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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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noch eine unangenehme Verzögerung: Dr. Volkmar wollte plötzlich die Einverständnis-Erklärung der Angehörigen des Unfallopfers sehen.
    Es gab nichts, was Dr. Soriano aus der Ruhe hätte bringen können oder was er, zum logischen Denken erzogen, nicht schon vorausgeahnt hätte. Auch Volkmars Einsichtnahme in die Hinterbliebenenerklärung war einkalkuliert worden. Es lagen, seit die furchtbare ›Herzbank‹ bestand, immer ein paar Bescheinigungen blanko vor, in die man nur die Namen einzusetzen brauchte. Die zittrigen Unterschriften gramgebeugter Väter und Mütter nachzumachen, war eine Kleinigkeit, die Soriano zum Teil selbst besorgte.
    »Da ist noch etwas anderes, Dr. Soriano«, sagte Dr. Nardo am Telefon. Basil Hodscha war auf die Operation bereits vorbereitet, der Elektriker aus Caserta hatte seine Injektion bekommen, war umgefallen und wurde jetzt für die Herzentnahme präpariert. »Dr. Volkmar will die Eltern selbst sprechen.«
    »Sprechen? Genügt ihm nicht das Dokument?«
    »Nein. Und ganz kritisch wird es, wenn er den Herzspender selbst untersuchen will. Dann sind wir gezwungen, einen Unfall zu konstruieren.«
    »Hat Dr. Volkmar diesen Wunsch schon angedeutet?«
    »Gott sei Dank noch nicht! Er verläßt sich auf das Untersuchungs-Team II. Aber es könnte noch kommen.«
    »Ich liefere ihm die Eltern!« sagte Dr. Soriano kalt. »Wann will er sie sehen?«
    »In einer Stunde.«
    »Hat er das so ultimativ gesagt?«
    »Nein. ›Vor der Operation‹ – das waren seine Worte. Aber wir werden in etwa einer Stunde anfangen.«
    »Es wird zu machen sein!«
    Soriano legte auf. Dr. Nardo starrte den Hörer an, ehe er ihn langsam zurück auf die Gabel legte. Es wird zu machen sein … Bei Don Eugenio war alles möglich: ein neues Herz, ein Elternpaar, das das Herz des Sohnes verkaufte, ein Dokument, das auch rechtlich das Grauenhafte, was hier im Keller geschah, abdeckte.
    Dr. Nardo setzte sich, in den Knien plötzlich weich geworden, und wischte sich mit dem Handrücken den kalten Schweiß von der Stirn. Er hatte es sich in den Jahren der Zusammenarbeit mit Soriano abgewöhnt, Skrupel zu haben. Mit Skrupeln ein Rädchen im großen Getriebe der Mafia zu sein – da ergeht es einem wie zu weichem Material, das nach kurzer Zeit Abrieberscheinungen aufweist. Mit Skrupel Geld verdienen zu wollen, viel Geld, dabei kommen nur wenige auf ihre Kosten. »Der Moralist wird sich immer in die eigene Tasche pinkeln, um andere nicht zu beschmutzen«, hatte Soriano einmal gesagt.
    In dieser Stunde erlebte der Bauer Pier-Luigi Alvio etwas sehr Verwunderliches, was er sich nicht erklären konnte, weil es eben zu ungewöhnlich war: Ein großes, sehr teures Auto hielt vor seinem aus Felssteinen gebauten, armseligen, abseits am Rand der Berge gelegenen Haus, und ein Mann in einem pelzgefütterten langen Mantel, eine Pelzkappe auf dem Kopf, stieg aus und schritt auf das Haus zu. Es war kalt an diesem Januartag, von den Bergen pfiff ein eisiger Wind, jeder war froh, wenn er am warmen Ofen hocken und in die prasselnden Holzscheite blicken konnte. Pier-Luigis Frau, die fromme Emma, saß am Fenster, sie hatte das Auto zuerst gesehen. »Besuch!« rief sie.
    Pier-Luigi tippte sich an die Stirn. Die Alte wird auch immer wunderlicher, dachte er, schlurfte durch das Zimmer und blickte hinaus. Besuch! Bei uns! Aber dann sah er, daß tatsächlich ein Auto zwischen Schuppen und Haus gehalten hatte.
    Der Mann im Pelz klopfte an die Tür und lächelte freundlich, als Pier-Luigi ihm öffnete. Benjamino Tartazzi lächelte immer – das war sein Trick, er gab sich immer offen und freundlich, im Gegensatz zu seinem Vorgänger Gallezzo, der stets zurückhaltend, ja sogar etwas geckenhaft aufgetreten war. War man Gallezzo stets mit einer gewissen Ehrfurcht begegnet, so schenkte man Tartazzi volles Vertrauen, denn wer so entwaffnend lächeln kann, ist kein schlechter Mensch.
    Auch Pier-Luigi und seine treue Frau Emma waren sofort von dem Besucher eingenommen, als dieser mit einem sonnigen Lächeln sagte: »Ich nehme an, dieses Jahr wird ein hartes Jahr für die Landwirtschaft. Solch ein extremes Wetter, verrückt! Schnee bis in die Täler, Glatteis auf den Straßen – und das auf Sizilien! Viele Bäume werden erfrieren, von den Menschen ganz zu schweigen. Da wäre es doch schön, wenn man 250.000 Lire nebenbei verdienen könnte …«
    Tartazzi setzte sich, holte aus dem Pelzmantel eine einfache Papiertüte und schüttete einen Haufen Lire-Scheine auf den

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