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Das Haus der Sonnen

Das Haus der Sonnen

Titel: Das Haus der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds , Norbert Stöbe
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gesagt, oder nicht?«
    Ich zog meinen Umhang fester zusammen, denn es war spürbar kalt geworden. »Ich weiß nicht. Woher wollen wir wissen, dass sie ihn nicht einfach demontieren werden, anstatt ihn wieder instandzusetzen?«
    »Wenn die Instandsetzung keine realistische Möglichkeit ist, wäre die Demontage die einzige Alternative. Dann hätten wir wenigstens Zugang zu den Informationen, die er vor der Amnesie gespeichert hat.«
    »Aber er ist unser Freund, Campion. Wir können nicht tatenlos zusehen, wie er auseinandergenommen und recycelt wird.«
    »Er ist eine Maschine. So verfährt man nun mal, wenn sie kaputt sind.«
    »Das ist die kaltschnäuzigste Äußerung, die du je getan hast.«
    »Es ist ja nicht so, dass es mir gleichgültig wäre«, fuhr Campion hastig fort, »aber wir müssen realistisch sein. Wer hat größere Aussichten, ihn wiederherzustellen – das Maschinenvolk, also die Zivilisation, der er angehört, oder eine nebulöse Wesenheit, die als Luftgeist bezeichnet wird und über die wir so gut wie nichts wissen?« Er schüttelte den Kopf. »Und außerdem – sind wir nicht ein bisschen voreilig? Sie haben ihn sich doch noch gar nicht angeschaut. Sollen wir nicht abwarten, was sie dazu zu sagen haben?«
    »Kadenz und Kaskade sind nur zwei Robots. Vielleicht wissen sie ja, wie man ihn wiederherstellen könnte, verfügen so weit vom Monoceros-Ring entfernt aber nicht über die erforderlichen Möglichkeiten.«
    »Dann sollten wir zulassen, dass sie ihn nach Hause bringen.«
    »Campion, er hat uns eine Nachricht übermittelt. Er hat sich bezüglich Neume unmissverständlich ausgedrückt. Dass Kadenz und Kaskade hier sein würden, konnte er nicht wissen, aber er wusste über den Luftgeist Bescheid.«
    »Hätte er von den beiden Robots gewusst, hätte er uns gebeten, ihn ihrer Obhut anzuvertrauen. Das sind Robots, genau wie Hesperus. Sie werden schon wissen, was für ihn das Beste ist. Er wollte, dass wir seine Notizen und die Zeichnung an sein Volk übergeben.«
    »Das ist nicht das Gleiche, als wenn er gesagt hätte, wir sollen ihn in ihre Obhut geben.«
    »Darüber können wir die ganze Nacht streiten, ohne zu einer Einigung zu kommen. Außerdem ist es sinnlos, über den Luftgeist zu spekulieren, solange wir nicht mit der Magistratin gesprochen haben. Wenn ich sie richtig verstanden habe, war sie nicht sonderlich begeistert von der Idee, uns unmittelbaren Zugang zum Geist zu gewähren.«
    »Wir sind eine Familie«, sagte ich. »Beim ersten Mal fragen wir höflich um Erlaubnis. Aber was wir nicht bekommen, das nehmen wir uns. So haben wir es immer schon gehalten. Das erwartet man von uns.«
    »Dass wir kleinere Kulturen herumkommandieren, meinst du wohl?«
    »Uns gibt es schon so lange, da haben wir uns das Recht dazu verdient.« Ich stöhnte insgeheim, wie ich mir so zuhörte. Das waren genau die Sprüche, auf die ich mit Abscheu reagierte, wenn andere Splitterlinge sie von sich gaben, denn die Vorstellung, dass wir in dem Moment, da Diplomatie und Überredungskunst versagten, Gewalt anwendeten oder andere herumkommandierten, wie Campion es formuliert hatte, war mir im Grunde zuwider. Doch ich dachte dabei nur an Hesperus. Ich wollte mich von nichts und niemandem daran hindern lassen, ihn ins Leben zurückzuholen.
    »Hör mal«, sagte Campion. »Es hat angefangen.«
    »Was?«
    »Die Musik. Das Lied der Dünen.«
    Jetzt auf einmal hörte ich sie, obwohl das Geräusch schon seit Minuten stärker geworden sein musste, bis es irgendwann die Hörschwelle überschritten hatte. Wie Campion vorausgesagt hatte, waren die meisten Feiernden in den Turm gegangen. Zurückgeblieben waren nur etwa ein Dutzend Personen, von denen die meisten schwiegen. Das Geräusch war leise und fremdartig, ein klagendes, tiefes Summen, das wie eine Sirene ganz langsam anschwoll und wieder abfiel.
    »Ist das der Wind?«, flüsterte ich andächtig.
    »Nein. Es funktioniert dann am besten, wenn es beinahe windstill ist.«
    »Du warst doch noch nie hier.«
    »Aber ich war schon auf Dünenwelten. Du auch, aber wahrscheinlich nicht zum richtigen Zeitpunkt. Wie du siehst, gibt es viele Erfahrungen, die wir noch nicht gemacht haben. Deshalb leben wir weiter.«
    »Aber wenn es nicht der Wind ist …«
    »Es hat mit Lawinen zu tun«, sagte Campion im gleichen respektvollen Flüsterton. »Der Sand beginnt dicht unter der Außenfläche nach unten zu rutschen. Die genaue Bezeichnung für diesen Dünentyp lautet Barchan – nur Sicheldünen

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