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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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liebenswürdig auf. „Ich mache Ihnen eine Tasse Tee.“
    Sophie konnte die Situation nicht länger ertragen. Sie lief auf den schmalen Pfad zwischen den Bäumen zu und hielt nicht einmal inne, um sich zu vergewissern, dass John Smith ihr hinterherkam. Wenn nicht, auch gut. Sie würde einfach in Bewegung bleiben, zur Hauptstraße weitergehen und einen Bogen zurück zum Gasthaus schlagen.
    Er folgte ihr auf den Fersen; es gab kein Entkommen. Erst als sie außer Sichtweite des Gasthauses, ja fast schon auf dem Whitten-Grundstück waren, brach er das Schweigen.
    „Warum sind alle Frauen in Ihrer Familie derart an meinem Geschlechtsleben interessiert?“ fragte er mit beiläufigem, fast gelangweiltem Tonfall. Sophie ließ sich davon nicht hinters Licht führen.
    Jetzt oder nie. Sie blieb stehen und drehte sich zu ihm um. Er war dichter hinter ihr, als sie vermutet hatte, und sie musste zu ihm aufsehen. Er gehörte zu diesen Männern, in deren Nähe man Schuhe mit hohen Absätzen tragen musste, um sich vom Größenunterschied nicht entmutigen zu lassen. „Wie bitte?“
    „Na ja, Sie scheinen zu glauben, dass ich mit Ihrer siebzehnjährigen Schwester schlafen will, Ihre Mutter meint, ich sollte es mit Ihnen treiben, und ich hatte den Eindruck, dass auch Marty sich ziemlich eingehend mit dem Thema beschäftigt.“
    „Also, was Marty sich so denkt, können Sie getrost ignorieren. Sie ist ein leicht beeinflussbarer Teenager. Und auf die Worte meiner Mutter brauchen Sie auch nichts zu geben – dass sie unter Altersdemenz leidet, dürfte Ihnen ja nicht entgangen sein.“
    „Vielleicht“, entgegnete er. „Aber ich habe den Verdacht, dass sie viel besser beieinander ist, als sie uns weismachen will.“
    „Und was hat Sie zu diesem Schluss kommen lassen? Fünf Minuten in ihrer Gesellschaft? Oder ihr absurder Rat, mit Ihnen ins Bett zu steigen?“
    „Da haben Sie’s: völlig sexbesessen“, erwiderte Mr. Smith mit ruhiger Stimme.
    „Bin ich nicht! Keiner von uns ist das.“ Sie holte tief Luft. „Ich habe nicht das Geringste für Sie übrig, Mr. Smith, ich möchte nur einem Nachbarn helfen.“
    „Und Ihre Schwester von mir fern halten.“
    Es wäre albern gewesen, das abzustreiten. „Das auch, ja.“
    Er nickte. „Ich schätze Ihre Ehrlichkeit. Lügen kann ich nicht ausstehen.“
    „Ich ebenso wenig, Mr. Smith.“ Einem anderen wäre ihre leichte Betonung seines anonymen Namens vielleicht entgangen – ihm nicht.
    Er lächelte selbstironisch, aber er sagte kein Wort. Er ging einfach an ihr vorbei und lief weiter den Pfad entlang bis zu seinem heruntergekommenen Haus.
    Eine weniger eigensinnige Frau hätte einfach kehrtgemacht und wäre nach Hause zurückgegangen, doch Sophie straffte die Schultern und folgte ihm; sie schob das hohe Gras aus dem Weg und hielt den Blick strikt auf seinen Rücken gerichtet. Nicht, dass sie ohne ihn Schwierigkeiten gehabt hätte, sich hier zurechtzufinden: Schon kurz nach ihrer Ankunft in Colby hatte sie das Grundstück um das leer stehende Whitten-Haus ausgekundschaftet, und wann immer ihr die Probleme im Gasthaus über den Kopf zu wachsen drohten, war sie für ein paar Stunden von der Bildfläche verschwunden, hatte sich hier auf die Veranda gesetzt und das Wasser betrachtet, das still und beharrlich um die felsige Landspitze direkt jenseits des Hauses geströmt war.
    Sie ließ sich Zeit, und er wartete auf der Veranda auf sie. „Wissen Sie schon, dass ich mir das Vorkaufsrecht für dieses Haus habe sichern lassen?“ fragte er unvermittelt.
    Sie fürchtete, dass ihr die Pein ins Gesicht geschrieben stand. „Warum?“
    „Mir gefällt es hier. Es ist friedlich und ruhig. Schön abgeschieden.“
    „Das Haus ist völlig heruntergekommen. Ich bezweifle, dass man es winterfest machen kann, und es gibt keine ganzjährigen Jobs …“
    „Vielleicht könnte ich ein Bed and Breakfast daraus machen.“
    Entsetzt starrte sie ihn an. „Was?“
    Sein schwaches Lächeln wirkte nicht unbedingt beruhigend. „Das war ein Witz“, erklärte er. „Oder haben Sie von mir den Eindruck, ich wäre der geborene Gastgeber? Manchmal würde ich am liebsten nicht einmal dieses Seeufer mit jemandem teilen, von meinem Haus ganz zu schweigen.“
    Sie holte tief Luft. „Kein Wunder, dass Sie ungebunden sind.“
    „Sind wir wieder beim Thema Sex?“
    „Nein!“ Sie ging an ihm vorbei, stieß die ausgeleierte und klapprige Fliegengittertür auf und betrat das alte Cottage. Im Inneren war sie noch nie

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