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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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geschnittenes, dicht anliegendes weißes Haar. Galgant trug ein künstliches Auge zur Schau, mit dem er das grüne Auge ersetzt hatte, dass sein genetisches Erbe war. Das Auge – und einen großen Teil seiner linken Gesichtshälfte – hatte er verloren, als er bei einem brutalen Mikrokrieg Tourist gespielt hatte und zwischen die Fronten geraten war. Er war verwundet worden und – vielleicht nicht ganz unabsichtlich – einer aufstrebenden interstellaren Zivilisation in die Hände gefallen. Deren Chirurgen hatten ihn wieder zusammengeflickt und ihm das Auge eingesetzt, ein Spitzenerzeugnis ihrer Cyberwissenschaft. Nach den Maßstäben der Familie war es unglaublich primitiv, vergleichbar etwa einem Holzbein oder einer starren Handprothese. Als er sich wieder in gentianische Obhut begab, hatte Galgant seine Gesichtsverletzung so behandeln lassen, dass keine Narben zurückgeblieben waren, doch das künstliche Auge hatte er behalten. Sein Strang hatte sich bei diesem Umlauf großer Beliebtheit erfreut, und das primitive Ersatzteil erinnerte ihn an vergangene ruhmreiche Zeiten. Ohne meine Hand loszulassen, sagte er: »Wir müssen Schwingel noch die letzte Ehre erweisen, nicht wahr? So, dass es seiner Stellung angemessen ist.«
    »Das machen wir«, sagte ich knapp, denn ich wollte das Thema wechseln.
    »Es muss etwas Spektakuläres sein. Ein Zeichen, das besagt, dass die Gentianer sich nicht so schnell geschlagen geben.«
    »Das tun wir nicht«, sagte ich. »Ich glaube nicht, dass jemand daran erinnert werden muss.«
    Betonie klopfte mir herzlich auf die Schulter. »Das hört man gerne, Campion. Wir sind noch nicht am Ende. Und, verdammt nochmal, jemand wird dafür zahlen müssen.«
    »Wenn eine andere Familie dahintersteckt«, sagte Akonit, »würde ich vorschlagen, dass wir sie bis auf zweiundfünfzig Überlebende dezimieren. Mal sehen, wie ihnen das gefällt.«
    »Weshalb sollten wir uns damit begnügen?«, erwiderte Galgant. »Sie wollten uns vollständig auslöschen. Es war purer Zufall, dass einige von uns entkommen sind. Ich bin für die Vernichtung, die vollständige Auslöschung der Familie.«
    »Falls eine Familie dahintersteckt«, sagte ich. »Es könnte auch sein, dass Grilse ohne Auftrag der Marcellins gehandelt hat.«
    »Die natürlichen Verbündeten der Familien sind andere Familien«, sagte Mezereum. »Das ist die Grundlage der Körperschaft. Es leuchtet ein, dass die Familien auch unsere natürlichen Feinde sind.«
    »Vielleicht sollten wir uns mit einem Urteil so lange zurückhalten, bis wir mit den Gefangenen gesprochen haben«, schlug Portula vor. Ich drückte ihr dankbar die Hand. Zum ersten Mal seit unserem Eintreffen auf Ymir fühlte ich mich solidarisch mit ihr und hatte das Gefühl, dass wir beide keine voreiligen Schlüsse ziehen würden.
    »Ich möchte euch jetzt unseren Gästen vorstellen«, sagte Betonie.
    Wie ich vermutet hatte, war es ein bunt zusammengewürfelter Haufen. Es waren einige Splitterlinge anderer Familien da: keine Marcellins, dafür ein Torquata, ein Ectobius und zwei Jurtinas sowie ein, zwei Personen, die ich nicht gleich zuordnen konnte. Auch ein großer, elefantenartiger, in ledrige rote Panzerplatten gehüllter Posthumaner war zugegen – trotz anatomischer Ähnlichkeiten war er jedoch kein Randläufer. Dann waren da noch mehrere spindeldürre Statuen, die an ein Reisigbündel erinnerten, obwohl es sich um lebende Personen handelte, und ein, zwei Menschen mit Standardanatomie, bei denen es sich um Familienmitglieder oder auch um Vertreter von Schwellenzivilisationen hätte handeln können, sowie zwei Roboter. Der eine war silbern und der andere hellweiß; die Oberfläche erinnerte an Elfenbein oder an verschüttete Milch. Der silberne hatte weibliche Formen, der weiße wirkte männlich. Wie Hesperus hatten beide an der Schädelseite Fenster, hinter denen bunte Lichter tanzten und kreiselten.
    »Ich möchte euch Kadenz und Kaskade vorstellen, Angehörige des Maschinenvolks«, sagte Betonie, den Robotern mit gutem Grund den Vorrang einräumend. »Sie sind mit Sainfoin gekommen – sie hat sie bei einer Reunion der Dorcus-Familie getroffen, nur zehntausend Lichtjahre vom Innenrand des Monoceros-Rings entfernt.«
    »Ich freue mich, Sie kennenzulernen«, sagte Kadenz, der weibliche Roboter. Sie hatte eine wundervoll klare Stimme, wie ich sie noch nie vernommen hatte – ein Engelschor in vollendeter Harmonie.
    »Ich auch«, sagte Kaskade und neigte grüßend seinen

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