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Das Haus der tausend Blueten

Das Haus der tausend Blueten

Titel: Das Haus der tausend Blueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Lees
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er mit einem müden Seufzen, »Sie sollten wirklich nicht so viel Haarschmuck tragen.« Er leerte seinen Whiskybecher in einem Zug. »Die Leute halten Sie sonst noch für eine Hure.«
    Behutsam begann sie die verzierten Spangen aus ihrem Haar zu nehmen. Ihre Haare fielen über ihre Schultern. Da spürte sie plötzlich kaltes Metall an ihrem Hals.
    Sie zuckte zusammen.
    Tozawa schob mit der Spitze seiner Klinge ein paar Strähnen zur Seite. Sie sah, dass auf dem Heft des Schwertes ein Spruch in japanischer Schrift eingraviert war.
    »Ich sollte also ein Geschenk für ihn sein. War es nicht so? Sie wollten ihn für seine gute Arbeit damit belohnen, dass sie ihm mich angeboten haben.«
    »Ist es das, was Sie glauben?« Ein trauriger Ausdruck lag plötzlich auf seinem Gesicht. »Wie sehr Sie sich doch irren, Teoh-san.«
    Im Weiß seiner Augen war jetzt ein Spinnennetz aus roten Äderchen zu sehen. Sie konnte seine Enttäuschung deutlich spüren.
    »Was wird er jetzt mit mir machen? Er hat wegen mir sein Gesicht verloren.«
    »Er wird gar nichts machen. Der Fisch, den er an der Angel hat, ist viel zu groß, als dass er seine Gedanken auf Sie verschwenden müsste.«
    An den Enden seines schwarzen Schnurrbarts glänzte Whisky. Er betrachtete Lu See einige Augenblicke, studierte ihren Mund und ihre Augen.
    »Gehen Sie nach Hause«, befahl er ihr.
    Also ging sie.

3
    Von einem windigen Berggipfel in Tibet, dort wo die Erde braun und hart war, sah Sum Sum aus der Ferne zu, wie man die Leiche ihrer Mutter in einem weißen Tuch herbeitrug und dann in Fötushaltung auf die kalten Steine legte. Am Himmel hoch über ihr kreisten zwei Geier im Aufwind, die schwarzen Schwungfedern aufgefächert, die Schwingen leicht nach vorn gebogen, und beobachteten, was da unter ihnen vor sich ging.
    Der daodeng des Dorfes, der die Bestattung beaufsichtigte, steckte einen Klumpen Wacholder in Brand, um noch mehr Geier anzulocken. Würziger Rauch verteilte sich mit dem Wind, und schon bald erschien ein weiterer Schwarm Vögel am Himmel.
    Die Tiere landeten nur wenige Schritt von Sum Sums Mutter entfernt. Die buschigen Federn am Hals aufgestellt wie Federboas umrundeten sie, von Stein zu Stein hüpfend, die Leiche. Zuerst waren es fünf oder sechs, dann landeten mehr als ein Dutzend auf einmal, und schließlich kam noch ein weiteres Dutzend.
    Sum Sum wusste, was als Nächstes geschehen würde. Sie hielt den Atem an. Der daodeng hob seine Axt und ließ sie auf das Rückgrat ihrer A-Ma herabsausen. Die Wirbel krachten wie ferne Gewehrschüsse, als er den Leichnam in mehrere Teile zertrennte. Als Nächstes begann er, mit einem langen Messer die Muskeln in langen Streifen von den Knochen zu lösen und tsampa -Mehl unter das abgelöste Fleisch zu mischen. Schließlich lud der daodeng die Vögel mit einem leisen Piff ein, mit ihrem Festmahl zu beginnen. Dann klatschte er mehrmals aufmunternd in die Hände, als wolle er eine Herde Schafe herbeirufen.
    Die Hälse ausgestreckt, die hellen Schnäbel und die Köpfe plötzlich mit Blut beschmiert begannen die Geier schon bald, sich um ihre Mahlzeit zu streiten. Sum Sum sah dabei zu, wie der Leichnam ihrer Mutter langsam in den Mägen der Vögel verschwand. Ein Schnabel schnappte einem anderen Eingeweide weg, Gedärme und Organe wurden gierig verschlugen.
    Sie beschloss, nicht abzuwarten, bis der Schädel aufgebrochen wurde.
    Die tibetische Sonne erhob sich über dem Horizont, schickte korallenrote Schatten aus ihrem Kupfermünzenauge. Sum Sum drehte sich um und lief den Pfad den Hügel hinunter.
    Die Ohrenklappen ihrer Kappe schlugen gegen ihre Wangen, als sie losrannte, um ihren Bruder Hesha wiederzusehen. Er war jetzt Sergeant bei den Gurkhas und würde an diesem Morgen von der burmesischen Front zu einem viertägigen Sonderurlaub nach Hause kommen. Sie wollte ihn ganz fest an sich drücken und sein Herz an ihrem Ohr schlagen hören. Es war Aufregung, die sie über die Steine springen ließ, nicht Traurigkeit. Es war die Vorfreude auf dieses Wiedersehen, die ihre Augen mit Tränen verschleierte.
    Zum ersten Mal seit fast sieben Jahren war Sum Sum mit ihrem Bruder allein. Sie standen im Haus ihrer Familie, einem Gebäude aus luftgetrockneten Ziegeln und Baumstämmen. Sie legte einen schmalen, weißen Schal, einen kata, über seine Schulter und verbeugte sich. Hesha nahm den Schal mit beiden Händen entgegen.
    »Sieh dich nur an«, sagte sie. »Mager wie ein Skelett in der Wüste.«
    Als sie auf

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