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Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melisse J. Rose
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nicht sehen. Ich wünschte, es wäre nicht so hart für dich.«
    »Es geht nicht darum, wie es für mich ist. Wie es für ihn ist, will ich dir begreiflich machen. Bitte komm ihn besuchen. Dein Name ist der einzige, an den er sich noch erinnern kann. Nicht an meinen oder an Claires. ›Vergiss nicht, eine Flasche
Rouge
für Jac anzumischen‹, sagt er mir immer zum Abschied.«
    Robbie lächelte so traurig, wie sie ihn noch nie gesehen hatte.
    »Vergebung ist das größte Geschenk, das ein Mensch dem anderen machen kann. Bitte komm ihn besuchen.«
    »Haben deine Buddhisten dir jetzt noch das Predigen beigebracht, kleiner Bruder?«, sagte Jac mit einem etwas zu heiteren Lachen, das ihr gleich wieder in der Kehle stecken blieb. Wie gern hätte sie Robbie glücklich gemacht. Wie gern hätte sie an all das geglaubt, was er sich vorstellte, daran, dass sie ihrem Vater vergeben konnte, dass es einen einfachen Ausweg aus der finanziellen Krise gab. Daran, dass es wirklich ein altägyptisches Buch voller Rezepturen für die damals in heiligen Ritualen eingesetzten Tinkturen und Räucherstoffe gab, dass jemand es mit nach Paris gebracht hatte und es noch immer irgendwo auf ihrem Grund und Boden zu finden war.
    Doch in der Realität war es sicherer. Und Jac musste mehr als alles andere dafür sorgen, dass ihr Bruder in Sicherheit war. Er war der Letzte, der ihr aus der Familie geblieben war.
    Jac betrachtete den trauernden Engel. »Er sieht aus, als würden all die Jahre der Trauer auf ihm lasten und ihm die Flügel lähmen.«
    Robbie trat zu ihr, legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie zu sich heran. »Engel können immer fliegen«, sagte er.
    Sie atmete das komplexe Zusammenspiel der Aromen ein, das ihn umgab. Frische, regenfeuchte Luft, Apfelblüten und vieles mehr. »Du riechst so wunderbar«, sagte sie. Immerhin etwas, das sie ihm geben konnte.
    »Das sind meine Prototypen. Die Kreationen, an denen ichgerade arbeite. Wovon ich dir schon am Telefon erzählt habe. Ich habe Termine. Mit Bergdorf, Bendel, Barneys, den ganz großen Namen. Zu denen haben wir Kontakte.«
    »Ja, wegen unserer Klassiker.«
    »Sie interessieren sich auch für die Neuheiten, Jac.«
    »Selbst wenn, L’Étoile hat nicht das Geld, eine neue Sparte aufzubauen.«
    »Ich finde schon einen Investor.«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Doch, ganz sicher«, beharrte er.
    »Es gibt Tausende Nischenparfümeure, die untergehen. Niemand kauft ihre Neuheiten öfter als einmal. Und man liest täglich von neuen Zutaten, die aus Umweltschutzgründen verboten werden.«
    »Und in ein paar Jahren werden Parfümeure wegen des Treibhauseffekts nicht mal mehr Alkohol benutzen dürfen. Die Unkenrufe kenne ich doch. Aber es gibt immer Ausnahmen.«
    »Du verschwendest deine Zeit«, sagte Jac. »Der Markt ist längst übersättigt. Wenn L’Étoile gerade besonders en vogue wäre, wäre es vielleicht etwas anderes, aber so ist es nicht. Wir haben einige zeitlose Klassiker im Programm. Wir können es uns nicht leisten, unseren Ruf aufs Spiel zu setzen.«
    »Egal, was ich sage, du hast immer Einwände, oder? Kannst du nicht einen Moment lang deinen Zynismus beiseitelassen? Was, wenn ich eine Lösung gefunden habe? Was, wenn es gar nicht nötig ist, unsere Klassiker zu verkaufen?«
    »Robbie, bitte. Du musst unterschreiben. Das ist die einzige Chance, das Unternehmen zu retten, den Laden und das Haus in Paris zu behalten und weiterzumachen.«
    Er umrundete den steinernen Engel und legte eine Hand auf seine Flügel, als wollte er ihn trösten – oder sich selbst Halt geben. Jac hatte einmal eine Fotografie von Oscar Wilde gesehen, der auf der Aufnahme, genau wie Robbie jetzt, achtundzwanzigJahre alt war. Ein bildschöner junger Mann in einem seidenen Gehrock und eleganten Schuhen in einem thronartigen Sessel, von opulenten Perserteppichen umgeben, der, ein Buch in der Hand, den Kopf geneigt und auf seine Hand gestützt, dem Betrachter mit einem rätselhaft intimen und verheißungsvollen Ausdruck in die Augen sah. Genau diesen Ausdruck bemerkte sie jetzt an ihrem Bruder.
    »Wir schulden der Bank drei Millionen Euro. Das Haus in der Rue des Saints-Pères können wir nicht mit einer Hypothek belasten, das hat unser Vater schon getan. Irgendetwas müssen wir verkaufen«, sagte sie.
    »L’Étoile gehört jetzt uns. Dir und mir. Seit fast zweihundertfünfzig Jahren gibt es das Haus. Wir können es nicht zerschlagen. Lass mich dir zeigen, woran ich gearbeitet habe.«
    »Du hast

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