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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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Systeme hinauskam, je nachdem, welcher Datenquelle man Glauben schenken will. Nach allem, was wir wissen, ist davor noch niemand hier gewesen – man hat in der Kometenwolke ein paar Artefakte der Früheren gefunden, aber das war’s auch schon.«
    »Hat das Commonwealth den Planeten angepasst?«, fragte Portula. »Ich denke da speziell an die Atmosphäre.«
    »Es hat es versucht, doch das Ökosystem ist kollabiert, ehe der Vorgang des Terraformens abgeschlossen war. Dann hat es weitere dreißigtausend Jahre gedauert, bis wieder jemand nach Neume kam. In der Zwischenzeit hatte sich der Planet erneut stabilisiert. Die Leuchtende Blüte stellte die nächsten Siedler – die packten ordentlich an. Diese Periode währte fünfundvierzigtausend Jahre. In der Zeit wurde nicht nur Neume transformiert, sondern auch vier oder fünf weitere Himmelskörper der Planetenklasse im System. Neume hat leider als Einziger überdauert. Hätten sie sich nicht einen Mikrokrieg mit dem Imperium Roter Stern geliefert, hätten sie eine Menge erreichen können.«
    »Und wie ging es nach der Leuchtenden Blüte weiter?«, fragte ich.
    »Wir überspringen eine weitere Viertelmillion Jahre, dann kommt die Hohe Güte.«
    »Endlich eine galaktische Supermacht, von der ich schon gehört habe.«
    »Alles andere würde mich auch wundern – die Güte hat nämlich fast elf Umläufe durchgehalten – mehr als zwei Millionen Jahre. Die Güte hat zahlreiche der technischen Grundprinzipien entwickelt, die heute noch von den Transformern angewendet werden: Transformationsmaschinen, Welt-zu-Welt-Atmosphärepumpen, solche Dinge. Eine Zeit lang herrschte auf Neume praktisch terrestrisches Klima. In dieser Zeit errichtete die Güte ihre großen Städte – deren Überreste sind die größten erhaltenen Strukturen auf dem Planeten.« Betonie kniff die Augen zusammen und musterte den Horizont. »Wir nähern uns gerade einer dieser Städte. Wenn man genau hinschaut, kann man sie auch aus dem Weltraum erkennen.«
    Ein dunkler Finger mit quadratischem Querschnitt gelangte in Sicht. Es war ein Turm, so schlank wie ein Obelisk, mehrere Kilometer hoch und offenbar intakt, wenngleich er gefährlich geneigt war. Es sah so aus, als könnte er jeden Moment in die Dünen stürzen.
    »Wurde der Turm in diesem Winkel errichtet?«, fragte Akonit.
    »Nein«, antwortete Betonie, »aber er steht jetzt seit mindestens einer Million Jahre schief und dürfte wohl noch ein paar weitere Millionen Jahre durchhalten. Er bricht nicht entzwei und ist so tief in der Erdkruste verankert, dass er nicht umkippen kann.«
    »Wir könnten ebenfalls solche Städte errichten, wenn wir wollten«, sagte Mezereum trotzig.
    »Aber wir haben es nicht getan, sondern die Güte, und sie wird dauerhafte Spuren hinterlassen – während wir schon von Glück sagen können, wenn man uns noch einen weiteren Umlauf lang in Erinnerung behalten wird.«
    Unsere Shuttle senkten sich weiter ab, bis wir in wenigen Kilometern Höhe über die Dünen hinwegflogen – so tief, dass wir Menschen hätten erkennen können, wenn sich denn jemand im Freien aufgehalten hätte. Auf den endlosen silbernen Dünen zeigte sich jedoch kein Leben. Betonie steuerte sein Shuttle unter dem Überhang des schiefen Obelisken hindurch; als forderte er uns heraus, es ihm nachzutun. Portula wies ihr Shuttle an, sich auf den Rücken zu drehen, so dass unsere Köpfe nun nach unten wiesen. Der Turm der Hohen Güte war einheitlich schwarz. Es gab weder Fenster noch Eingänge oder Landedecks. Die Oberfläche war nicht vollkommen glatt: Es gab große, an Plaque erinnernde Muster, deren Ränder blau-schwarz den Himmel widerspiegelten. Ich hatte keine Ahnung, ob die Muster abstrakte Ornamente waren, ob sie eine geheimnisvolle Funktion erfüllt hatten oder ob es sich einfach nur um Parolen in der untergegangenen Sprache der Güte handelte.
    »Weshalb sind sie ausgestorben?«, fragte ich, denn ich sagte mir, es sei sinnlos, mein Unwissen verbergen zu wollen.
    »Jeder stirbt mal aus«, erwiderte Betonie. »Das nennt man Wandel.«
    »Uns gibt es noch.«
    »Aber nur deshalb, weil wir den unvermeidlichen Prozess über sechs Millionen Jahre gestreckt haben. Nur weil wir unseren Untergang hinausgeschoben haben, heißt das nicht, dass wir dagegen gefeit wären.«
    »Du hast ja richtig gute Laune«, meinte Portula.
    »Wenn man kurz vor dem Aussterben steht, ergibt sich das von selbst.«
    Wir flogen noch eine halbe Stunde weiter und kamen an mehreren Gebäuden

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