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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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noch.
    Und auch Sophie verschwand nicht einfach im Haus, um nach ihrer wanderlustigen Mutter zu sehen. Sie beäugte ihn misstrauisch, als stünde sie einem wilden Bären gegenüber, und wagte es nicht, sich zurückzuziehen. „Ich fürchte, das sind die Überreste ihres Hobbys aus besseren Zeiten.“ Sie schluckte. „Sie ist ganz vernarrt in diese True-Crime-Bücher. Ich dachte, sie hätte damit aufgehört, aber als ich heute Abend nach ihr geschaut habe, las sie wieder einen ihrer alten Bände. Wahrscheinlich kann sie die Wirklichkeit und das, was in diesen Dingern steht, nicht mehr richtig auseinander halten.“
    „Nicht gerade die Traumwelt, in die ich mich gerne zurückziehen würde“, sagte er. Was, zum Teufel, tat er hier? Er stand im Mondlicht und unterhielt sich mit dieser Person! Er hatte Besseres zu tun: Sophie Davis brachte ihn bei seiner Suche nach der Wahrheit nicht voran. Vor zwanzig Jahren hatte sie nicht einmal gewusst, dass es in Vermont ein Kaff namens Colby gab. Er musste sich jetzt wirklich verabschieden und den Bann brechen. Diese unerklärliche Versuchung abschütteln.
    „Ich mag meine auch lieber.“
    Und schon war sein Vorsatz hinfällig. „Ihre Traumwelt?“
    Sie zeigte auf das mondbeschienene Haus. „Viktorianische Werte. Edwardianische Schlichtheit. Blumenarrangements und alte Spitzenstoffe und richtig gutes Essen und die vollkommene Idylle. Ich bin keine Idiotin, Mr. Smith. Ich bin mir bewusst, dass ich hier versuche, mir die Wirklichkeit nach meinen Wünschen zurechtzubiegen, und dass die meisten Leute ganz anders leben als ich. Mir gefällt es so einfach besser.“
    „Ein Leben in einer Traumwelt?“
    „Träume sind im Allgemeinen erheblich angenehmer als die Wirklichkeit.“
    Es war Wind aufgekommen, und er presste das lange Spitzennachthemd an ihren Körper. Griffin konnte nicht umhin zu bemerken, dass sie eine gute Figur hatte, mit gerade den richtigen Rundungen. Eine altmodische Frau mit offenem Haar, das ihr die sanften Brise aus dem Gesicht wehte.
    Nicht mein Typ, rief er sich ins Gedächtnis. Aber einen kurzen Augenblick lang wünschte er, es wäre anders. Er wünschte, er wäre der Typ Mann, der an so einem Leben Gefallen fand, anstatt immer nur im Dunkeln zu leben. Wünschte, er könnte einfach die Stufen zur Veranda hinaufsteigen, sie in die Arme schließen, hochheben und zu ihrem kuscheligen und altmodischen Bett hinauftragen, wo er dieses absurde Nachthemd von ihrem sinnlichen Körper streifen wollte.
    Er würde nichts dergleichen tun. Entschlossen verwarf er diese kurze Fantasie. „Träume können sich in Albträume verwandeln“, stellte er fest. „Und man kann sie mit niemandem teilen.“
    „Sie wirken eher wie ein Experte für Albträume als wie jemand, der weiß, ob man Träume mit anderen teilen kann“, meinte sie.
    Dieses Gespräch war schon sehr seltsam, aber sie schien sich dessen nicht bewusst zu sein. Im Haus ging ein Licht aus, und er vermutete, dass Grace jetzt wieder ins Bett gegangen war. Der helle Halbmond tauchte den abschüssigen Rasen in silbriges Licht. Was würde sie tun, wenn er näher käme? Würde sie sich umdrehen und weglaufen?
    Natürlich würde sie das. Und er hatte nicht vor, auch nur einen Schritt auf sie zuzugehen und die Hände auf ihre Haut zu legen, um zu testen, ob sie wirklich so weich und kühl war wie in seiner Vorstellung. Er würde nicht prüfen, ob sie nach Honig und frischem Brot und Rotklee schmeckte. Selbst wenn er das wollte. Er hatte seine Unschuld vor langer, langer Zeit verloren und an unschuldigen Bettgefährtinnen nie Gefallen gefunden. Und so wenig er es auch begründen konnte, er hatte das Gefühl, dass die vermeintlich so abgeklärte Sophie Davis im Grunde ihres Herzens so unschuldig war wie ein Lämmchen.
    Er war nicht in der Stimmung, den hungrigen Wolf zu spielen, so verlockend es auch war.
    „Ich sollte Sie jetzt weiterschlafen lassen“, sagte er und wandte sich zum Gehen.
    „Ich kann nicht.“
    Die leise Verzweiflung in ihrer Stimme ließ ihn innehalten. Er drehte sich wieder zu ihr um. „Was können Sie nicht?“
    „Schlafen“, antwortete sie und zog bedauernd die Schultern hoch. „Aus irgendeinem Grund kann ich nicht schlafen. Zu viele Sorgen vermutlich. Ich habe mich die ganze Zeit nur im Bett herumgewälzt.“
    Sie war wirklich die Unschuld in Person. Bei jeder anderen, bei Annelise zum Beispiel, hätte er das klipp und klar als Einladung verstanden.
Aber ja, Süße, ich werde mich um dich

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