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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bis zur Faulheit sein! – Loretta!« Er starrte sie entgeistert an. »Das kannst du dir alles anhören, ohne aufzuschreien? Ohne vor Entsetzen den Verstand zu verlieren? Es ist dein Vater!«
    »Ich liebe dich!« sagte sie leise. Ihr schönes Gesicht zuckte, die Lippen vibrierten. Gleich schreit sie doch, dachte Volkmar. Sie ist stark, ungeheuer stark, ich sehe es jetzt, aber das kann keine Frau verkraften. Er bereute, daß er es ihr gesagt hatte, aber anders war es ihr nicht zu erklären, weshalb die lange vorbereitete Flucht sinnlos geworden war. Wenn mit Soriano abzurechnen war, dann nur hier, nicht aus der Ferne. Und es mußte eine Abrechnung unter vier Augen sein. Von außen kam keine Hilfe. Die Staatsanwaltschaft, die Polizei, die Zeitungen – das ganze öffentliche Leben befand sich unter der Kontrolle der Mafia. Nur Mann gegen Mann, Soriano gegen Volkmar, war die Formel.
    »Du willst ihn töten?« fragte Loretta. Ihre Stimme klang kindlich, viel zu hoch. »Meinen Vater töten?«
    »Ja! Und merkwürdig: Ich empfinde keine Skrupel dabei! Du lieber Himmel, wer hätte das jemals für möglich gehalten: daß ich bereit sein könnte, einen Menschen zu töten! Mit Genugtuung! Zu töten, weil ich damit der Menschheit einen Dienst erweise! Ist das krumm gedacht? Erwies man nicht auch angeblich der Menschheit einen Dienst, wenn man in den Kriegen Millionen unschuldiger Menschen umbrachte? Bekam man nicht Orden dafür, immer höhere und wertvollere, je mehr man tötete? Wurden die Namen nicht in Denkmäler gemeißelt und geehrt? Unsere Helden! Ausnahmesituationen, sagt man. Für Volk und Vaterland. Für Kaiser und König. Für die Ankurbelung der Wirtschaft und die Räumung der Waffenlager. Alles Gründe, um das Töten zu legalisieren. Ich frage: Ist es nicht ebenso legal, einen Massenmörder umzubringen?! Einen Satan wie Dr. Eugenio Soriano? Bei Gott – ich werde es tun!«
    »Und dann?« fragte Loretta leise.
    »Dann ist dieser Spuk hier zu Ende.«
    »Er wird dann erst anfangen, Enrico! Don Eugenio ist tot – aber die anderen stehen da: Don Giacomo aus Catania, Don Franco aus Messina, Don Bertoldo aus Siracusa, Don Franco aus Trapani. Was sind wir gegen sie? Sie werden uns überall erreichen.«
    »Dich werden sie verschonen. Und ich –« Er machte eine knappe Handbewegung, die seine tiefe Resignation ausdrückte. »Loretta, du darfst das Flugzeug nicht verpassen!«
    »Ich gehe nur mit dir – das weißt du ganz genau!«
    »Gut! Ich begleite dich bis zu Giuseppe und bringe ihn um, damit du fahren kannst.«
    »Du weißt genau, daß du dazu nicht fähig bist!« Sie sah ihm starr in die Augen. Ihre Lippen zitterten wieder. »Bei meinem Vater ist das etwas anderes. Ihn könntest du töten, ich sehe es dir an. Heilige Maria, ich könnte es jetzt auch. Auf der Stelle, wenn er plötzlich hereinkäme. Eine ganz ruhige Hand würde ich haben …«
    Sie griff in ihre Handtasche und holte eine kleine Pistole mit kurzem Lauf heraus. Der Griff war mit Perlmutt eingelegt. Ein tödliches Spielzeug.
    »Wo hast du die Pistole her?« fragte Volkmar laut.
    »Von Worthlow.«
    »Gib sie mir!«
    »Nein!« Sie zog den Schlitten, lud die Pistole und schob den Sicherheitsflügel zurück. Schußbereit ließ sie die Waffe in die offene Handtasche gleiten. »Enrico –«, sagte sie langsam, »warum willst du ein Held sein und dich von Maschinenpistolen durchlöchern lassen?! Du änderst nichts in Sizilien, wenn du meinen Vater tötest. Aber irgendwo draußen in der Welt können wir glücklich sein. Hast du nicht einmal gesagt: Eine Landarztpraxis, ein Haus in einem Garten, ein kleines, bescheidenes Paradies, aber es gehört uns ganz allein? Dahin wollen wir, Liebling.«
    »Mit diesem Wissen?! Mit der Last von vierzehn Morden? Loretta, ich habe gesunde Herzen verpflanzt. Herzen von Lebenden!«
    »Du hast es nicht gewußt!«
    »Ist das eine Entschuldigung? Ist Gutgläubigkeit ein Alibi?! Ich habe meine Sorgfaltspflicht verletzt! Ich habe nie eines der ›Unfallopfer‹ selbst untersucht. Ich habe mir alle Diagnosen und die Werte der Labors von Dr. Nardo geben lassen. Ich habe auf das ärztliche Ethos vertraut. Das ist mein nicht wiedergutzumachender Fehler! Das ist nie mehr wegzuwischen! Wie kann man damit leben: Vierzehn Tote durch Fahrlässigkeit und Dummheit?!«
    »Du wirst es überleben in meinen Armen«, sagte sie leise. »Später wird das alles wie ein böser Traum gewesen sein.«
    »Später?« Er lachte bitter. »Weißt du, was meine

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