie teilten mir die Neuigkeit mit: Unsere beiden Raumschiffe hatten das Notsignal der Familie Gentian empfangen, ein so bedrohliches Ereignis, dass die Raumfahrzeuge sich entschieden hatten, ihre Passagiere aufzuwecken. Wir flogen noch immer mit Maximalgeschwindigkeit und waren noch über ein Dutzend Jahre vom Ziel entfernt.
    »Ich war als Erster wach«, sagte Campion. »Das ist der Vorteil der Stasis.«
    »Ich mag die Stasis nicht«, sagte ich gereizt, obwohl er das schon wusste.
    Er half mir aus dem senkrecht stehenden Kryophag heraus und schloss mich in seine kräftigen, warmen Arme. Ich fror und fühlte mich verletzlich, wie eine Blume, die man in flüssigen Stickstoff getaucht hat und die bei der kleinsten Unachtsamkeit zu zersplittern droht.
    »Wie fühlst du dich?«, flüsterte Campion mir ins Ohr und schmiegte sein Gesicht an meines.
    »Als wollte ich weiterschlafen. Es wäre mir lieber, das alles wäre nur ein schlechter Traum.«
    »Die Silberschwingen haben dich so schnell aufgeweckt, weil es sich um einen Notfall handelt. Du wirst dich eine Weile benommen fühlen.«
    Ich presste mich fester an ihn. Er fühlte sich unverrückbar und massiv an, ein Anker, an dem ich mich festhalten konnte.
    Hesperus, der hinter Campion stand, sagte: »Sie waren längere Zeit getrennt. Wenn Sie kopulieren möchten, kann ich mich in einen anderen Teil des Schiffs zurückziehen oder für eine vereinbarte Zeitspanne meine sensorische Aktivität herunterfahren.«
    Ich wollte nicht kopulieren; ich wollte Campion einfach nur umarmt halten und spüren, wie die Lebenskraft in meine Knochen, Muskeln und Nervenfasern sickerte.
    Die Silberschwingen aber flüsterten noch immer in meinem Kopf. »Der eingebettete Inhalt«, sagte ich. »Was soll das heißen?«
    Campion zuckte zurück. »Was für ein eingebetteter Inhalt?«
    »Du hast es nicht angesehen?«
    »Das ist ein Notfallcode, mehr nicht. Das soll nicht heißen, dass es tatsächlich einen eingebetteten Inhalt gibt.«
    »Die Silberschwingen behauptet, es gäbe ihn. Vielleicht hat die Bummelant das nicht aufgefangen, aber es gibt ihn.«
    »Das wäre nicht protokollgemäß. Wir sollen mit dem geheimen Netzwerk Verbindung aufnehmen und herausfinden, was die ganze Aufregung soll.«
    »Offenbar ist eine neue Lage entstanden.« Eher erschöpft als verärgert, sagte ich: »Ich verstehe nicht, weshalb dir der Inhalt entgangen ist, Campion: Was wäre wohl passiert, wenn ich nicht zur Stelle gewesen wäre?« Dann verzog ich das Gesicht. »Schon gut – das ist nur die Gehirnchemie.«
    »Soll ich mich so lange zurückziehen, während Sie die Nachricht entschlüsseln?«, fragte Hesperus taktvoll.
    Ich schüttelte den Kopf. »Was immer es ist, wir sind alle betroffen – auch unsere Gäste. Sie sollten sich besser auf schlechte Neuigkeiten gefasst machen. Es könnte bedeuten, dass es länger dauern wird, bis Sie Ihre Freunde wiedersehen.«
    »Danke, dass Sie in einer Situation, da so vieles auf Sie einstürzt, an mein Wohlergehen denken. Es wäre mir eine Ehre, mit Ihrer Erlaubnis in den eingebetteten Inhalt eingeweiht zu werden. Können wir ihn hier in Augenschein nehmen?«
    »Ich glaube, ich brauche erst mal einen Drink«, sagte Campion, mich argwöhnisch musternd. Ich fühlte wie er; einerseits brannte ich darauf, die Neuigkeit zu erfahren, ganz gleich, wie schlimm sie sein mochte, andererseits wollte ich den Moment nach Möglichkeit hinauszögern.
    »Wir machen auf der Brücke weiter«, sagte ich und schloss die Tür des Kryophags.
    »Es gibt noch etwas, das du wissen solltest«, sagte Campion leise, als wir uns zum nächsten Flitzpunkt begaben.
    Ich drückte ihm die Hand und fragte: »Was denn?«
    »Wir haben einen Passagier weniger.«
    Mein Gehirn war noch immer Mus. »Einen der Schläfer, die wir von Ateshga übernommen haben?«
    »Nein – es ist Doktor Meninx. Wir werden nie wieder das Vergnügen seiner Gesellschaft haben.«
    »Was?«, sagte ich, mir wohl bewusst, dass Hesperus nur wenige Schritte hinter uns ging.
    »Er ist tot. Sein Behälter ist kaputtgegangen. Hesperus hat gesagt, er habe versucht, ihn zu reparieren, als er feststellte, dass etwas nicht in Ordnung war, doch Doktor Meninx hatte angeblich zu viele Sicherheitsvorkehrungen installiert.« Campion betonte das Wort »angeblich«, womit er mich

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