Das Haus der verlorenen Herzen
vierundzwanzig Jahre! Kommt her, ihr reichen Herzkranken, kommt alle nach Camporeale, für zwei Millionen Dollar bekommt ihr ein neues Leben! Ich habe einen Chirurgen gefangen, ein deutsches Rindvieh, das in seiner Ahnungslosigkeit glaubt, es verpflanze Herzen von Unfallopfern. Ein deutscher Trottel, der vierzehnmal – bis heute! – nicht gemerkt hat, daß neben ihm, auf dem anderen OP-Tisch, auf seinen Wink hin elegant gemordet wurde! Das neue Herz bitte! Und schon rupft man's einem aus der Brust, wie man eine Rübe aus der Erde zieht! Vierzehnmal Mord – Mord – Mord!« Er lehnte sich gegen die Wand und starrte Loretta an, in abgrundtiefer Verzweiflung. »Hast du das verstanden? Begreifst du, was du hörst? Weißt du endlich, wer ich bin?«
»Nein«, antwortete sie kaum hörbar. »Ich weiß nur, daß ich dich liebe.«
»Dein Vater ist ein Mörder, Loretta! Ein Massenmörder!«
Sie schloß die Augen und senkte den Kopf tief auf ihre Brust. »Komm«, sagte sie mit ganz kleiner Stimme. »Wir müssen gehen. Wir müssen pünktlich in Catania sein.«
»Und ich bin sein Gehilfe! Ich, Dr. Heinz Volkmar! Handlanger eines Massenmörders!« Er hieb mit den Fäusten nach hinten gegen die Wand. »Warum rennst du nicht weg?! Warum fliehst du nicht vor mir?«
»Ich liebe dich, Enrico.«
»Ich habe vierzehn Menschen umgebracht!«
»Du nicht!«
»Ob ich es gewußt habe oder nicht: Auf meinen Befehl hat man sie getötet, um ihre Herzen herauszuholen! – Loretta, nimm das nächste Flugzeug und flüchte so weit weg, wie es möglich ist. Ich habe hier noch etwas aufzuräumen!«
»Ich bleibe bei dir!« sagte sie plötzlich laut und stark. »Und du kommst mit mir.«
»Nein!«
»Enrico, du überlebst das nicht! Du bist allein! Allein gegen meinen Vater und die Organisation! Du hast nicht die geringste Chance! Hier nicht. Aber draußen, in Deutschland, kannst du die ganze Welt informieren!«
»Wer glaubt mir das denn? Wer? Sie werden mich für irre halten! In Camporeale, in den herrlichen Bergen von Sizilien, gibt es ein wunderschönes Kinderheim, das sogar der Papst gesegnet hat! – Soll ich so anfangen? – Aber dieses Kinderheim ist nur eine Tarnung, Leute! Im Keller, zwei Etagen unter der Erde, befindet sich die modernste Herzklinik der Welt. Hier warten ständig acht bis elf Todkranke auf ein neues Herz. Und oben, auf dem obersten Stock des Blockes III, werden dreiunddreißig junge, kräftige, gesunde Männer gepflegt, umsorgt und gemästet wie wertvolles Schlachtvieh, denn genau das sind sie ja: Herzspender! Eine lebende Herzbank! Und da ist ein Chirurg – Leute, hört gut zu –, ein deutscher Arzt, früher Dozent in München, den die Mafia bei einem Urlaub auf Sardinien geklaut hat. Und dieser Idiot merkt von nichts etwas, denkt nur daran, daß er Kranken helfen kann – wenn auch unter sehr extremen Bedingungen –, und verpflanzt nach einer ganz neuen Methode Herzen in von der Medizin abgeschriebene Körper! Und es gelingt … es gelingt vierzehnmal! Vierzehn junge Männer wurden dafür geschlachtet. Jawohl, einfach geschlachtet, und der deutsche Idiot hat es gesehen, durch eine Glasscheibe, und hat vierzehnmal geglaubt, da liege ein Unfallopfer. Man hat ihm sogar jedesmal die Einverständniserklärung der Eltern gezeigt, und er hat alles hingenommen, weil man sich das, was da in Camporeale passiert ist, einfach nicht vorstellen kann! Aber es ist passiert! Geht hin und seht euch Dr. Sorianos Herzbank an!« Er atmete tief durch und wischte sich den Schweiß aus den brennenden Augen. »Soll ich das so hinausschreien? Und du nimmst an, daß mir das einer glaubt? Daß sie mich nicht einfach packen und in eine Anstalt transportieren?! Und was geschieht hier? Staatsanwalt Dr. Brocca wird sofort seinen Freund Don Eugenio warnen. Und wenn die Polizei offiziell kommt, um den Anschuldigungen nachzugehen – was findet sie dann? Ein Kinderheim! Einhundertzwanzig fröhliche, gesunde, glückliche Kinder. Und den päpstlichen Segen, eingerahmt in der Eingangshalle. Die Herzbank? Bitte, Signori, überzeugen Sie sich: Die oberste Etage von Block III ist eine Sonnenterrasse! Im Keller? Bitte, Signori, folgen Sie mir: Wo ist hier eine Herzklinik? Im Keller eine Herzklinik … das kann ja wohl nicht sein! – Und nichts wird man finden, nichts! Denn die Klinikkeller werden wieder zugemauert sein, und die dreiunddreißig jungen Männer hat es nie gegeben. Dafür werden ein paar Wochen lang Dr. Sorianos Löwen und Krokodile satt
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