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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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ein vierzig bis fünfzig Köpfe zählendes Empfangskomitee der Einheimischen; sie trugen Fluganzüge, hatten die Flügel aber säuberlich auf dem Rücken zusammengefaltet. Aus der Luft betrachtet hatte es so ausgesehen, als wären sie normalgroß, doch nun stellte sich heraus, dass sie etwa einen Kopf größer waren als wir und äußerst schlank gebaut, mit dunklen, schräg gestellten Augen und zarten, elfenhaften Gesichtszügen. Was ich für honigfarbene Haut gehalten hatte, war in Wahrheit ein hauchdünner Pelz.
    Eine weibliche Vertreterin der Einheimischen trat vor. Wie die anderen Bewohner von Neume trug auch sie ein eng anliegendes einteiliges Kleidungsstück aus zusammengenähten schwarzen Flicken, welche die Beschaffenheit von Leder hatten und auf der Brust mit Metall durchwirkt waren. Die Metalleinlagerungen waren mit bunten Köpfen besetzt, bei denen es sich um Steuerelemente oder Rangabzeichen handeln mochte. Die Frau trug einen schweren schwarzen Gürtel und darüber einen blauen Leibgurt. Eine durchsichtige Atemmaske mit Brille baumelte an einem Riemen unter dem Kinn, wohl damit sie sie jederzeit anlegen konnte, wenn ihr beim Fliegen die Luft zu dünn wurde. Die Stiefel liefen in gespreizte Zehen aus, und ihre Finger waren lang und elegant. Auf dem Kopf war das Fell dunkler und bildete eine steife Mähne, die bis in den Nacken reichte. Die meisten Einheimischen trugen eine ähnliche Frisur, jedoch mit leichten Variationen. Keiner trug einen blauen Leibgurt; zehn Personen hatten purpurfarbene Gurte, die der anderen waren rot oder schwarz.
    »Ich grüße die Splitterlinge der Familie Gentian«, sagte die Frau in fehlerfreiem Trans. Sie hatte das Auftreten einer Politikerin und strahlte Autorität aus. Ihre Stimme klang ein wenig heiser, doch sie war gut zu verstehen, und in der dünnen, unbewegten Luft des Landedecks trug sie weit. »Ich bin Jindabyne, Magistratin Ymirs und der Sechs Provinzen. Ich wurde bevollmächtigt, Sie auf Neume willkommen zu heißen. Zunächst möchte ich Ihnen mein aufrichtiges Mitgefühl bekunden hinsichtlich des furchtbaren Unglücks, das Ihre Familie getroffen hat. In solchen Zeiten kann von Vergnügen nicht die Rede sein, doch ich hoffe, dass der Aufenthalt auf Neume zu Ihrer Zufriedenheit ausfallen wird. Seien Sie versichert, dass wir Zeugen – die Bewohner von Ymir und den anderen Städten des Planeten – alles tun werden, um Ihnen den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Wenn Sie etwas benötigen, werden wir uns bemühen, Ihren Wünschen nachzukommen, soweit es in unserer Macht steht.«
    Ich blickte Portula an, die mir aufmunternd zunickte. »Ich danke Ihnen, Magistratin, für Ihre freundlichen Worte. Ich bin Campion von den Gentianern, und dies ist mein Mitsplitterling Portula.« Ich wandte mich langsam um und streckte die Hand aus. »Das ist Akonit, und das ist Mezereum, beide ebenfalls Gentianer. An Bord des Shuttles halten sich noch drei weitere Splitterlinge unserer Familie auf, die sich derzeit aber noch in Stasis befinden.« Ich hatte die Gefangenen nicht vergessen, hielt es aber für unangebracht, die Willkommenszeremonie mit einem solch unangenehmen Detail zu stören.
    »Hat Betonie Sie bereits über unsere Welt informiert, Campion?«
    »Ein wenig – außerdem verfügen wir natürlich über die Informationen unseres Datenspeichers. Das heißt jedoch nicht, dass wir nicht noch einiges lernen müssten.«
    »Ich bin sicher, Sie wissen bereits über alles Wichtige Bescheid. Sollten Sie dennoch Fragen haben, werden wir sie gern beantworten. Dies ist eine freie Gesellschaft, und wir haben keine Geheimnisse. Meine Mitarbeiter werden Ihnen jetzt Ihre Unterkünfte zeigen – sollten sie Ihnen nicht zusagen, sagen Sie es bitte gleich, dann werden wir das ändern. Ich nehme an, Sie möchten jetzt mit den anderen Splitterlingen sprechen. Ich möchte Sie nicht länger aufhalten.«
    »Ich danke Ihnen, Magistratin«, sagte Portula.
    »Wenn Sie möchten, können wir Ihnen eine Abschirmung zur Verfügung stellen. Meine Mitarbeiter und ich werden jedenfalls vorübergehend unser Trans-Verständnis ausschalten. Sie brauchen nicht zu befürchten, dass man Sie belauschen könnte.«
    »Wir haben keine Geheimnisse vor Ihnen«, sagte ich, »doch ich weiß Ihr Angebot zu schätzen. Das ist sehr freundlich von Ihnen.«
    Jindabyne deutete auf die wartenden Splitterlinge. »Gehen Sie jetzt zu Ihnen. Schieben Sie das Wiedersehen nicht länger auf, so bitter-süß es auch sein

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