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Das Haus der toten Mädchen

Das Haus der toten Mädchen

Titel: Das Haus der toten Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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Route 16 zu, und er nickte zustimmend. Das war ein Zeichen. Die Route 16 war zwischen Colby und Hampstead normalerweise kaum befahren, es gab scharfe Kurven, steile Abhänge und einen tiefen Teich direkt neben der Straße. Es existierte sogar ein Wasserfall: die Dutchman’s Falls. Er hatte also reichlich Auswahl.
    Er beugte sich zur Seite und schob eine Kassette in den Rekorder, der in das Armaturenbrett des alten Pick-ups eingebaut war. Er hatte die Hüllen falsch beschriftet, und niemand würde je seine Sachen durchsuchen und in eines der Bänder hineinhören. Keiner würde je erfahren, dass er diesen Huren zuhörte, dass er ihre Sirenengesänge im Ohr hatte, wenn er unterwegs war, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun.
    Heute Abend war es Madonna, was ihm besonders passend erschien, da er Sophie Davis für eine gute Frau gehalten hatte. Die Schlampe sang etwas übers Beten, und seine Hände umklammerten fest das Lenkrad.
    Eigentlich hatte er nicht vorgehabt, sie von der Straße abzudrängen. Sein Ärger und seine Enttäuschung waren so groß, dass er seine Hände benutzen wollte, so dass sie sehen konnte, wer sie tötete. Er wollte kein schnelles, anonymes Ende. Sie musste den Grund erfahren, um bereuen zu können.
    Er entschied sich für die Kurve bei den Dutchman’s Falls. Dort fiel das Gelände neben der Straße steil ab, und ihr Subaru würde sich mehrfach überschlagen, und sie würde in ihm zerquetscht werden. Der Abhang war so steil, dass nichts den Sturz ihres Autos aufhalten konnte, und er würde in der ruhigen Gewissheit nach Colby zurückkehren, dass er seine Pflicht erfüllt hatte.
    Auf dem ebenen Stück überholte er sie: so schnell, dass sie weder ihn noch seinen Pick-up erkennen konnte. Wahrscheinlich kannte sie das Auto gar nicht. Schließlich hatte er nur deshalb so lange davonkommen können, weil er stets an alle Eventualitäten dachte. Er hatte in Erwägung gezogen, sich ein Auto zu leihen oder sogar eins zu stehlen, um seinen alten Ford aus der Sache herauszuhalten, war aber zu dem Schluss gekommen, dass das eher noch gefährlicher sei. Nein, es war sicherer, den eigenen Pick-up zu verwenden und das kleine Risiko, dass ihn jemand sah, in Kauf zu nehmen.
    Er fuhr auf den Picknickplatz oberhalb des Wasserfalls und schaltete das Licht aus. Sobald sie sich der Kurve näherte, würde er mit Vollgas und blendenden Scheinwerfern auf sie zuhalten, und sie würde das Lenkrad herumreißen, um ihm auszuweichen, ihr Wagen würde in die Schlucht stürzen und mit dem Geräusch gequälten Metalls zerschellen. Und er würde für ihre unsterbliche Seele beten.
    Es war möglich, dass sie eine ausreichend gute Fahrerin war, um ihm auszuweichen, ohne die Kontrolle über das Fahrzeug zu verlieren. Er hoffte, dass ihr das nicht gelang, denn dann würde er sie durch die Finsternis jagen müssen, und er wollte sie doch nicht ängstigen: Immerhin war sie die meiste Zeit ihres Lebens ein guter Mensch gewesen. Gott würde sicherlich nicht wollen, dass er sie allzu sehr quälte.
    Aber dass sie Gut und Schlecht zu unterscheiden wusste, machte ihre Sünde nur noch größer. So lange hatte sie sich ihre Reinheit bewahrt, um sich dann an einen Fremden zu verschenken. Einen Fremden, der ihm schaden wollte.
    Im Laufe der Jahre hatten ihm viele Männer nachgespürt, hatten das Werk des Herrn aufzuhalten versucht, aber keiner von ihnen war je auf die Wahrheit gestoßen.
    Einer derartigen Kreatur hatte sie ihre Reinheit geopfert. Er wusste es, ohne dass es ihm jemand mitgeteilt hätte. Er hatte sie angeschaut und Beobachtungen angestellt, er wusste Bescheid. Er wusste, wie man zwei und zwei zusammenzählt. Und er wusste, wie man subtrahiert: Wenn man eine der Davis-Frauen aus dem Bild entfernte, würden die anderen beiden rasch folgen.
    Die Lichter des Subaru tauchten am Horizont auf. Sie fuhr noch immer schnell, wenn auch nicht so schnell, wie es ihm lieb gewesen wäre. Die Teenager hatten ihm weniger Probleme bereitet: Sie waren gerast und viel zu sehr miteinander beschäftigt gewesen, um der Straße die nötige Aufmerksamkeit zu schenken. Die Autopsie hatte ergeben, dass beide getrunken hatten.
    Aber Sophie fuhr selbst aufgeregt noch ziemlich sicher. Das machte seine Aufgabe schwierig.
    Er hatte auch nicht um eine einfache Lösung gebeten. Er war für diese heilige Pflicht auserwählt worden, und er würde sich nicht aus der Verantwortung stehlen.
    Das Auto ging in die scharfe Kurve neben dem Wasserfall, und er knipste das

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