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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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keinen Sinn, und er musste sich an den Glauben klammern, dass das alles irgendeine Bedeutung hatte, denn warum sonst hätte Gott ihm seine Kinder genommen?
    Die Bösen würden sterben und die Gerechten wiedergeboren, und er war bereit, in Ausübung der Gerechtigkeit Leiden auf sich zu nehmen.
    Ihn schmerzte nicht, dass er sie töten musste.
    Sondern, dass es ihm Vergnügen bereitete.
    Drei von ihnen in diesem alten Haus. Drei Frauen, allesamt sündige Seelen, von der verrückten alten bis zur geilen jungen. Und selbst die Madonna in der Mitte spielte mit dem Feuer. Es war ein besonderes Geschenk, dass er sie – wenn er sich beeilte – noch im Zustand der Unberührtheit töten würde. Er würde ihr sagen, dass er die anderen umgebracht hatte, so dass sie sich keine Sorgen mehr machen musste. Ihre kleine Familie hatte ihr immer so viel Kummer bereitet. Sie würde viel glücklicher sein, wenn sie erst einmal erfahren hatte, dass sie diese Last nicht länger tragen musste.
    Er konnte es schaffen, obwohl es ihn betrübte. Er war jung, stark und unerbittlich; Gottes Zorn lenkte seine Schritte. Er würde sie alle auslöschen. Danach würde er nachts vielleicht wieder schlafen können.

11. KAPITEL
    S ophie fuhr aus dem Schlaf hoch, ihr Herz raste, und sie war mit einem kalten Schweißfilm überzogen. Das Mondlicht, das durch ihr Fenster fiel, ließ das Zimmer trotz der späten Stunde fast taghell erscheinen. Sie setzte sich auf und betrachtete die Schemen um sie herum. Sie schienen zu vibrieren und herumzuwandern, aber das lag nur am Schatten des Lamellenvorhangs, der vom Luftzug bewegt wurde.
    Regungslos wartete sie darauf, dass ihr Puls sich normalisierte und die Wirklichkeit ihre beruhigende Wirkung entfaltete. Es war eine typische, ruhige Nacht auf dem Lande; außer dem Laub, das in derselben sanften Brise raschelte, die ihren Vorhang zum Schaukeln brachte, war nichts zu hören. Das Geflüster des Blattwerks und das matte Aufschlagen der kleinen Wellen am sandigen Ufer waren die einzigen Klänge in der Stille.
    An diese Geräuschkulisse war sie gewöhnt; von ihr ließ sie sich jede Nacht in den Schlaf wiegen. Warum war sie so panisch aufgewacht?
    Sie rutschte zurück, so dass sie sich an das Kopfteil lehnen konnte, und stopfte sich das dicke Daunenkissen hinter den Rücken. Es musste ein Albtraum gewesen sein, auch wenn sie nicht recht wusste, was ihn ausgelöst hatte. Aber immerhin hatte sie keinen ganz leichten Tag hinter sich. Wenigstens war Marty halbwegs fröhlich gewesen; sie hatte sogar ihr Gedeck in die Küche getragen, nachdem sie das Abendessen beendet hatte. Grace war mit Doc unterwegs gewesen und nach ihrer Rückkehr gleich ins Bett gegangen. Beide lieferten ihr – im Moment wenigstens – keinen Anlass zur Beunruhigung.
    Andererseits war da dieses Jagdmesser, das sie unter Grace’ Unterwäsche entdeckt hatte. An sich war das noch nicht sonderlich beängstigend: Grace hatte die Marotte entwickelt, alle möglichen Dinge an sich zu nehmen und dann in ihrem Zimmer zu vergessen. Im Laufe der letzten Monate hatte Sophie dort drei ihrer farbenfrohsten Blumenkleider, eine Bratpfanne, vier halb volle Keksdosen, eine Maurerkelle, den Rasierapparat von Gott-weißwem und eine rotwollene Jägermütze entdeckt. Nichts davon hatte Grace wirklich gebrauchen können, abgesehen vielleicht von den Keksen. Früher hatte sie für Süßes nicht viel übrig gehabt, schon gar nicht für Fertiggebäck, aber andererseits verwandelte sie sich so rasant, dass Sophie kaum hinterherkam.
    Vor dem Hintergrund von Grace’ Charakterveränderung war das Messer in der Schublade also nichts Außergewöhnliches, abgesehen davon, dass es gefährlicher war als die anderen Dinge, die sie gehortet hatte. Sie hätte sich an der stumpfen, rostigen Schneide verletzen können.
    Jetzt war es zumindest außer Grace’ Reichweite: Sophie hatte es ganz hinten in ihrem eigenen Wandschrank versteckt. Sie wollte den Rost entfernen und es dann vielleicht Doc geben, der damit noch am ehesten etwas anfangen konnte. Es wirkte ziemlich gut, wenn man solche Sachen mochte, und auf Männer schienen Waffen immer viel Eindruck zu machen. Sie glaubte nicht, dass Doc selbst Verwendung dafür hatte, aber vielleicht kannte er jemanden in der Stadt, dem man damit eine Freude machen konnte.
    Der Griff schien etwas Besonderes zu sein: Er war aus einem weißen, knochenartigen Material geschnitzt. In den Vitrinen von Audley’s großer Abteilung für Jagdutensilien hatte

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