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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Smalltalk. Zum Teufel, mit etwas Glück würde er nach diesem Debakel sogar die Stadt verlassen.
    Vielleicht war
Debakel
nicht ganz das richtige Wort. Die Erkenntnis, dass sie noch Jungfrau war, hatte ihn gewiss nicht gerade beglückt, aber andererseits auch nicht gebremst. Und doch war es wahrscheinlich nicht gerade angenehm, jemandem auf der Straße zu begegnen, den man unwissentlich entjungfert hatte. Ja, wahrscheinlich würde er jetzt das Weite suchen. Das wäre das Beste. Zumindest täte sie gut daran, das für das Beste zu halten.
    Als sie die weite Rasenfläche vor dem Gasthaus erreicht hatte, war sie den Tränen nahe. Der Tag brach nun wirklich an: Es musste schon nach fünf sein, aber um diese Zeit bestand noch keine Gefahr, dass sie im Haus jemandem über den Weg lief, der womöglich unbequeme Fragen stellte. Sowohl Grace als auch Marty schätzten ihren Schönheitsschlaf.
    Sophie ging zum Seeufer hinunter und trat auf den Steg hinaus. Selbst für die eifrigsten Fischer war es noch zu früh, und wenn doch welche vorbeikämen, würden sie ihr keine Beachtung schenken. Sie ließ ihr offenes Nachthemd auf die Planken gleiten und schaute an sich hinunter.
    Zwischen ihren Schenkeln war Blut. Also bin ich wirklich und wahrhaftig entjungfert worden, dachte sie. Dann tauchte sie ins Wasser ein: ein guter, sauberer Sprung, der die Oberfläche des kühlen, stillen Sees kaum kräuselte.
    Sie war weg – natürlich. Ich hätte ahnen können, dass sie sich wie ein furchtsames Karnickel aus dem Staub macht, fluchte Griffin im Stillen. Hölle auch, konnte er nicht mal zwei Minuten im Bad verschwinden, ohne dass sie wie eine geschändete Jungfrau in den Wald floh?
    Nun ja, im Grunde war sie genau das: eine geschändete Jungfrau. Wie, um alles in der Welt, hatte eine Frau mit so einem Körper ihre Jugend hinter sich bringen können, ohne ein einziges Mal flachgelegt zu werden? Hatte sie all die Jahre in einem Kloster oder auf einer einsamen Insel verbracht? Was war nur mit den Männern, denen sie begegnet war, los gewesen, dass keiner von ihnen sich an ihrem süßen Mund und ihrem köstlich üppigen Körper gelabt hatte?
    Sie war doch eigentlich nicht besonders schwer zu haben gewesen. Er mochte Frauen, er mochte Sex, und er spürte es genau, wenn sich eine Frau zu ihm hingezogen fühlte – auch gegen ihren Willen. Sophie Davis hatte den Blick nicht von ihm lassen können, trotz ihrer harschen Worte, und ein einziger Probekuss heute Nachmittag hatte ausgereicht, um ihm zu zeigen, dass er sie haben konnte.
    Er hatte es nicht einmal besonders eilig gehabt, zur Tat zu schreiten, aber als sie mitten in der Nacht in diesem unglaublichen Nachtgewand bei ihm aufgetaucht war, hatte er dieses unerwartete Geschenk natürlich nicht zurückweisen wollen. Also hatte er sie genommen, sie hatte es gewollt, und es gab keinen Grund, sich schuldig zu fühlen. Aber warum sie noch Jungfrau gewesen war, blieb ihm ein echtes Rätsel. Verdammt noch mal.
    Er begriff auch nicht, warum sie ihm das nicht gesagt hatte. Oder hatte sie es versucht, und er war zu sehr mit ihrem Körper beschäftigt gewesen, um ihr richtig zuzuhören? Und wenn sie es ihm verraten hätte, was hätte er dann getan? Den Gentleman herausgekehrt, sich Bedenkzeit eingeräumt, von seinem Ansinnen Abstand genommen, weil er kein Schuft sein wollte?
    Unsinn. Er hätte sich vielleicht die Mühe gemacht, sie hoch in sein Bett zu schaffen, anstatt sie wie ein geiler Teenager gleich unten auf dem Teppich zu vernaschen, aber weiter hätte seine Selbstbeherrschung sicher nicht gereicht. In dem Moment, als sie zwischen den Bäumen aufgetaucht war, hatte er gewusst, was passieren würde, und nichts hätte ihn noch davon abbringen können.
    Es war ein Fehler gewesen, Jungfräulichkeit hin oder her. Von jetzt an würde sie so einen Wirbel um ihn veranstalten, dass er es noch viel schwerer haben würde, in das alte Gasthaus zu gelangen. Er hatte es ordentlich vermasselt, und wenn er überhaupt noch einen Rest Verstand hatte, musste er unbedingt die Finger von seiner Nachbarin lassen. Er hätte sich in den Arsch treten können! Aber sie war den ganzen Ärger fast wert gewesen.
    Natürlich war sie weggelaufen, anstatt sich vernünftig mit ihm auseinander zu setzen. Wahrscheinlich heulte sie, wahrscheinlich hasste sie ihn jetzt. Oder, noch schlimmer, sie hatte sich in ihn verliebt. Der Gedanke jagte ihm Schauer über den Rücken. Das war wirklich das Letzte, was er jetzt gebrauchen konnte.

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