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Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition)

Titel: Das Haus der verlorenen Düfte: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melisse J. Rose
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Gebeine somit aus der Zeit um 1300 vor Christus stammten. Als die Laborergebnisse die Bilder und menschlichen Überreste tatsächlich auf genau diese Zeit datierten, war sie als Einzige nicht überrascht.
    Jetzt, da sie im Nachhinein an ihr Gefühl bei der Entdeckungzurückdachte, fröstelte sie. Ihr Instinkt hatte sie nicht getrogen. Es war Zeit, wieder an die Arbeit zu gehen.
    Jac durchquerte den kahlen weißen Raum, setzte sich an den Schreibtisch und spielte das Band ab. Sobald die Anfangssequenz mit dem Eingang zum Labyrinth auf dem Bildschirm erschien, stellte sie den Ton ab. Es hatte sich als hilfreich herausgestellt, sich beim ersten Durchlauf ausschließlich auf die Bilder zu konzentrieren.
    Zehn Minuten darauf klingelte das Telefon. Niemand außer ihrem Bruder käme auf die Idee, um diese Uhrzeit anzurufen. Wenn Robbie sich für irgendetwas begeisterte, kam es schon einmal vor, dass er die Zeitverschiebung vergaß.
    Das Telefon meldete einen »anonymen Anrufer«. Anrufe aus Übersee konnte der Apparat grundsätzlich nicht zuordnen, also musste es Robbie sein. Jac ging dran.
    Obwohl sie ungern unterbrochen wurde, freute sie sich über jede Gelegenheit, mit Robbie zu reden, selbst wenn sie sich am Ende wieder stritten. Bald wäre auch das überwunden: Der Verkauf der zwei Rezepturen war so gut wie abgeschlossen. Sobald Robbie die Verträge unterschrieb, konnte das Haus L’Étoile seine Schulden tilgen, und die beiden Geschwister würden sich wieder vertragen.
    »Hi Robbie.«
    »
C’est Mademoiselle L’Étoile?«
, fragte eine männliche Stimme, die eindeutig nicht Robbie gehörte.
    »Ja. Wer ist da?«
    Es piepste und rauschte in der Leitung.
»Allô?«,
meldete sich die Stimme wieder.
    »Ja, ich bin da. Mit wem spreche ich denn?«
    »Inspektor Marcher hier. Ich rufe aus Paris an. Bitte entschuldigen Sie die Störung, ich weiß, dass es sehr früh am Morgen ist.«
    »Was gibt es denn, Inspektor?«
    »Wann haben Sie zuletzt mit Ihrem Bruder gesprochen?« Der Ton seiner Stimme ließ Jac aufhorchen.
    »Mit meinem Bruder?« Ihr Puls begann zu rasen. Wenn die Polizei am Telefon war, erwartete Jac eher, dass es um ihren Vater ging. »Robbie?«
    »Ja, Mademoiselle.«
    »Er hat mich vor zwei Wochen hier besucht, und …«
    »Haben Sie seitdem mit ihm telefoniert?«
    »Ist ihm etwas passiert?«
    »Haben Sie seitdem von ihm gehört?«
    »Ja, natürlich.«
    »Und wann zuletzt?«
    »Gestern. Gestern Morgen hat er mir eine Mail geschrieben. Weiß Lucille nicht, wo er ist? Sie ist die …«
    »Danke, ich weiß, wer sie ist. Seitdem haben Sie also nichts mehr von ihm gehört?«
    »Nein. Worum geht es denn, bitte? Ist er nicht in der Werkstatt? Manchmal fährt er spontan zu einem seiner Retreats, vielleicht hat …«
    Wieder unterbrach sie der Inspektor. »Nein, bei einem Retreat ist er nicht. Und zu Hause auch nicht. Er hat heute Vormittag, ohne abzusagen, mehrere Termine versäumt.«
    Jac griff nach ihrer Tasche. Wenn Robbie etwas zugestoßen war, musste sie sofort heimfahren, packen und den nächsten Flug nach Paris nehmen.
    »Was ist passiert, Inspektor?«
    »Wir haben Grund zu der Annahme, dass Ihr Bruder verschwunden ist, Mademoiselle.«

Fünfzehn
     
     
    PARIS, FRANKREICH
    DIENSTAG, 24. MAI, 10.15 UHR
     
    Das Frühstück im Chez Voltaire war für Griffin schon zu einer morgendlichen Routine geworden. Mittags und abends ließen sich hier die Reichen und Schönen bewirten, doch vormittags fanden sich nur die Anwohner des Viertels zu einem einfachen
petit déjeuner
ein.
    Vielleicht lag es an dem Vorfall mit dem Auto, dass Griffin an diesem Morgen alles überdeutlich wahrnahm. Wie buttrig zart die Croissants waren. Wie die Marmelade nach frisch gepflückten Erdbeeren duftete. Er nippte an seinem zweiten Café crème und bemühte sich, die gestrige Szene aus seinem Kopf zu vertreiben. Doch es gelang ihm nicht. Wieder sah er das Auto um die Ecke schleudern und die Laterne rammen. Hörte das Quietschen der Reifen auf dem nassen Kopfsteinpflaster. Den Regen, der ihm die Sicht nahm und ihn halb blind hinter einem Stoppschild Schutz suchen ließ. Er stolperte und fiel. Dabei schürfte er sich die Handflächen auf und verletzte sich die Knie.
    Griffin bezahlte und verließ das Café. Er atmete die frische Morgenluft ein. Paris erwachte mit derselben Souveränität und Eleganz, mit der die Stadt auch alles andere meisterte, fand er. Davon wollte er gern etwas mit nach Hause nehmen.
    Nach Hause – da war es wieder. Alle

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