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Das Haus der verlorenen Herzen

Das Haus der verlorenen Herzen

Titel: Das Haus der verlorenen Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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katastrophal. Erst der dreiundvierzigste ›Fremdenlegionär‹, den man aus Neapel herüberschickte, harmonisierte mit dem Patienten.
    Volkmar betrachtete das klingelnde Telefon, bevor er abhob. Seit seiner zehnten Herzverpflanzung empfand er eine gewisse Scheu davor, den Hörer abzunehmen. Hundertmal waren es Nichtigkeiten, klinikinterne Dinge, aber fünfmal hatte er auch Sorianos ruhige, väterliche, ein wenig zu glatte Stimme gehört mit Mitteilungen wie dieser: »Enrico, soeben erfahre ich, daß am Hafen ein junger Arbeiter von einer herunterfallenden Kiste erschlagen wurde. Er lebt noch und wird künstlich beatmet. Wir könnten ihn gebrauchen.«
    Er sagte tatsächlich gebrauchen. Und das stimmte. Denn diese Anrufe trafen immer bei Volkmar ein, wenn Dr. Nardos Team eine Eiweißverträglichkeit zwischen einem wartenden Herzkranken und einem ›Spender‹ aus der Herzbank festgestellt hatte.
    Und ahnungslos hatte Volkmar die ›Gelegenheit‹ wahrgenommen und hatte operiert!
    Er nahm den Hörer auf und hörte Lorettas Stimme. Sie war schnell, leise, wie gehetzt. »Mein Liebling –«, sagte er. »Was ist los?«
    Loretta und er lebten jetzt wie ein Ehepaar. Sie war zu ihm in das Gästehaus gezogen, und Dr. Soriano hatte auch das geschluckt. Mehr noch: Soriano hatte auf Worthlow verzichtet und ihn für das junge Paar ausgeliehen. Als ständig anwesender Diener und damit als drittes Auge von Don Eugenio. Der Sender in Worthlows Armbanduhr funktionierte ausgezeichnet. Daß Worthlow ihn abstellen könnte, wenn er mit Volkmar und Loretta privat sprach – an diese Möglichkeit dachte Soriano nicht. Schwieg der Sender und zeichnete das Tonband nichts auf, so hieß das, daß Worthlow allein war.
    »Ich bin in Palermo, Enrico«, sagte Loretta schnell. »In einer Telefonzelle. Es ist soweit. Wir können heute abend um 19 Uhr von Catania nach Frankfurt fliegen. Ich habe die Tickets. Giuseppe sitzt in einer Bar und trinkt einen Aperitif. Ich bin auf die Toilette gegangen und habe von hier aus in Catania angerufen. Die Flugkarten liegen bereit! Ich hole dich in zwei Stunden ab. Giuseppe wird unser einziger Begleiter sein.«
    Dr. Volkmar starrte gegen die Wand. Giuseppe, dachte er. Mittelgroß, gut trainiert, aber bei einem Überraschungsangriff kein Problem. Nur an die Pistole im Schulterhalfter durfte er nicht herankommen – dann allerdings wäre er unschlagbar. Volkmar hatte noch nie einen Menschen gesehen, der so schnell und so präzise schießen konnte wie Giuseppe. Er hatte es einmal bei der Rückfahrt nach Solunto bewiesen. Ein Hase flitzte vor dem Auto quer über die Straße, und während der Fahrt riß Giuseppe eine Pistole heraus und feuerte. Der Hase wurde in die Luft geschleudert, überschlug sich und blieb am Straßenrand liegen. Eine Sache von vier Sekunden.
    »Das ist noch lang!« hatte Giuseppe sich damals gerühmt. »Manchmal bleiben uns keine vier Sekunden Zeit.«
    »Hörst du, Enrico?« rief Loretta wie gehetzt. »Warum sagst du nichts? Ich muß einhängen, sonst fällt es auf! Ich habe die Flugkarten!«
    »Frankfurt. Sehr schön. Aber ich habe keinen Paß! Ohne Paß kommen wir nicht durch die Kontrolle.«
    »Mein Gott, daran habe ich nicht gedacht. Was soll ich tun?«
    »Bestell die Karten um. Ein Flug nach Rom! In Rom nehmen wir uns einen Leihwagen und versuchen, irgendwo illegal über die Grenze zu kommen.« An der Tür klopfte es. Volkmar hielt die Hand über die Muschel. »Es kommt jemand«, flüsterte er. »Ende …«
    »Liebling …«
    Er legte schnell auf und rief: »Herein!« Es war ein neuer, noch junger Arzt, der in ziemlicher Verwirrung ins Zimmer trat. Volkmar kannte ihn erst seit gestern. Dr. Nardo, für die Personalpolitik der Klinik zuständig, hatte ihn für das Immunbiologische Team angestellt. Der junge Mann hatte die beste Qualifikation: Sein Vater war einer der maßgebenden Männer der ›Familie‹ von Siracus.
    »Dr. Nardo ist nicht da –«, sagte der junge Arzt etwas hilflos. »Ich habe Wachdienst, aber ich kenne mich noch nicht aus. Plötzlich sind sie unruhig geworden und benehmen sich wie Irre …«
    »Das ist doch unmöglich!« Volkmar sprang auf. Er drückte auf die Knöpfe der Fernsehüberwachung und sah den jungen Arzt ratlos an, als aus dem ersten Zimmer das Bild auf der Mattscheibe erschien: Der Patient lag, noch an Meßgeräten und Schläuchen angeschlossen, ruhig im Bett. Ein Pfleger im weißen Kittel wechselte gerade eine Infusionsflasche aus.
    Volkmar drückte weitere

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